Bewässerung in der Landwirtschaft lohnt sich immer häufiger
Sonderkulturen in Baden-Württemberg mit großem Bewässerungsumfang
Die Landwirtschaftliche Bewässerung dient vor allem der Steigerung und Stabilisierung des Ertrags und der Qualität, dadurch ergibt sich eine Planungssicherheit für die Betriebe. Langanhaltende Trockenphasen bis hin zu Dürren, welche durch den Klimawandel in immer kürzeren Zeitabständen auftreten, erhöhen das Risiko für Ertragsausfälle und Qualitätseinbußen. So dürften auch die sehr trockenen Jahre 2018 bis 2020 sowie 2022, Einfluss auf den zunehmenden Umfang und Intensität der Bewässerung landwirtschaftlicher Kulturen in Baden-Württemberg gehabt haben. Die Entscheidung für eine Bewässerung hängt vor allem davon ab, ob der Erlös durch den Mehrertrag oder die höhere Qualität über den Kosten für die Bewässerung liegt. Im vorliegenden Beitrag werden die Ergebnisse der Landwirtschaftszählung 2010 und Agrarstrukturerhebung 2023 genutzt, um die Entwicklungen der landwirtschaftlichen Bewässerung im Zeitraum zwischen 2009 und 2022 zu beleuchten (i-Punkt »Agrarstrukturerhebungen«).
Weltweit wird der größte Teil der Frischwasserressourcen, und zwar 69 %, von der Landwirtschaft genutzt. In vielen Regionen auf der Welt trägt die Nutzung von Wasser zur Erzeugung von Nahrungsmitteln die Hauptverantwortung für die Abnahme des Grundwasserspiegels oder die Austrocknung von Oberflächengewässer.1 Auch im wasserreichen Deutschland gibt es große regionale Unterschiede betreffend des natürlichen Wasserdargebots. Was die Niederschlagsverteilung anbelangt, liegen die Gunstregionen vor allem im Süden, während die niederschlagsarmen Regionen im Osten Deutschlands anzutreffen sind.2 Als Folge des voranschreitenden Klimawandels steigt jedoch generell das Risiko von länger ausbleibenden Niederschlägen. Dies führt auch in gut versorgten Regionen zu einem Wasserdefizit im Oberboden und im Pflanzenbau können derartige Wetterereignisse zu erheblichen Mindererträgen führen. Um sich davor zu schützen, ist für die landwirtschaftlichen Betriebe die Anschaffung von Bewässerungssystemen und die künstliche Zuführung von Wasser ein probates Mittel.
Baden-Württemberg: Zunahme in der Fläche und in der Menge
Im Jahr 2022 waren 3 480 Betriebe und damit 9 % aller Betriebe in Baden-Württemberg mit einem Bewässerungsverfahren ausgestattet (Tabelle). Davon setzten 3 250 Betriebe dieses tatsächlich ein und bewässerten eine landwirtschaftlich genutzte Fläche (LF) im Umfang von 22 800 Hektar (ha). Erstmalig wurde die landwirtschaftliche Bewässerung für das Jahr 2009 erfasst. Damals bewässerten 2 220 Betriebe eine Fläche von rund 14 200 ha. Während die bewässerte Fläche zwischen 2009 und 2022 um 61 % gestiegen ist, hat sich die Bewässerungsmenge von 10,4 Millionen Kubikmeter (Mill. m3) auf 21,5 Mill. m3 sogar mehr als verdoppelt (+105 %). Sowohl der Umfang als auch die Intensität der Bewässerung nahmen in Baden-Württemberg im Zeitverlauf demnach deutlich zu. Ein entscheidender Einfluss auf die Bewässerungsmenge dürfte jedoch auch die überdurchschnittlich warme und trockene Witterung im Jahr 2022 gehabt haben (i-Punkt: »Klima in Baden-Württemberg im Jahr 2022«).
Bewässerung vor allem von Dauer- und Sonderkulturen, aber auch Kartoffeln und Körnermais
An der gesamten landwirtschaftlich genutzten Flache nimmt die Bewässerung aber weiterhin einen marginalen Anteil von 2 % ein, bei Dauer- und Sonderkulturbetrieben hat sie jedoch eine größere Bedeutung. Den größten Bewässerungsumfang haben die Betriebe mit Gemüse- und Erdbeeranbau vorzuweisen, über die Hälfte (51 %) und damit 6 500 ha ihrer Flächen wurde im Jahr 2022 bewässert (Schaubild 1). Das sind rund 1 800 ha mehr als noch im Jahr 2009, als mit 4 700 ha der Gemüse- und Erdbeerfläche ein Anteil von 37 % bewässert wurde. Bei der Baum- und Beerenobstfläche3 sowie beim Rebland waren im gleichen Zeitraum noch deutlich größere Anstiege zu verzeichnen. Die bewässerte Fläche mit Baum- und Beerenobst vergrößerte sich um mehr als das Doppelte (+133 %) auf nun 3 000 ha. Da sich die Anbaufläche insgesamt nur unwesentlich verändert hat, stieg der Bewässerungsanteil dadurch von 6 % auf 16 % deutlich an. Eine noch ausgeprägtere Entwicklung zeigt sich beim Rebland, hier hat sich die Fläche mit Bewässerung im Vergleich zu 2009 um nahezu das Sechsfache (+477 %) erhöht. Es wurden 2 500 von insgesamt 25 200 ha Rebland im Jahr 2022 bewässert, der Bewässerungsanteil lag demnach bei einem Zehntel.
