:: 11/2008

Entstehung, Behandlung und Entsorgung von Klärschlamm 2007

In Baden-Württemberg gingen 2007 insgesamt 263 000 Tonnen Klärschlamm-Trockensubstanz (TS1) aus kommunalen Kläranlagen in die Entsorgung. Dabei haben sich in den letzten 20 Jahren die Entsorgungswege stark verändert. Während Anfang der 90er-Jahre der Großteil des anfallenden Klärschlamms auf Deponien abgelagert wurde, überwiegt heute vor allem die thermische Entsorgung. Insgesamt ist die Klärschlammmenge unter anderem durch verbesserte Behandlungsverfahren immer weiter zurückgegangen. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die Entstehung, Behandlung und Entsorgung von Klärschlamm aus kommunalen Kläranlagen gegeben werden.

In Baden-Württemberg verbraucht jeder Mensch täglich rund 123 Liter2 Wasser zum Duschen, Waschen, Kochen usw. Dazu kommt der gewerbliche und industrielle Wasserverbrauch, der unter anderem bei der Herstellung von Produkten entsteht. Dieses Wasser wird mehr oder weniger stark verschmutzt als Abwasser in die Kanalisation eingeleitet. Um Flüsse, Bäche und Seen nicht mit Schadstoffen zu belasten, muss das Schmutzwasser gereinigt werden, bevor es in einen Vorfluter eingeleitet wird. Eine Erlaubnis für das Einleiten von Abwasser darf laut Wasserhaushaltsgesetz (WHG) nur erteilt werden, wenn die Schadstofffracht des Abwassers so gering gehalten wird, wie dies nach dem Stand der Technik möglich ist. Das Abwasser von fast jedem Einwohner und nahezu jedem Betrieb in Baden-Württemberg wird in kommunalen Kläranlagen gereinigt, wodurch neben dem gereinigten Wasser auch in erheblichen Mengen Klärschlamm produziert wird.

Klärschlammmenge in Baden-Württemberg 2007 weiter rückläufig

In Baden-Württemberg wurden 2004 insgesamt 1 449 Mill. m3 Abwasser in kommunale Kläranlagen eingeleitet und behandelt. Bei über der Hälfte davon handelte es sich um Regen- und Fremdwasser, das in der Regel einen geringeren Schlammanteil als häusliches, industrielles und gewerbliches Abwasser hat. Dabei entstanden etwa 276 000 Tonnen TS Klärschlamm. Bei der Abwasserbehandlung im Jahr 2007 sind gemessen am Trockensubstanzgehalt rund 256 000 Tonnen Klärschlamm angefallen. In der Regel wird der Großteil des angefallenen Klärschlamms mit Klärschlamm aus den Zwischenlagern sowie importierten Mengen entsorgt. Insgesamt 263 000 Tonnen TS gingen aus kommunalen Kläranlagen in die Entsorgung. Damit ist die Klärschlammmenge seit 1998 um gut 16 % bzw. in den letzten 20 Jahren sogar um rund 30 % zurückgegangen. Dies liegt vor allem an dem sorgsameren Umgang mit Kühl- und Betriebswasser3 in den Unternehmen und Betrieben. Auch die Abwassermenge von Haushalten und Kleinverbrauchern ist infolge eines sparsameren Trinkwasserverbrauchs zurückgegangen. Zudem wurden durch eine verbesserte Vorbehandlung des Abwassers in den Betrieben weniger schlammträchtige Stoffe in die Ortskanalisation eingeleitet. Aber auch die Behandlungsverfahren in den kommunalen Kläranlagen, beispielsweise die Ausfaulung oder die Abtrennung von Nutzstoffen (Phosphat, Nitrat, Kalk) aus dem Klärschlamm haben sich verbessert.

