:: 8/2023

Erwerbstätigkeit und Arbeitsvolumen in den Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs 2021 im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019

Stadt- und Landkreise 2021 noch mehrheitlich unter Vorkrisenniveau

In der Hälfte der 44 Stadt- und Landkreise Baden-Württembergs war 2021 gegenüber 2020 ein Zuwachs der Erwerbstätigenzahl zu verzeichnen. Im Vergleich zu 2019 lag die Zahl der Erwerbstätigen im Jahr 2021 allerdings lediglich in zwölf Stadt- und Landkreisen höher. Die deutliche Mehrheit der Stadt- und Landkreise, und somit auch Baden-Württemberg insgesamt, konnten die Erwerbstätigenverluste der Coronakrise noch nicht wieder kompensieren. Die teils gravierenden Einbrüche im Jahr 2020 bei der Anzahl geleisteter Arbeitsstunden je Erwerbstätigen, waren vor allem aufgrund der hohen Inanspruchnahme von Kurzarbeit im zweiten Quartal 2020 zurückzuführen. Aber auch in 2021 lag die Kurzarbeiterzahl noch deutlich über den Jahren vor 2019, was dazu führte, dass das Niveau des Arbeitsvolumens von 2019 – je nach Kreis und Wirtschaftsbranche – in keinem der Kreise Baden-Württembergs erreicht werden konnte. Landesweit lag die Erwerbstätigenzahl 2021 um 1 % unter jener von 2019, das Arbeitsvolumen fiel sogar um 4 % geringer aus.

Erwerbstätigkeit erholt sich nur sehr langsam

Mit knapp 6,31 Millionen (Mill.) Erwerbstätigen in Baden-Württemberg lag die Erwerbstätigenzahl 2021 in etwa auf dem Niveau des Vorjahres 2020 und um 1,0 % unterhalb des »Vorkrisenjahres« 2019. Die Zahl der Erwerbstätigen brach 2020 zum Vorjahr in 39 Kreisen ein. Lediglich der Landkreis Emmendingen (+ 0,5 %) und die Landkreise Calw und Ravensburg (jeweils + 0,2 %) trotzten jedoch dem Negativtrend. Der Rückgang der Erwerbstätigkeit 2020 gegenüber 2019 fiel in den Landkreisen Esslingen (– 3,1 %), Rottweil (– 2,7 %), Tuttlingen (– 2,6 %), Waldshut (– 2,1 %) und Lörrach (– 2,0 %) besonders stark aus. Im Jahr 2021 konnte dann – immerhin für 22 Kreise ein Beschäftigungszuwachs gegenüber 2020 festgestellt werden, wobei die höchsten Veränderungsraten im Landkreis Tübingen (+ 2,7 %) und den Stadtkreisen Freiburg und Ulm (jeweils + 1,1 %) erzielt wurden, während auf Landesebene die Beschäftigtenzahl insgesamt gegenüber dem Vorjahr unverändert blieb. Die Erholung der Beschäftigung fiel jedoch eher moderat aus und so waren es lediglich zwölf Stadt- und Landkreise, in denen die Erwerbstätigenzahl 2021 höher lag als im Jahr 2019. Der Landkreis Tübingen stach hierbei mit einem Plus von 2,9 % besonders hervor (siehe Tabelle 1). Es folgte der Landkreis Emmendingen und der Stadtkreis Freiburg mit einer Zuwachsrate von jeweils 0,8 %. In den Landkreisen Lörrach und Rastatt setzte sich die negative Entwicklung von 2020 auch in 2021 fast unvermindert fort und zählten somit, nach dem Landkreis Esslingen (– 3,8 %), zu den drei Kreisen mit dem höchsten Beschäftigungsrückgang zwischen 2021 und 2019 in Baden-Württemberg (– 3,7 bzw. – 3,6 %).

Positive Entwicklung zumindest für eine Erwerbstätigengruppe

Von den drei hier betrachteten Erwerbstätigengruppen (oder auch »Stellungen im Beruf«), zeigte sich 2021 nur für die Arbeitnehmer ohne marginal Beschäftigte landesweit eine positive Entwicklung. Im Landesdurchschnitt stieg deren Zahl 2021 gegenüber 2019 um 0,6 % an. Andererseits lag auch für diese Erwerbstätigengruppe in 16 Kreisen die Beschäftigtenanzahl 2021 noch unterhalb des Niveaus von 2019. So beispielsweise insbesondere im Landkreis Rastatt mit einem Minus von 2,8 % oder auch im Landkreis Lörrach mit – 2,2 %. Demgegenüber stand eine außerordentliche Erholung im Landkreis Tübingen, in dem die Zahl der Erwerbstätigengruppe der Arbeitnehmer ohne marginal Beschäftigte in 2021 um 5,1 % höher ausfiel als 2019. Dies stellte den baden-württembergischen Spitzenwert dar (Schaubild 1).

