:: 8/2023

Zensus 2022: Gute Zusammenarbeit mit örtlichen Erhebungsstellen

Am 15. Mai 2022 war der Stichtag des Zensus 2022 in Deutschland. Dieser umfasste eine Gebäude- und Wohnungszählung sowie eine Bevölkerungszählung, die aus einer Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis und einer Vollerhebung an Sonderbereichen (Wohnheime und Gemeinschaftsunterkünfte) bestand. Der vorliegende Beitrag befasst sich mit den in Baden-Württemberg eingerichteten örtlichen Erhebungsstellen, die für die Durchführung der Befragungen von auskunftspflichtigen Personen vor Ort verantwortlich waren. Insgesamt wurden bei der Bevölkerungszählung im Südwesten knapp 1,8 Millionen (Mill.) Personen befragt.

Erhebungsstellenkonzept

Als obere Fachaufsichtsbehörde war in Baden-Württemberg das Statistische Landesamt zuständig für die Organisation der Erhebungen des Zensus 2022. Die Durchführung der Befragungen zur Bevölkerungszählung1 vor Ort wurde dabei den Kommunen übertragen, welche sogenannte örtliche Erhebungsstellen einrichten mussten. Die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Einrichtung dieser Erhebungsstellen lieferte das Landesausführungsgesetz zum Zensus in Baden-Württemberg (AGZensG 2022):

  • Wer musste Erhebungsstellen einrichten?
  • Welche Voraussetzungen waren bei der Einrichtung von Erhebungsstellen zu erfüllen?
  • Welche finanzielle Ausstattung erhielten die örtlichen Erhebungsstellen?

Gesetzlich vorgeschrieben war die Einrichtung einer örtlichen Erhebungsstelle in allen Gemeinden mit über 30 000 Einwohnerinnen und Einwohnern sowie in Landkreisen für die übrigen kreisangehörigen Gemeinden. Zusätzlich war die Einrichtung einer Erhebungsstelle in Großen Kreisstädten mit weniger als 30 000 Einwohnerinnen und Einwohnern möglich (sogenannte Optionskommunen). Auch Zusammenschlüsse für die Einrichtung einer gemeinsamen Erhebungsstelle waren nicht ausgeschlossen. Insgesamt wurden in Baden-Württemberg 103 Erhebungsstellen2 eingerichtet, wobei 16 der 47 sogenannten Optionskommunen von ihrem Recht zur Einrichtung einer eigenen Erhebungsstelle Gebrauch machten.

Die Einrichtung einer Erhebungsstelle erforderte eine strikte Trennung (Abschottung) der Erhebungsstelle von anderen Verwaltungsbereichen. Dabei erfolgte die Abschottung organisatorisch, räumlich, personell und technisch und beinhaltete ebenso die Wahrung aller datenschutzrechtlichen Vorgaben (siehe i-Punkt »Kriterien zur Abschottung der Erhebungsstellen«). Durch diese strikte Trennung wurde gewährleistet, dass Erhebungsstellen Daten ausschließlich für die statistisch notwendigen Zwecke zur Durchführung des Zensus 2022 nutzen konnten. Eine Nutzung der für die Erhebung notwendigen Daten (zum Beispiel Anschriften, Namen von auskunftspflichtigen Personen) und der im Rahmen der Erhebung gewonnenen Daten (zum Beispiel persönliche Angaben von auskunftspflichtigen Personen) in anderen Bereichen der öffentlichen Verwaltung war somit ausgeschlossen und das sogenannte »Rückspielverbot«3 wurde eingehalten.