Im Allgemeinen werden in einer Kläranlage zunächst in einer mechanischen Reinigungsstufe (Rechen, Sandfang) die groben Bestandteile (Wickel) aus dem Abwasser entfernt, bevor es in die sogenannten Vorklärbecken (Absetzbecken) eingeleitet wird. Bei sehr geringer Fließgeschwindigkeit können sich dort die schwer löslichen Feststoffe am Beckenboden absetzen. Die sedimentierten Feststoffe (Primärschlamm) enthalten einen hohen Anteil an organischen Verbindungen. Zum Abbau dieser geruchsintensiven Stoffe und zur Volumenverminderung wird der Schlamm meist in einem Faulturm ausgefault. Dabei entsteht hauptsächlich Methangas, das in der Regel betriebsintern genutzt wird. Das übrige Abwasser aus den Absetzbecken wird in der biologischen Reinigungsstufe behandelt. Hier werden die gelösten organischen Schmutzstoffe vor allem durch Mikroorganismen abgebaut und durch Zugabe von Fällungsmitteln (chemische Phosphorelimination) in die Biomasse eingebaut. Anschließend wird die Suspension in ein Nachklärbecken eingeleitet. Die aus dem Abwasser abgetrennten wasserhaltigen Feststoffe mineralischer und organischer Art bezeichnet man als Klärschlamm. Im Eindicker werden der ausgefaulte Schlamm (Faulturm) und der Schlamm aus den Nachklärbecken durch Sedimentation oder mithilfe von Flockungsmitteln weiter eingedickt. Vor der Verwertung bzw. Beseitigung wird der Klärschlamm in der Regel mechanisch entwässert (Zentrifugen, Pressen) und getrocknet (thermisch, solar).

Anteil der thermischen Entsorgung ist 2007 weiter gestiegen

Die Entsorgungswege des Klärschlamms haben sich im Laufe der Zeit sehr verändert. Vor gut 15 Jahren wurde der Großteil des baden-württembergischen Klärschlamms noch auf Deponien verbracht oder landwirtschaftlich verwertet. Seitdem hat ein Umdenken stattgefunden. Der Fokus hat sich zunehmend auf die Schadstoffe im Klärschlamm sowie auf eine nachhaltige und umweltgerechte Entsorgung gerichtet. Mittlerweile spielt auch eine klimafreundliche Entsorgung eine wichtige Rolle.

Rund 80 % der 263 000 Tonnen Klärschlamm-Trockensubstanz aus dem Land wurden 2007 thermisch entsorgt. Wie schon in den Jahren davor hat die Bedeutung dieses Entsorgungsweges damit weiter zugenommen. Allein in den Jahren von 1995 bis 2005 ist sein Anteil von rund 12 % auf etwa 63 % gestiegen. In Baden-Württemberg wird Klärschlamm vor allem in Mono-Verbrennungsanlagen4 oder durch die Mitverbrennung in thermischen Großanlagen (Kohlekraftwerk, Zementwerk, Müllverbrennungsanlage, etc.) mineralisiert. Weitere thermische Behandlungsmethoden sind Pyrolyse- und Vergasungsverfahren. Zur Verbesserung der Energiebilanz bei der Klärschlammverbrennung wird der Klärschlamm zuvor weitestgehend entwässert und getrocknet. Ziel der Verbrennung ist unter anderem die Zerstörung schädlicher Stoffe und die Volumenverringerung.

Die Zunahme der thermischen Entsorgung ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass laut Abfallablagerungsverordnung (AbfAblV) seit 1. Juni 2005 die Deponierung von Klärschlamm ohne vorherige thermische Behandlung nicht mehr zulässig ist. Die Anteile an der Deponierung sind aber bereits vor dem Inkrafttreten der Verordnung zurückgegangen. Wurden 1991 noch knapp 60 % der Klärschlämme auf Deponien entsorgt, ist dieser Anteil schon bis 1995 auf 21 % zurückgegangen. Dies liegt vor allem an den schon damals gestiegenen Anforderungen an die Klärschlammbeschaffenheit (zum Beispiel Wassergehalt). Um die Deponien stabil zu halten, wurden anstatt feuchter Klärschlämme nur noch stark getrocknete Klärschlämme deponiert. Zudem waren und sind die Ablagerungskapazitäten der Deponien begrenzt. Eine Umlenkung des Entsorgungsweges fand in den 90er-Jahren hauptsächlich in Richtung Landschaftsbau statt.

