:: 10/2024

Warum Einpersonenhaushalte besonders zum Flächenverbrauch beitragen

Die Wohnfläche pro Person hat in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen. Als Erklärung für diesen Trend wird zumeist auf den hohen Flächenverbrauch durch die wachsende Anzahl der Einpersonenhaushalte verwiesen. Die Daten des Mikrozensus zeigen, dass der nur gering steigende Anteil der Einpersonenhaushalte an sich das Flächenwachstum nur zum Teil erklären kann. Mit der Art des Wohngebäudes, der Unterscheidung nach Miete oder Eigentum und dem Alter der Haushalte werden im folgenden weitere Merkmale der Haushalte untersucht. Zusammengenommen deuten sie darauf hin, dass die Zunahme der Wohnfläche vor allem von älteren Einpersonenhaushalten in Einfamilienhäusern ausgeht.

Die Wohnfläche pro Person ist in Deutschland insgesamt und auch in Baden-Württemberg in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gewachsen. Die Fortschreibung des Wohngebäude- und Wohnungsbestandes weist für Baden-Württemberg im Zeitraum von 1986 bis 2022 eine Zunahme um 10,3 Quadratmeter (m²) aus. Mitte der 1980er-Jahre hatte jede Einwohnerin und jeder Einwohner im Südwesten durchschnittlich 36,4 m² Wohnfläche zur Verfügung, 2022 waren es bereits 46,7 m². Aus ökologischer Sicht ist diese Entwicklung durchaus problematisch, da mit der Fläche auch der Ressourcenverbrauch beim Bauen und der Energiebedarf für den Betrieb steigen.

Als Treiber der Entwicklung wird zumeist eine wachsende Anzahl kleiner Haushalte und insbesondere solcher mit nur einer Person ausgemacht.1 Einpersonenhaushalte nutzen im Vergleich zu Mehrpersonenhaushalten überproportional mehr Fläche, da Küche, Bad, Flur und ähnliche sonst gemeinschaftlich genutzte Räume auf nur eine Person entfallen. Die Zahlen des Mikrozensus bestätigen diese Erklärung zunächst, da die durchschnittliche Wohnfläche pro Person mit jedem weiteren Haushaltsmitglied stark abnimmt. Zudem haben Einpersonenhaushalte mit 37,1 % einen sehr hohen Anteil an der Gesamtheit der rund 5 Millionen (Mill.) Privathaushalte in Baden-Württemberg (Tabelle 1).

Auch eine Zunahme des Anteils der Einpersonenhaushalte kann anhand der Ergebnisse des Mikrozensus bestätigt werden. Dieser lag 1986 bei 34,0 % und ist bis 2022 auf 39,2 %2 gestiegen (Schaubild 1). Daraus ergibt sich eine Zunahme des Anteils der Einpersonenhaushalte von 15,6 %. Im gleichen Zeitraum ist die Wohnfläche um 28,3 % angewachsen. Da die relative Fläche stärker zugenommen hat als der Anteil der Einpersonenhaushalte, soll im Folgenden mit den Daten des Mikrozensus untersucht werden, ob Einpersonenhaushalte Merkmale aufweisen, die über die alleinige Verwendung von Küche, Bad und Flur hinaus zur Erhöhung der pro-Kopf-Wohnfläche beitragen.

Lebensphasen bestimmen die Haushaltsgröße

Die Größe der Haushalte ist geprägt von typischen Lebensphasen der darin lebenden Personen: mit dem Auszug aus dem elterlichen Haushalt und dem Eingehen fester Partnerschaften leben viele Menschen im ersten Abschnitt ihres Erwachsenenlebens zunächst in kleinen Haushalten. Dem folgt zumeist im Zuge der Familiengründung eine Vergrößerung des Haushaltes im mittleren Abschnitt des Erwachsenenlebens. Im dritten und letzten Abschnitt werden die Haushalte durch den Auszug der Kinder, später auch den Verlust des Partners wieder kleiner. Diesem Muster entsprechend verändern sich die Anteile der Einpersonenhaushalte über die Altersgruppen der Bevölkerung. In der jüngsten und in der ältesten Altersgruppe liegt er über 50 %, in der Gruppe der 40- bis unter 50-Jährigen ist er mit 24,4 % am niedrigsten.

