Erdgas – eine beliebte Energiequelle
Der Verbrauch von Erdgas hat in Baden-Württemberg in den letzten 30 Jahren kontinuierlich zugenommen. Dieser Entwicklung vorausgegangen ist der stetige Ausbau der Erdgasleitungen und -anschlüsse im Land. Die Gaspreise sind im letzten Jahrzehnt stärker als das allgemeine Preisniveau gestiegen. Private Haushalte zahlen heute im Vergleich zu anderen Verbrauchergruppen am meisten für eine aus dem Energieträger Gas gewonnene Kilowattstunde. Während zu Beginn der 80er-Jahre bei Neubauten noch Öl als überwiegende Heizenergie gewählt wurde, dominiert heute Gas. Besonders beliebt ist es bei der Beheizung von Wohngebäuden und ein Blick auf die aktuellen Baugenehmigungen zeigt, dass zunächst weiterhin mit Gas als vorwiegender Heizenergie bei den Neubauten zu rechnen ist. Insgesamt wird deutlich, dass Erdgas Konkurrenzenergien wie Kohle und Heizöl stetig verdrängt hat.
Erdgas ist ein brennbares natürliches Gasgemisch, das aus dem Erdinnern gefördert wird und überwiegend aus Methan besteht. Es gilt wegen der geringen Schwefeldioxid- und Kohlendioxid-Emissionen bei seiner Verbrennung als ein relativ umweltschonender fossiler Brennstoff. In Baden-Württemberg ist Erdgas ein vergleichsweise junger Energieträger, der vor allem in den letzten 20 bis 30 Jahren immer mehr an Bedeutung gewann. Im Jahr 1969 erreichte er einen Anteil von knapp 1 % am Primärenergieverbrauch des Landes1, im Jahr 2004 lag dieser bei ca.18 % und damit etwas niedriger als in Deutschland insgesamt (22 %).
Erdgas kann in unterschiedlicher Weise genutzt werden. In privaten Haushalten wird es vor allem zum Heizen, zur Warmwasserbereitung und zum Kochen verwendet. In der Industrie kann Erdgas beispielsweise zum Einsatz kommen, wenn Wärme für Umwandlungsprozesse benötigt wird, wie bei der Herstellung von Glas oder gebrannten Ziegeln. Auch die Trocknung von Nahrungs- oder Futtermitteln ist ein mögliches Einsatzgebiet. In den letzten Jahren gewinnt Erdgas zudem als eine Alternative zu herkömmlichen Kraftstoffen an Bedeutung.2 Die Gasabsatzmenge an Endverbraucher ist von der Witterung abhängig. Darüber hinaus beeinflussen auch die Preise am Energiemarkt die Absatzmengen, da insbesondere Industriebetriebe bei Bedarf auch andere Energieträger als Alternative zum Erdgas einsetzen können. Fast die Hälfte des in Baden-Württemberg an Endverbraucher abgesetzten Gases ging im Jahr 2005 an das Produzierende Gewerbe. 39 % wurden von den privaten Haushalten und 12 % von anderen Endabnehmern, wie dem Handel oder der öffentlichen Verwaltung, abgenommen.