Die Zahl der Erwerbstätigengruppe der marginal Beschäftigten verringerte sich im selben Zeitraum im Landesschnitt um 8,9 %. Hier ist allerdings zu beachten, dass die marginale Beschäftigung – wie auch die Zahl der Selbstständigen – seit 2014 bzw. 2015 in Baden-Württemberg kontinuierlich abnimmt. So setzte sich auch dementsprechend der Negativtrend bei den marginal Beschäftigten in 2020 – wenngleich etwas abgeschwächt – in 2021 fort. Der Rückgang im Jahr 2020 gegenüber 2019 bei den marginal Beschäftigten von – 6,1 % landesweit stellte damit die stärkste negative Veränderungsrate seit Beginn der Zeitreihe ab 2008 dar. Und auch in 2021 wies die Veränderungsrate zum Vorjahr mit – 3,0 % landesweit bei der Zahl der marginal Beschäftigten den zweitstärksten prozentualen Rückgang seit Beginn der Zeitreihe in 2008 auf. Im Stadtkreis Stuttgart fiel das Minus bei der Zahl der marginal Beschäftigten 2021 im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 mit einer Veränderungsrate von – 3,6 % landesweit noch am schwächsten aus, gefolgt vom Landkreis Sigmaringen mit – 3,9 %. Am deutlichsten verringerte sich die Zahl marginal Beschäftigter im selben Zeitraum im Landkreis Rottweil mit – 19,1 %, gefolgt vom Landkreis Esslingen mit – 17,8 %.

Die Zahl der Selbstständigen – die dritte hier dargestellte Erwerbstätigengruppe – nahm in Baden-Württemberg zwischen 2021 und 2019 um 4,9 % ab. Hier fiel der Einbruch in 2020 gegenüber dem Vorjahr mit – 2,6 % nur unwesentlich stärker aus als im Jahr 2021 mit – 2,4 % gegenüber 2020. Die Veränderungsraten bei den selbstständigen Erwerbstätigen fielen 2021 verglichen mit dem Vorkrisenjahr 2019 im Landkreis Tuttlingen mit – 2,5 % und – 2,7 % im Stadtkreis Ulm landesweit noch am moderatesten aus. Im Main-Tauber-Kreis mit – 7,6 % und im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald mit – 6,7 % sank die Anzahl der Selbstständigen 2021 gegenüber 2019 hierzulande am stärksten.

Entwicklung der Erwerbstätigkeit im Dienstleistungsbereich dynamischer als im Produzierenden Gewerbe

Ein besonders starker Einbruch der Erwerbstätigkeit musste 2020 für das baden-württembergische Produzierende Gewerbe mit einem Minus gegenüber dem Vorjahr von 2,0 % festgestellt werden, während im hiesigen Dienstleistungsbereich die Veränderungsrate mit – 0,5 % deutlich moderater ausfiel. Dabei wichen jedoch zehn Kreise vom Landestrend ab. Dort wies die Erwerbstätigkeit im Dienstleistungsbereich einen höheren Rückgang aus. Im Stadtkreis Freiburg wurde dies am deutlichsten, denn dieser Kreis war mit einem Plus von 1,3 % neben dem Landkreis Ravensburg (+ 0,6 %) der einzige Kreis mit einem Zuwachs in 2020 zum Vorjahr im Produzierenden Gewerbe. Die Erwerbstätigkeit im Dienstleistungsbereich nahm in Freiburg dagegen um 0,6 % ab.

Der Landkreis Ravensburg war 2020 der einzige Kreis in Baden-Württemberg, der in beiden Wirtschaftsbereichen ein Plus verzeichnen konnte und zählte damit zu den 13 der insgesamt 44 Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs, die 2020 im Dienstleistungsbereich ein Vorjahresplus aufweisen konnten. Die Beschäftigungsentwicklung lag in den Dienstleistungsbranchen 2021 verglichen mit 2020 auch landesweit mit 0,4 % wieder im Plus, während sich die Erwerbstätigenzahl in der baden-württembergischen Industrie um weitere 0,9 % verringerte.