Mit der Einrichtung einer Erhebungsstelle und den damit verbundenen zu erledigenden Aufgaben waren Personalkosten (Personal für Erhebungsstellen, Erhebungsbeauftragte für die Vor-Ort-Befragungen) und Sachkosten (Räumlichkeiten, technische Ausstattung etc.) verbunden. Dafür erhielten die örtlichen Erhebungsstellen einen finanziellen Ausgleich von Seiten des Landes Baden-Württemberg. Höhe und Berechnung4 der Finanzzuweisungen sind im AGZensG 2022 gesetzlich festgeschrieben. Insgesamt standen den Erhebungsstellen im Land knapp 44,4 Mill. Euro aus dem Landeshaushalt zur Verfügung, um die finanziellen Mehrbelastungen der Kommunen, die mit der Durchführung der übertragenen Aufgaben im Rahmen des Zensus 2022 vor Ort entstanden, zu decken.

Schulung der Erhebungsstellen

Im Vorfeld der Einrichtung der Erhebungsstellen wurde diesen ein Projekt- und Terminplan über die in den jeweiligen Projektphasen – Erhebungsvorbereitung und Erhebungsdurchführung – anfallenden Tätigkeiten in den Erhebungsstellen bereitgestellt. Um die zu erledigenden Aufgaben bewältigen zu können, fanden seitens des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg umfangreiche Schulungen zur Erhebungsvorbereitung und -durchführung sowie zur Schulung von Erhebungsbeauftragten statt. Aufgrund der zu diesem Zeitpunkt noch vorherrschenden Coronapandemie wurden alle Schulungen online in Form von Videokonferenzen durchgeführt. Das Schulungskonzept sah dabei eine sogenannte »Multiplikatorenschulung« vor, in der nur die Erhebungsstellenleitungen und deren Stellvertretungen geschult wurden. Die Schulung der weiteren Mitarbeitenden der Erhebungsstellen sowie der Erhebungsbeauftragten lag dabei in der Verantwortung der Erhebungsstellen und erfolgte auf Basis der vom Statistischen Landesamt zur Verfügung gestellten Handbücher, Präsentationen und weiteren Handreichungen.

Die Schulungen selbst beinhalteten fachlich-methodische und technische Inhalte. In Ersteren wurden die Hintergründe, die rechtlichen Rahmenbedingungen und die zugrundeliegende Methode der Bevölkerungszählung – Kombination einer Vollerhebung an Anschriften mit Sonderbereichen sowie einer Haushaltebefragung an sogenannten Normalanschriften – vorgestellt und erklärt. Zusätzlich wurden die mit der Vorbereitung und Durchführung der Erhebung verbundenen fachlichen Aufgaben erläutert. Dazu gehörten beispielsweise die Rekrutierung und Verpflichtung von Erhebungsbeauftragten und deren Ausstattung mit den für die Befragungen notwendigen Erhebungsunterlagen.

Zur Erledigung aller mit dem Zensus verbundenen Aufgaben wurde den Erhebungsstellen ein zentrales und bundeseinheitliches IT-Verfahren, das sogenannte »Erhebungsunterstützungssystem (EHU)«, durch das Statistische Bundesamt bereitgestellt. In den EHU-Schulungen wurde den Erhebungsstellenleitungen und deren Stellvertretungen erläutert, wie sämtliche Prozesse (zum Beispiel das Anlegen von Erhebungsbeauftragten, die Zuteilung von zu erhebenden Anschriften an Erhebungsbeauftragte, die Registrierung von Rückläufen von Erhebungsunterlagen, die Aufnahme von Erhebungsbefunden, die Erstellung von Mahnungen von säumigen Auskunftspflichtigen etc.) technisch umgesetzt werden.

Aufgabenerfüllung durch Erhebungsstellen

Ehe die Erhebungsstellen mit den ihnen übertragenen Aufgaben (siehe Übersicht) rund um die Personenerhebung beginnen konnten, musste die bereits erwähnte Abschottung der Erhebungsstelle von anderen Verwaltungsbereichen vollzogen werden. Hierfür ließ das Statistische Landesamt Baden-Württemberg den einzurichtenden Stellen einen Kriterienkatalog mit den bis Ende Oktober 2021 zu treffenden Maßnahmen zukommen.