Erdgasverbrauch nimmt stetig zu
Der Gasabsatz an Endverbraucher in Baden-Württemberg lag im Jahr 2005 mit 88 364 Mill. Kilowattstunden (kWh) um 5 % über dem Vorjahreswert. Damit erreichte der Gasabsatz im Land einen neuen Höchststand und der Trend der letzten Jahrzehnte setzte sich weiter fort. So hat sich der Gasabsatz an Endabnehmer seit 1985 mehr als verdoppelt. Dabei ging vom Heizenergiebedarf der privaten Haushalte mit + 158 % der stärkste Wachstumsimpuls aus. Ebenfalls deutlich angestiegen ist der Absatz an das Produzierende Gewerbe. Voraussetzung für diese Zuwachsraten war der stetige Ausbau der Erdgasleitungen und die weiteren Anschlüsse an das bestehende Leitungsnetz. Während Mitte der 80er-Jahre erst 40 % aller Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg an das Leitungsnetz angeschlossen waren, werden heute rund 750 Städte und Gemeinden – also zwei Drittel aller Kommunen in Baden-Württemberg – mit Erdgas beliefert. 3
Seit 2000 stieg der Gasverbrauch im Südwesten um 17 %. Ein wesentlicher Zuwachs ging von den privaten Haushalten aus, deren Verbrauch in dieser Zeit um 28 % zunahm. Hier zeigt sich, dass auch noch in jüngster Zeit viele Haushalte im Land ihre Energieversorgung auf Gas umgestellt haben. Für die Nutzung von Erdgas spricht der Wegfall der Brennstofflagerräume, wie sie unter anderem bei Kohle und Heizöl erforderlich sind. Erdgasheizungen sind platzsparend und können statt im Keller auch in der Wohnung und auf höheren Etagen installiert werden.
Favorit für die Beheizung von Neubauten
Laut Mikrozensus Zusatzerhebung wurden im Jahr 2002 bereits rund 39 % aller bewohnten Wohnungen mit Erdgas beheizt. Dominante Heizenergie war jedoch noch das Heizöl mit wenigstens 46 %. Dieses Verhältnis dürfte sich in den inzwischen vergangenen Jahren weiter zugunsten der Energiequelle Gas verschoben haben. Zum einen ersetzte Gas bei Modernisierungen häufig die bisher verwendeten Energiequellen Öl sowie Holz oder Kohle und zum anderen ist es seit längerem die favorisierte Heizenergie bei Neubauten.
Noch Anfang der 80er-Jahre wurde für über 60 % der Neubauten (Wohn- und Nichtwohngebäude) Öl als überwiegende Heizenergie gewählt. Erst mit deutlichem Abstand folgte Gas. Nicht einmal ein Drittel der fertigen Neubauten wurden damit beheizt. Inzwischen hat sich das Bild gewandelt. Anfang der 90er-Jahre löste Erdgas den bis dahin bei Baufertigstellungen dominanten Energieträger Öl ab. Seitdem hat Gas als Heizenergie beim Neubau massiv zugenommen und in knapp 64 % der 2006 fertig gestellten Neubauten wird damit geheizt.
Besonders bei der Beheizung von Wohngebäuden ist Gas beliebt. 2006 entschieden sich die Bauherren bei 64 % aller neu fertiggestellten Wohngebäude für Gas als vorwiegende Heizenergie. Mit Bezug auf die darin befindlichen Wohnungen bedeutet es, dass sogar knapp 67 % der neu entstandenen Wohnungen mit Gas beheizt werden. Beim Neubau von Nichtwohngebäuden wurde für nahezu 61 % der Gebäude eine entsprechende Entscheidung gefällt. Hier konnte in den letzten Jahren eher Konstanz beobachtet werden, während die Bedeutung bei fertiggestellten Wohngebäuden bis in die jüngere Vergangenheit merklich zunahm.
Andere Energiequellen als Öl und Gas spielten bis jetzt bei der Entscheidung für die Beheizung von Neubauten nur eine nachgeordnete Rolle. In jüngerer Zeit konnten aber vor allem regenerative Energien, wie Wärmepumpen oder auch Holzpellets den Anteil des Sammelpostens »Sonstige Heizenergie« etwas steigern und auch Fernwärme hat eine gewisse Bedeutung. Bislang nahmen diese Heizenergien aber noch keine tragenden Rollen ein. Energieträger, wie Strom oder Kohle und Koks spielen zudem eine immer marginalere Rolle bei der Entscheidung für die Beheizung von Neubauten. Das Neubaugeschehen macht also deutlich, dass Gas als Energiequelle für die Beheizung an Attraktivität deutlich zulegte und die derzeit favorisierte Heizenergie darstellt. Veränderungen in den Bestandsstrukturen gehen allerdings äußerst langsam vonstatten, sodass Heizöl als Heizenergie im Gebäudebestand noch überwiegen dürfte.