In 2021 war in 16 Kreisen eine – wenn teils auch nur marginale – Erholung der Erwerbstätigkeit im Produzierenden Gewerbe im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Verglichen mit 2019 lag die Beschäftigtenzahl 2021 in diesem Wirtschaftsbereich immerhin in sechs Kreisen höher, worunter der Stadtkreis Freiburg mit Abstand den größten Zuwachs vorzuweisen hatte (+ 3,7 %). Auf der anderen Seite des Spektrums, der Stadtkreis Stuttgart: Mit einem Minus von 7,7 % verringerte sich die Erwerbstätigenzahl in der Industrie dort so stark wie in keinem anderen Kreis Baden-Württembergs (Schaubild 2).

Die Beschäftigungssituation im Dienstleistungsbereich erholte sich in 2021 überwiegend, so war in 33 Kreisen eine positive Entwicklung gegenüber dem Vorjahr festzustellen. In 21 Kreisen lag das Erwerbstätigenniveau in den Dienstleistungsbranchen im Jahr 2021 über dem Vorkrisenjahr 2019. Allen voran der Landkreis Tübingen (+ 3,4 %) gefolgt vom Landkreis Sigmaringen (+ 2,3 %). Demgegenüber befand sich das Erwerbstätigenniveau in den Landkreisen Esslingen und Lörrach um 3,7 % bzw. 3,1 % landesweit am deutlichsten unter dem Niveau des Jahres 2019.

Arbeitsvolumen 2021 geringer als im Jahr 2019

Die Summe der von allen Erwerbstätigen mit Arbeitsort Baden-Württemberg geleisteten Arbeitsstunden, also das Arbeitsvolumen, lag 2021 landesweit bei 8,4 Milliarden (Mrd.) Stunden. Das war zwar mehr als im Jahr 2020, welches von einem hohen Ausmaß an Kurzarbeit geprägt war (+ 2,0 %), allerdings deutlich weniger im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 (– 4,0 %). Trotz der Tatsache, dass das Arbeitsvolumen 2021 gegenüber 2020 in allen Kreisen anstieg, konnte das Niveau von 2019 in keinem Kreis erreicht werden. Im Landkreis Tübingen fehlten 2021 immerhin nur rund 75 000 Stunden (dies entsprach – 0,05 %) um das 2019er-Niveau zu erreichen. Andererseits gab es beispielsweise die Landkreise Lörrach und Rastatt, in denen das Arbeitsvolumen 2021 mit – 7,1 % bzw. – 6,8 % noch sehr deutlich unter dem Niveau von 2019 lag (siehe Tabelle 2). In den Kreisen Tuttlingen (– 7,6 %), Esslingen (– 7,5 %) und Lörrach (– 7,2 %) brach das Arbeitsvolumenniveau in 2020 zum Vorjahr landesweit am stärksten ein.

Generell lässt sich die Entwicklung des Arbeitsvolumens zum einen durch die Veränderung der jährlichen durchschnittlichen Pro-Kopf-Arbeitszeit und zum anderen durch die Entwicklung der Erwerbstätigenzahl (bzw. der ggf. unterschiedlichen Veränderungen der Anzahl der verschiedenen Stellungen im Beruf) erklären. So sank beispielsweise in den Landkreisen Esslingen und Lörrach die Erwerbstätigenzahl zwischen 2020 und 2019 deutlich stärker als im Landesdurchschnitt. Die Landkreise Emmendingen (– 4,4 %), Tübingen (– 4,4 %), Ravensburg (– 4,5 %), Calw (– 4,7 %) und der Stadtkreis Heilbronn (– 4,7 %) gehörten zu den fünf Kreisen Baden-Württembergs, in denen das Arbeitsvolumen in 2020 gegenüber 2019 am geringsten abnahm (Baden-Württemberg: – 5,9 %). Diese Kreise (mit Ausnahme Heilbronns) zählten zugleich zu den fünf Kreisen Baden-Württembergs, in denen die Erwerbstätigenzahl in 2020 gegenüber 2019 zunahm.