Diese relative Verteilung ist zugleich überlagert von der Altersstruktur der Haushalte insgesamt, die nur sehr wenige junge und besonders viele Haushalte im Alter von 50 bis unter 60 Jahren sowie im Alter von 70 und mehr Jahren aufweist. Beides zusammen führt dazu, dass die Zahl der Einpersonenhaushalte in den Altersklassen bis unter 70 im Bereich von 182 000 bis 300 000 schwankt, in der höchsten Klasse der Haushalte im Alter von 70 und mehr Jahren aber sprunghaft auf rund 541 000 ansteigt. Ausgerechnet die zwei Altersgruppen mit dem höchsten Anteil an Einpersonenhaushalten weisen auch den größten Unterschied hinsichtlich ihrer Anzahl insgesamt auf. Die jüngste ist mit rund 422 000 Haushalten im Vergleich zu den knapp über eine Million Haushalten mit Bezugsperson3 im Alter von 70 und mehr Jahren wesentlich kleiner. Der überwiegende Teil der Einpersonenhaushalte liegt daher in den hohen Altersklassen (Schaubild 2). Dies veranschaulicht auch der Median des Alters. Er liegt bei Mehrpersonenhaushalten bei 52 Jahren, bei Einpersonenhaushalten bei 58 Jahren.4

Die durchschnittliche Wohnfläche steigt mit dem Alter

Wird die durchschnittliche Wohnfläche pro Haushaltsmitglied in die Auswertung der Haushalte nach Alter der Bezugsperson und Größe des Haushaltes mit aufgenommen, bestätigt sich noch einmal der in Einpersonenhaushalten grundsätzlich größere relative Flächenverbrauch. Es zeigt sich aber auch ein vergleichbar großer Einfluss des Alters (Schaubild 3). So nutzen alleine wohnende Personen insgesamt rund 77 m² und damit 75,2 % mehr Fläche als auf die Mitglieder von Mehrpersonenhaushalten entfällt. Gleichzeitig steigt sowohl bei Ein- als auch bei Mehrpersonenhaushalten die pro Person genutzte Fläche über die Altersgruppen an. Alleinlebende Personen im Alter von 70 und mehr Jahren verfügen mit knapp über 90 m² im Schnitt über 60 % mehr Wohnraum als Einpersonenhaushalte im Alter von 18 bis unter 30 Jahren. Bei Mehrpersonenhaushalten steigt der Pro-Kopf-Verbrauch an Wohnfläche etwas moderater von rund 44 m² auf 55 m² pro Person, was einem Anstieg um 50,8 % entspricht.

Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Entwicklung zu immer mehr Wohnfläche pro Person stark durch Einpersonenhaushalte im hohen Alter geprägt ist. Personen im Alter von 70 und mehr Jahren bilden die stärkste Altersgruppe unter den Alleinlebenden und verfügen zudem über besonders viel Fläche. Im Folgenden wird daher der Frage nachgegangen, warum gerade diese Bevölkerungsgruppe über besonders viel Wohnraum verfügt.

Vor allem Einfamilienhäuser treiben Flächenverbrauch

Einpersonenhaushalte bilden hinsichtlich der Wohnform, womit die Art der Wohnung sowie das Eigentumsverhältnis gemeint ist, keine homogene Gruppe. Vielmehr steigt in diesem Aspekt die Ungleichheit unter den Alleinlebenden mit dem Alter immer weiter an (Schaubild 4). So wächst der Anteil der in Eigentumswohnungen wohnenden Alleinlebenden von rund 5 % bei den 18- bis unter 30-Jährigen auf 26 % in der Gruppe der 70 und mehr Jahre alten Alleinlebenden. Ähnlich entwickelt sich der Anteil der Einpersonenhaushalte, die in einem Einfamilienhaus im eigenen Eigentum wohnen. Er wächst von 4 % bei den 30- bis unter 40-jährigen auf fast 27 % der Alleinlebenden im Alter von 70 und mehr Jahren.

Das bedeutet zugleich, dass mit steigendem Alter immer weniger Einpersonenhaushalte in Mietwohnungen oder gemieteten Häusern leben. Während in der jüngsten Altersgruppe mit rund 93 % fast alle Alleinwohnenden in einer gemieteten Immobilie leben, sind es in der höchsten Altersgruppe weniger als die Hälfte.