Private Haushalte zahlen für ihr Gas am meisten
Nicht nur die Beliebtheit von Gas und sein Absatz an Endverbraucher haben zugenommen, auch die Einnahmen (Erlöse) der Gasversorgungsunternehmen in Baden-Württemberg sind gestiegen. So lagen die Einnahmen im Jahr 2005 um 20 % höher als im Vorjahr. Im Durchschnitt aller Verbrauchergruppen wurden 3,6 Cent je kWh erlöst. Private Haushalte in Baden-Württemberg bezahlten 2005 für ihr Gas im Schnitt 4,5 Cent je kWh und damit mehr als alle anderen Verbrauchergruppen. Gegenüber dem Vorjahr mussten die Haushalte 11 % mehr ausgeben. Bei der Gasabgabe an das Produzierende Gewerbe in Baden-Württemberg erlösten die Gasversorgungsunternehmen im Durchschnitt 2,8 Cent je kWh, dies sind fast 21 % mehr als vor einem Jahr. Gegenüber dem Jahr 2000 sind die Erlöse aus der Gasabgabe an Endverbraucher um 59 % gestiegen, der Verbrauch nahm in dieser Zeit um 17 % zu. Im Durchschnitt aller Abnehmergruppen mussten die Verbraucher im Jahr 2005 rund 36 % mehr für eine Kilowattstunde zahlen als im Jahr 2000. Die Erlöse beschreiben jedoch nur die Einnahmeseite der Gasversorger und dürfen nicht mit deren Gewinnen gleichgesetzt werden. Die Entwicklung der Erlöse wird zudem durch staatliche Abgaben wie Erdgassteuer oder die Konzessionsabgabe mit beeinflusst. Für 2006 ist mit einem weiteren Anstieg der Durchschnittserlöse zu rechnen. 4
Gaspreise massiv gestiegen
Die heimische Gewinnung von Erdgas geht seit Mitte der 90er-Jahre stetig zurück, sodass die Erdgasversorgung in Deutschland zu mehr als 80 % auf Einfuhren, insbesondere aus Russland, Norwegen und den Niederlanden, beruht. In Baden-Württemberg wird das Erdgas vollständig von außen bezogen, eine eigene Gewinnung im Land gibt es nicht. Die Preise für nach Deutschland eingeführte Energieträger unterliegen einer Vielzahl unterschiedlicher Einflussfaktoren, darunter die Preisentwicklung auf den internationalen Rohstoffmärkten oder die Entwicklung des Wechselkurses des Euro gegenüber dem Dollar. In den letzten 10 Jahren sind die Energiepreise weitaus stärker gestiegen als das allgemeine Preisniveau.
Bei der Preisbildung und Preisentwicklung für Erdgas spielt in Deutschland die sogenannte Ölpreisbindung eine bedeutende Rolle. Durch vertragliche Regelungen schlagen sich Preisbewegungen auf dem Ölmarkt auch im Gaspreis nieder, wenn auch mit mehrmonatiger Verzögerung und etwas schwächer. Auf den zunehmenden Verfall der Rohölpreise auf den internationalen Märkten reagierte die OPEC 1999 mit Produktionsbegrenzungen. Bis einschließlich 2006 stiegen die Preise für Heizöl in der Folge um 107 % und der Gasmarkt antwortete mit um 74 % höheren Preisen. Nicht zuletzt machte aber auch der fortgesetzt anwachsende Verbrauch die steigenden Gaspreise möglich. Zum Vergleich: Die allgemeine Teuerung der Lebenshaltung belief sich im gleichen Zeitraum auf 13 %. Mit einem Wägungsanteil von unter einem Prozent, der den Anteil des Gaskonsums an den Konsumausgaben der privaten Haushalte insgesamt spiegelt, fließt die Gaspreisentwicklung hier ein.