Das Pro-Kopf-Arbeitsvolumen, also die Zahl der jährlich im Durchschnitt von einem Erwerbstätigen geleisteten Arbeitsstunden, sank wenig überraschend ebenfalls stark in 2020 gegenüber dem Vorjahr. Dies ist, wie bereits erwähnt, hauptsächlich dem hohen Ausmaß an Kurzarbeit, insbesondere im 2. Quartal 2020, geschuldet. Die Spannweite des prozentualen Rückgangs der jährlichen durchschnittlichen Pro-Kopf-Arbeitszeit in 2020 gegenüber 2019 bewegte sich zwischen – 4,3 % im Landkreis Rottweil und jeweils – 5,5 % im Breisgau-Hochschwarzwald, Bodenseekreis und Landkreis Freudenstadt.

Die Höhe der jährlich im Durchschnitt geleisteten Arbeitsstunden pro Erwerbstätigem ist unter anderem darauf zurückzuführen, wie hoch der Anteil an Teilzeitbeschäftigung, bzw. auch das Ausmaß an Kurzarbeit (besonders relevant in den Jahren 2020/2021) und/oder der Anteil der marginal Beschäftigten an den Erwerbstätigen ausfällt. Letzterer Effekt auf die Pro-Kopf-Arbeitszeit lässt sich mithilfe eines Streudiagramms veranschaulichen. So zeigte sich für 2021 bzw. 2019 ein Korrelationskoeffizient von – 0,60 bzw. – 0,64, was auf eine negative mittelstarke lineare Korrelation zwischen dem prozentualen Anteil der Erwerbstätigen in marginaler Beschäftigung und der jährlichen Pro-Kopf-Arbeitszeit eines Erwerbstätigen in Stunden schließen lässt. Der Zusammenhang ist statistisch signifikant (Schaubild 3).

In den 44 Stadt- und Landkreisen waren 2021 sehr unterschiedliche Veränderungsraten der Pro-Kopf-Arbeitszeit im Vergleich zu 2019 festzustellen. Neben den bereits oben erwähnten Faktoren, spielt auch die Wirtschaftsbranchenstruktur eine bedeutende Rolle. Generell verringerte sich die Pro-Kopf-Arbeitszeit im Produzierenden Gewerbe deutlich schwächer als im Dienstleistungsbereich. Im Stadtkreis Freiburg und im Landkreis Lörrach nahm das Arbeitsvolumen pro Kopf zwischen 2021 und 2019 im Produzierenden Gewerbe landesweit am stärksten ab (– 2,2 % bzw. – 2,1 %). Im Dienstleistungsbereich verzeichnete der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald das mit Abstand kräftigste Minus (– 4,9 %) im selben Zeitraum. Für diesen Kreis wurde zudem auch gesamtwirtschaftlich mit – 3,8 % der größte Rückgang in Baden-Württemberg ermittelt (siehe Schaubild 4). Der Bodenseekreis wies das zweitstärkste Erwerbstätigenminus (– 4,7 %) im Dienstleistungsbereich auf. Gesamtwirtschaftlich gehört dieser Kreis zusammen mit den Kreisen Stuttgart und Konstanz (jeweils – 3,6 %) ebenfalls zu jenen Kreisen, die in Bezug zur Pro-Kopf-Arbeitszeit weiterhin besonders stark unter dem Vorkrisenniveau von 2019 liegen.

Fazit

Obwohl die Erwerbstätigenzahl im Jahr 2021 landesweit »nur« um 1,0 % unter dem Niveau von 2019 lag, blieb das Arbeitsvolumen 2021 mit 4,0 % in einem weitaus erheblicheren Ausmaß unter dem 2019er Niveau, da die Zahl der durchschnittlich pro Kopf geleisteten Arbeitsstunden 2021 um 3,0 % unter der entsprechenden Anzahl des Jahres 2019 lag. Allerdings ist auch zu beachten, dass sich die Pro-Kopf-Arbeitszeit aufgrund vielseitiger Faktoren, wie beispielsweise der zunehmenden Teilzeitarbeit, der abnehmenden Selbstständigkeit und der in manchen Branchen kürzeren tariflich festgelegten Wochenarbeitszeit, bereits seit einigen Jahren tendenziell abnimmt. So lag die durchschnittliche Pro-Kopf-Arbeitszeit beispielsweise im Jahr 2011 in Baden-Württemberg im Schnitt noch bei 1 409 Stunden, im Jahr 2001 sogar noch bei 1 433 Stunden. Im Jahr 2021 lag der Durchschnitt nur noch bei 1 332 Stunden.