Mit dem steigenden Anteil der Einpersonenhaushalte in Eigentumseinfamilienhäusern steigt auch die von den Alleinlebenden der jeweiligen Altersgruppe durchschnittlich genutzte Fläche stark an, da jene in Einfamilienhäusern mit im Mittel rund 123 m² über mehr als doppelt so viel Wohnfläche verfügen wie Einpersonenhaushalte in Mietwohnungen (rund 61 m²). Einen deutlichen, aber weitaus weniger starken Einfluss hat auch der steigende Anteil der Alleinlebenden in Eigentumswohnungen. Sie haben mit durchschnittlich 85 m² rund 40 % mehr Fläche als Alleinlebende in Mietwohnungen.

Das Alter spielt bei Alleinlebenden in Einfamilienhäusern nur insofern eine Rolle, als dass es kaum junge Alleinwohnende in Einfamilienhäusern im eigenen Eigentum gibt. Ab der Altersgruppe der 40- bis unter 50-Jährigen ist ein sicherer Nachweis möglich und zeigt, dass sie mit rund 120 m² bis 124 m² vergleichbar viel Wohnraum nutzen. In den drei anderen Wohnformen hingegen steigt die Fläche mit dem Alter an. Dies könnte darin begründet sein, dass der Anteil der Alleinwohnenden, die in einer als Single-Wohnung konzipierten Wohnung leben, mit dem Alter abnimmt. Gleichzeitig kann davon ausgegangen werden, dass der Anteil der Alleinlebenden zunimmt, die früher zu einem Mehrpersonenhaushalt gehörten und deren Wohnung dementsprechend für mehrere Haushaltsmitglieder ausgelegt ist (Tabelle 2).

Die Antwort auf die Frage, warum alleinlebende Seniorinnen und Senioren besonders viel Wohnfläche nutzen, ist also zunächst damit zu beantworten, dass sie besonders häufig in Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen leben und diese Wohnformen zu den flächenintensivsten gehören. Daran schließt sich jedoch unmittelbar die Frage an, warum der Anteil der Eigenheimbewohnerinnen und -bewohner mit dem Alter immer weiter steigt und nicht mit der im Lebensverlauf wieder schrumpfenden Haushaltsgröße auch wieder sinkt.

Eigentum senkt Umzugsbereitschaft

Dass Seniorinnen und Senioren nicht in eine kleinere Wohnung umziehen, wenn die Kinder und eventuell auch der Lebenspartner oder die Lebenspartnerin nicht mehr im Haushalt leben, wird meist auf zwei Gründe zurückgeführt. Einerseits auf eine schwierige Lage auf dem lokalen Wohnungsmarkt, auf dem eine geeignete Wohnung nicht angeboten wird oder nicht erschwinglich sei. Andererseits auf die hohe emotionale Bindung an das langjährige Zuhause. So beispielsweise in einer kürzlich unter dem Titel »Zensus 2022: So viel mehr Wohnraum haben Rentner bei Ihnen« veröffentlichten und von vielen Medien aufgegriffenen Reportage des NDR5.

Diese Faktoren scheinen jedoch bei Mietenden und Eigentümerinnen und Eigentümern in unterschiedlichem Maße wirkmächtig zu sein. Darauf deutet die durchschnittliche Wohndauer der Haushalte hin (Tabelle 3). Sie entwickelt sich zwischen Mietenden und Eigentümerinnen und Eigentümern mit zunehmendem Alter auseinander. Am stärksten ist der Unterschied zwischen Haushalten in Mietwohnungen und solchen in eigenen Einfamilienhäusern ausgeprägt, etwas abgeschwächt ist er aber auch bei Haushalten in gemieteten Einfamilienhäusern und bei in Eigentumswohnungen Wohnenden zu sehen.

In den ersten beiden Altersklassen, die das typische Alter der Haushalts- und Familiengründung umfassen, wohnen Haushalte im Durchschnitt ähnlich lange in der aktuellen Wohnung, egal ob es sich dabei um eine Eigentums- oder Mietimmobilie handelt. Etwa ab der Altersgruppe der 40- bis unter 50-Jährigen jedoch steigt die durchschnittliche Wohndauer in den eigentümerbewohnten Häusern und Wohnungen schneller als in den gemieteten. In der höchsten Altersklasse der Personen im Alter von 70 und mehr Jahren leben Mehrpersonenhaushalte im Schnitt seit rund 39 Jahren, Alleinlebende seit 45 Jahren in ihrem Einfamilienhaus. Das durchschnittliche Alter beim Einzug betrug bei Mehrpersonenhaushalten rund 39 Jahre, bei Einpersonenhaushalten rund 37 Jahre.