Ausblick
Der Ersatz von Kohle und Öl durch Erdgas im Wärmemarkt führte und führt zu steigenden Verbrauchszahlen beim Gas. Zusätzlich wird Erdgas seit einigen Jahren verstärkt als Kraftstoff für Kraftfahrzeuge verwendet. Energiebedarfe durch den in den nächsten Jahren noch zu erwartenden Haushaltszuwachs sowie steigende Wohnflächen leisten ihren Beitrag. Und auch in den nächsten Jahren ist mit Gas als vorwiegender Heizenergie bei den Neubauten zu rechnen. Dies kann aus der Baugenehmigungsstatistik geschlossen werden, die den Fertigstellungen vorausgeht. Bei den neu genehmigten Bauten zeigte sich jedoch 2006 nach dem jahrzehntelangen Bedeutungsgewinn erstmals ein Rückgang des Gasanteils an den gewählten Heizenergien. Während 2005 noch ein leichter Anstieg gegenüber 2004 auf fast 66 % festgestellt wurde, wählten die Bauherren im Jahr 2006 »nur noch« bei rund 57 % der zum Bau freigegebenen Gebäude Gas als überwiegende Heizenergie.
Immer weiter in den Hintergrund tritt vor allem Öl als Heizenergie mit 2006 nicht einmal 8 % Anteil bei den genehmigten Neubauten, gegenüber noch gut 18 % 2004. Der Bedeutungsverlust bei Öl und im vergangenen Jahr auch bei Gas ging zugunsten der »Sonstigen Heizenergien« aus. Diese Sammelposition, unter der hier alle anderen Heizenergien zusammengefasst wurden, erreichte 2006 bereits 35 % Anteil an den gesamten Neubaugenehmigungen. Dabei legte Fernwärme etwas bei der Beheizung von Nichtwohngebäuden zu und ansonsten erlangen vor allem Wärmepumpen an Bedeutung, mit im Jahr 2006 13,5 % Anteil an den insgesamt genehmigten Neubauten. Nicht exakt bestimmen lässt sich der Anteil neuerer Heizenergien, wie zum Beispiel Holzpellets. Deren Einfluss dürfte bei der kurzfristigen Steigerung des »Sonstigen-Anteils« jedoch nicht unerheblich sein. Dominante Heizenergie bei den Baugenehmigungen blieb in 2006 aber Gas. Diese Genehmigungsstrukturen werden sich in den Fertigstellungszahlen und auch beim Gasverbrauch in naher Zukunft niederschlagen.
Die Bauherren setzen also auch trotz der Preissteigerung auf Gas als überwiegende Heizquelle. Die jüngsten monatlichen Ergebnisse der Verbraucherpreisstatistik zeigen nun, dass es im 1. Quartal 2007 zu Preissenkungen bei Heizöl gekommen ist. Der Einfluss auf die Gaspreise schlug sich bereits in ersten Preissenkungen einzelner Anbieter nieder. Die Stabilisierung der Gaspreise hängt aber langfristig von der Ölpreisentwicklung und natürlich auch von den nachfrageseitig ermöglichten Spielräumen und weiteren Faktoren ab. 5
Zu einer Stärkung der regenerativen Energien kann die aktuelle politische Diskussion beitragen. Danach könnte es in naher Zukunft zur Pflicht werden, dass bei Neubauten und grundlegenden Sanierungen von Altbauten mindestens 20 % der Wärme für Heizung und Warmwasser aus erneuerbaren Energien kommen muss. Wenn zukünftig bei Neubauten erhöhte gesetzliche Anforderungen an den Wärmehaushalt gestellt werden, wird dies auch Auswirkungen auf die Wahl der Heizenergie und auf die zukünftigen Gasabsatzmengen haben. Die Gasindustrie hat aber bereits vorgesorgt und wirbt zum Beispiel für die Gasheizung in Kombination mit der Sonnenwärme-Nutzung.