Um den Erhebungsstellen Anhaltspunkte für benötigte Büro-/Lagerflächen und erforderliches Personal zu geben, wurden vom Statistischen Landesamt Orientierungswerte über die Anzahl der zu befragenden Personen und der hierfür benötigten Erhebungsbeauftragten, das benötigte Erhebungsstellenpersonal, die notwendige Fläche sowie die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel aus der Finanzzuweisung übermittelt.

Sofern alle Kriterien zur Abschottung erfüllt waren und dem Statistischen Landesamt die Einhaltung der »Dienstanweisung zur Einrichtung« der jeweiligen Erhebungsstelle bestätigt wurde, galt eine Erhebungsstelle formal als eingerichtet. Anschließend konnte der Betrieb aufgenommen und mit den Vorbereitungsarbeiten der Erhebung begonnen werden. Ein Hauptanteil der Erhebungsvorbereitung lag insbesondere in der Rekrutierung und Schulung der für die Befragung vorgesehenen ehrenamtlichen Erhebungsbeauftragten sowie deren Zuteilung auf die zu erhebenden Anschriften. Insgesamt wurden von den Erhebungsstellen landesweit gut 12 000 Erhebungsbeauftragte rekrutiert und für die Befragung von rund 1,8 Mill. auskunftspflichtigen Personen an knapp 330 000 Anschriften der Haushaltsstichprobe und rund 10 000 Anschriften mit Sonderbereichen eingeteilt und mit entsprechenden Erhebungsunterlagen ausgestattet. Da die Erhebung aus methodischen Gründen eine Unterscheidung der Anschriften (Normalanschrift oder Anschrift mit Sonderbereich) erforderte, war ein weiterer wichtiger Bestandteil bei der Vorbereitung die Überprüfung der korrekten Zuordnung der Anschriftenart im Rahmen einer Vorbegehung der Anschriften.5

Nach Abschluss der Vorbereitungsarbeiten startete am Zensusstichtag, den 15. Mai 2022, die rund 12-wöchige Feldphase, in der die Erhebungsbeauftragten die Befragungen von auskunftspflichtigen Personen im Land vornahmen. Da die Interviews im persönlichen Kontakt mittels Papierfragebogen6 stattfanden, waren die Erhebungsstellen fortan insbesondere mit der Bearbeitung der von den Erhebungsbeauftragten zurückgebrachten Erhebungsunterlagen beschäftigt. Dabei wurden die Rückläufe registriert und die erhobenen Daten im Erhebungsunterstützungssystem digitalisiert. In diesem Zuge erfolgte auch die Kernaufgabe der Erhebungsstellen: Die für die Ermittlung der Einwohnerzahl maßgebliche sogenannte »Existenzfeststellung« von Personen. Bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht von Erhebungsbeauftragten angetroffene bzw. gegenüber den Erhebungsbeauftragten auskunftsverweigernde Personen und Haushalte, befanden sich insbesondere im Anschluss an die Feldphase im Mahnwesen der Erhebungsstelle. Dieses erstreckte sich von einer freundlichen Erinnerung zur Auskunftserteilung bis zur Heranziehung säumiger auskunftspflichtiger Personen inklusive Zwangsgeldfestsetzung.

Nach der erfolgreichen Durchführung der Personenerhebung waren in der jeweiligen Erhebungsstelle Abschlussarbeiten durchzuführen, um diese ordnungsgemäß bis spätestens Ende Mai 2023 schließen zu können. Neben der Auszahlung der Aufwandsentschädigungen an die Erhebungsbeauftragten, stand hierbei die datenschutzkonforme Löschung bzw. Vernichtung sämtlicher vorhandener elektronischer Daten und Daten in Papierform, welche dem Statistikgeheimnis unterlagen, im Mittelpunkt.