Dagegen ist die Bewässerung typischer Ackerbaukulturen in Baden-Württemberg eher unüblich. Bezogen auf die jeweilige Anbaufläche wurde bei Getreide (ohne Mais), Hülsenfrüchten, Raps oder Zuckerrüben nur ein Bewässerungsanteil von weniger als 1 % bis 2 % ermittelt. Ausnahmen im Ackerbau stellen Körnermais (4 900 ha; 9 %) und Kartoffeln (1 700 ha; 31 %) mit signifikanter Bewässerungsfläche dar. In beiden Fällen stieg die bewässerte Fläche im Vergleich zu 2009 um mehr als ein Fünftel an. Vor allem bei der Bewässerung von Kartoffeln können Ertragszuwächse und Qualitätssteigerungen erreicht werden. Die dadurch zu erwarteten Zusatzerlöse übersteigen die Kosten deutlich, wodurch sich die Wirtschaftlichkeit der Kartoffelbewässerung ergibt.4
Bewässerungstechniken in der landwirtschaftlichen Praxis
Aus technischer Sicht können Bewässerungssysteme grob in drei Systeme unterschieden werden: Beregnungsanlagen, Tröpfchenbewässerung und Oberflächenbewässerung. Unter Oberflächenbewässerung versteht man die Überschwemmung von Teilen oder einem kompletten Schlag. Da diese in Deutschland jedoch keine Relevanz hat, stellt sie keinen Inhalt der Agrarstrukturerhebung dar. Bei Beregnungsanlagen oder auch Sprinklerbewässerung wird Wasser mit Druck durch Rohrleitungen transportiert, um es dann mit Regnern oder Düsen großflächig zu verteilen, sodass Regen simuliert wird. Da es sich hier häufig um mobile Anlagen handelt, liegt ihr Vorteil vor allem darin, dass sie schnell versetzt und somit flexibel eingesetzt werden können. Als Nachteil können die hohen Wasserverluste vor allem bei Großflächenregner genannt werden. Direkte Verluste entstehen durch Verdunstung oder Abdrift des Wasserstrahls. Zu den indirekten Verlusten zählen die ungleichförmige Wasserverteilung oder Beregnung über den Feldrand hinaus.5 Durch die Tröpfchenbewässerung, bei der über perforierte Schläuche Wasser in Pflanzen- und Wurzelnähe abgegeben wird, sollen solche Wasserverluste vermieden beziehungsweise verringert werden. Da die Technik mit einem hohem Investitionsbedarf einhergeht und normalerweise fest an der Fläche angebracht werden muss, wird sie vor allem im Anbau von Sonder- und Dauerkulturen, wie Erdbeeren, Spargel oder Strauch- und Baumobst eingesetzt. Aber auch für die, in Dämmen angebaute, Kartoffel wäre die Tropfbewässerung prädestiniert, da bei der Anlage die Schläuche direkt im Damm verlegt werden. Hier gibt es jedoch noch Entwicklungsbedarf seitens der Tropfschlauchentnahme, die sich bislang noch als arbeitsaufwendig darstellt.6
Beregnung vorherrschend, Tröpfchenbewässerung stark aufkommend
Wenn durch immer häufiger auftretende Trockenphasen zu wenig Wasser zur Verfügung steht, müssen auch die Bewässerungstechniken überdacht werden um Wasserverluste zu vermeiden. Da 80 % der Betriebe mit Bewässerung auch Kosten für das verwendete Wasser entstanden sind, gibt es auch hier betriebswirtschaftliches Optimierungspotenzial. Zwischen 2009 und 2022 hat sich die Zahl der Betriebe mit Tröpfchenbewässerung von rund 1 010 auf 2 270 mehr als verdoppelt. Die Zahl derer mit Beregnungsanlagen war mit 1 470 (–6 %) im Jahr 2022 leicht rückläufig. Da sie jedoch vor allem bei großflächigeren Ackerkulturen eingesetzt werden, wiesen diese einen größeren Anteil an der Fläche auf. Bezogen auf die Bewässerungsfläche in Baden-Württemberg lag das Verhältnis von Beregnungsanlagen (16 000 ha) zu Tröpfchenbewässerung (6 800 ha) bei 70 : 30 (Schaubild 2).
Wo wird mit Tröpfchen bewässert?
In der Agrarstrukturerhebung 2023 bezogen sich die Angaben der Bewässerungsverfahren auf die gesamte Bewässerungsfläche und nicht auf die bewässerten Kulturarten. Eine Verbindung zwischen Verfahren und bewässerter Kulturart kann bei den Betrieben hergestellt werden, die nur ein Bewässerungsverfahren einsetzten. Von den Betrieben mit Tröpfchenbewässerung gaben fast 80 % an, dies als alleiniges Verfahren zu nutzen. Zusammen nahmen diese einen Anteil von 70 % an der gesamten Fläche mit Tröpfchenbewässerung ein. Während die Bewässerung von Kartoffeln hier nur marginal vorkam (>0,1 %), dominierten vor allem die Dauerkulturen. 43 % dieser Fläche entfiel auf Reben und 38 % auf Baum- und Beerenobst. Außerdem waren darunter auch Betriebe mit Gemüse- und Erdbeeranbau mit einem Flächenanteil von 16 %.
Ausblick
In Folge des Klimawandels steigt das Risiko für länger andauernde Trockenphasen bis zur Mitte des Jahrhunderts.7 Dies dürfte weitere landwirtschaftliche Betriebe veranlassen in Bewässerungsverfahren zu investieren. Grundlage dafür ist jedoch ein zur Verfügung stehendes Wasserangebot vor Ort. Vorsorge diesbezüglich kann durch ein betriebseigenes Wasserreservoir getroffen werden. In Baden-Württemberg sind schon 800 Betriebe, also etwa ein Viertel der Betriebe mit Bewässerung, damit ausgestattet.