Kaum mehr landwirtschaftliche und landschaftsbauliche Verwertung

1995 wurden rund 15 % des anfallenden Klärschlamms bei landschaftsbaulichen Maßnahmen stofflich verwertet. Seinen Höchstwert erreichte der Einsatz im Landschaftsbau im Jahr 2005 (rund 20 %), danach ging der Anteil kontinuierlich bis auf aktuell 14 % zurück. Dies liegt vor allem an dem geringeren Bedarf in den wesentlichen Einsatzbereichen, wie beispielsweise der Rekultivierung von Bergbauhalden, industriellen Altstandorten und Deponieoberflächen. Im Jahr 1995 wurden 32 % der Klärschlammmenge in andere Bundesländer und/oder das Ausland exportiert. Ein Großteil davon ist in die Rekultivierungsmaßnahmen der neuen Bundesländer gelangt. Der Einsatz von Klärschlamm bei der Renaturierung leidet aber an einem Akzeptanzproblem in der Bevölkerung und steht zudem in Konkurrenz mit Produkten aus der Grün- und Bioabfallsammlung.

Aktuell werden noch 3 % des baden-württembergischen Klärschlamms landwirtschaftlich verwertet. Damit hat sich 2007 gegenüber dem Vorjahr die landwirtschaftlich verwertete Klärschlammenge nochmals mehr als halbiert. Im Vergleich dazu lag der Anteil 1995 bei noch knapp 28 %. Befürworter der Klärschlammdüngung nennen als positive Aspekte zum Beispiel die Einsparung von Energie aus der Substitution von Stickstoffdünger und die Schonung der Phosphor-Ressourcen. Das Umweltministerium und das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum des Landes Baden-Württemberg halten die Fortführung der Klärschlammverwertung auf Böden allerdings für nicht mehr vertretbar und raten zur thermischen Klärschlammentsorgung. Laut Umweltministerium5 ist das Ziel einer Kläranlage, die nicht abbaubaren Schadstoffe möglichst weitgehend im Klärschlamm zu konzentrieren und mit Abtrennung des Klärschlamms aus dem Abwasser zu entfernen. Klärschlämme haben daher die Funktion einer Schadstoffsenke bei der Abwasserreinigung und müssen wie alle Abfälle einer geregelten Entsorgung zugeführt werden.

Ausblick

Laut Abfallablagerungsverordnung (AbfAblV) ist die Deponierung von Klärschlamm ohne vorherige thermische Behandlung seit 1. Juni 2005 nicht mehr zulässig. Das Umweltministerium Baden-Württemberg wirbt zudem für einen kompletten Ausstieg aus der Klärschlammdüngung. Damit ist anzunehmen, dass in Baden-Württemberg der 2007 bereits bei 80 % liegende Anteil der thermischen Entsorgung noch weiter steigen wird. Neben dem Boden- und Grundwasserschutz gewinnen Aspekte der Ressourcenschonung und des Klimaschutzes bei der Klärschlammentsorgung zunehmend an Bedeutung. Ein Weg in diese Richtung ist beispielsweise die Substitution von fossilen Brennstoffen durch Klärschlamm. Weiterentwicklungen der Verfahren zur Phosphorrückgewinnung aus Klärschlämmen tragen dazu bei, die Mengen weiter zu reduzieren und vor allem die Lagerstätten des knappen Rohstoffs Phosphor zu schonen.

1 Die zur Entsorgung anfallenden Klärschlammmengen können aufgrund sehr unterschiedlicher Wassergehalte nicht miteinander verglichen werden. Die Rechengröße Trockensubstanz gibt daher das Gewicht des Klärschlamms nach vollständigem Wasserentzug – durch ein festgelegtes Trocknungsverfahren – an.

2 Trinkwasserverbrauch der Haushalte und Kleinverbraucher.

3 Betriebswasser ist Wasser, das beispielsweise in gewerblichen, industriellen oder landwirtschaftlichen Betrieben eingesetzt wird und im Allgemeinen keine Trinkwasserqualität besitzt.

4 In Mono-Verbrennungsanlagen werden in der Regel ausschließlich Klärschlämme verbrannt.

5 Umweltministerium Baden-Württemberg (Hrsg.) (2008): Abfallbilanz 2007. S. 49–66, Stuttgart.