Bei Haushalten in Mietwohnungen hingegen ist auch im höheren Alter ein Umzug keine Seltenheit. Selbst in der höchsten Altersklasse liegt die durchschnittliche Wohndauer vergleichsweise niedrig bei 22,5 Jahren bei Einpersonenhaushalten und 24,6 Jahren bei Mehrpersonenhaushalten. Das durchschnittliche Alter der Bezugsperson beim Einzug liegt dementsprechend bei den Mieterhaushalten wesentlich höher, bei den Mehrpersonenhaushalten bei rund 54 Jahren, bei Einpersonenhaushalten bei 58 Jahren.

Anders als Eigentümerinnen und Eigentümer von Einfamilienhäusern ziehen die meisten Mieterhaushalte demnach auch in einem Alter, in dem die eigenen Kinder den Haushalt in der Regel wieder verlassen haben, noch einmal um.

Eigenheim und Demografie treiben Flächenverbrauch

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Einpersonenhaushalte tatsächlich einen großen Anteil an der steigenden Wohnfläche pro Person haben. Grund dafür ist jedoch nicht allein, dass in Einpersonenhaushalten die sonst von einer Haushaltsgemeinschaft genutzten Flächen in Küche, Bad und dergleichen auf nur eine Person entfallen.

Vielmehr wirken hier Demografie und die Wohnform der Haushalte, sowie der Umstand, dass es insbesondere vielen Eigenheimbewohnerinnen und -bewohnern im Alter nicht gelingt, ihre Wohnverhältnisse an eine kleinere Haushaltsgröße anzupassen, zusammen. Mit 30,4 % ist ein Großteil der Einpersonenhaushalte 70 und mehr Jahre alt. Rund ein Viertel dieser Personen lebt alleine in einem Einfamilienhaus, ein weiteres Viertel in einer Eigentumswohnung. Insbesondere Einfamilienhäuser, die zumeist schon für Familien großzügig viel Platz bieten, stellen unter diesen Rahmenbedingungen starke Treiber des Flächenverbrauchs pro Person dar. Die Bewohnerinnen und Bewohner ihrerseits dürften zumeist eher unbeabsichtigt in diese Situation geraten sein. Wenn sie nach vielen Jahren des familiären Lebens in den eigenen vier Wänden nurmehr alleine in ihrem Haus wohnen, besteht bereits eine hohe emotionale Bindung, die einen Umzug als unvorstellbar erscheinen lassen kann. Zudem kann es schwierig sein, im vertrauten Umfeld eine passendere neue Wohnung zu finden.

In Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt wird daher vermehrt der Tausch von Wohnungen als eine Option entdeckt, um hier eine Win-win-Situation zu schaffen. Die Idee ist, dass junge Familien mit zu wenig und allein oder zu zweit Wohnende mit zu viel Wohnfläche ihre Wohnungen tauschen. Sollte das Modell erfolgreich sein, könnte sich auch ein ökologischer Nutzen ergeben, wenn dadurch zusätzlicher Neubau von größeren Wohnungen oder Einfamilienhäusern für junge Familien vermieden wird.

1 Siehe beispielsweise Kampffmeyer, Tatjana: Entwicklung der Treib­hausgas-Emissionen in Baden-Württemberg 2022, in: Statistisches Monatsheft 10/2023, S. 35–44 und Weißenberger, Diana: Gebäudereport 2022. Auszüge aus dem ers­ten Gebäudereport für Baden-Württemberg mit zentralen Daten rund um Gebäude und deren Wärmeversorgung, in: Statistisches Monatsheft 1/2023, S. 35–39.

2 Hier sind alle Haushalte berücksichtigt, alle übri­gen Berechnungen beziehen sich aus methodischen Gründen auf Haushalte, die ohne weitere Haushalte in ihrer Wohnung bzw. ihrem Einfamilienhaus leben.

3 Bezugsperson ist in Mehrpersonenhaus­halten das volljährige Haushaltsmitglied, mit dem die Befragung durchgeführt wurde.

4 In die Berechnung eingegangen sind nur Bezugspersonen bzw. Personen in Einpersonenhaushalten, die zum Zeitpunkt der Befragung mindestens 18 Jahre alt waren.

5 Zensus 2022: So viel mehr Wohnraum haben Rentner bei Ihnen, in: ndr.de vom 08.07.2024, https://www.ndr.de/nachrichten/info/Zensus-2022-Rentner-haben-mehr-Wohnraum-als-Familien,zensus362.html (Abruf 26.07.2024).