Kommunikation mit Erhebungsstellen

Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg war in seiner Funktion als obere Fachaufsicht für alle fachlichen und technischen Fragen und Anliegen rund um die Bevölkerungszählung die erste Anlaufstelle der Erhebungsstellen. Hierfür wurde über den gesamten Vorbereitungs- und Durchführungszeitraum eine zentrale Rufnummer für Erhebungsstellen eingerichtet. Zusätzlich wurde vom Statistischen Landesamt eine Austauschplattform geschaffen, über die Dokumente zwischen Statistischem Landesamt und Erhebungsstellen ausgetauscht und wichtige Informationen auf kürzestem Weg mit allen Erhebungsstellen geteilt werden konnten.

Im Laufe der Vorbereitungsarbeiten zeigte sich, dass die bereits existierenden Kommunikationskanäle zwar funktionierten, eine Intensivierung der Kommunikation zwischen dem Statistischen Landesamt und den Erhebungsstellen den Projekterfolg aber zusätzlich unterstützen könnte. Aus diesem Grund wurden in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Zensus des Städtetags Baden-Württemberg »Online-Infostunden«, die in der Regel im 14-tägigen Turnus stattfanden, ins Leben gerufen. In diesem für alle Erhebungsstellen zugänglichen Format wurden im Vorfeld an das Statistische Landesamt gerichtete Fragen beantwortet. Ebenso boten die »Online-Infostunden« dem Statistischen Landesamt zusätzlich eine gute Möglichkeit, um auf wichtige anstehende Arbeiten und den aktuellen Stand der Erhebung hinzuweisen.

Erfolgreicher Abschluss der Bevölkerungszählung

Die Durchführung der Befragungen der auskunftspflichtigen Personen verlief in Baden-Württemberg in enger und kollegialer Abstimmung zwischen den kommunalen Erhebungsstellen und dem Statistischen Landesamt. Kritik und Ressentiments gegenüber dem Zensus 2022 in der Bevölkerung konnten während der Erhebung nur in geringem Umfang festgestellt werden. Insgesamt kann die Auskunftsbereitschaft gegenüber den Erhebungsbeauftragten als hoch bewertet werden. Verantwortlich für den erfolgreichen Abschluss der Erhebung war dabei das große Engagement von allen an der Durchführung beteiligten Personen, insbesondere in den örtlichen Erhebungsstellen. Nicht zuletzt führte die gute und kooperative Zusammenarbeit zwischen Statistischem Landesamt Baden-Württemberg, den Erhebungsstellen und dem Arbeitskreis Zensus des Städtetags Baden-Württemberg, zu einer sehr erfolgreichen Erhebung des Zensus 2022 im Südwesten.

1 Fischer, Christoph: Zensus 2022: Vorbereitung und Durchführung der Bevölkerungszählung, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 6+7/2023.

2 Die Städte Ludwigsburg, Bietigheim-Bissingen, Kornwestheim und Remseck am Neckar sowie der Landkreis und die Stadt Rastatt bildeten jeweils einen Erhebungsstellenverbund.

3 Verfassungsrechtlicher Grundsatz, wonach verarbeitete Einzeldaten mit Personenbezug aus der Statistik weder an die Stellen zurück übermittelt werden dürfen, von denen die Ursprungsdaten stammen noch an sonstige Stellen der Verwaltung weiter übermittelt werden dürfen.

4 Die Berechnung erfolgte auf Basis folgender Bestandteile: Basiszuweisung, Zuweisung für die Durchführung an Anschriften mit Sonderbereichen, Zuweisung für die Durchführung der Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis.

5 Fischer, Christoph: Zensus 2022: Vorbereitung und Durchführung der Bevölkerungszählung, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 6+7/2023.

6 An Anschriften, die für die Erhebung von soziodemografische Zusatzmerkmale vorgesehen waren, wurde den Befragten im Anschluss an das persönliche Interview eine Kennung für einen Online-Fragebogen ausgehändigt.