Innovationsindex 2024
Innovationspotenzial der Kreise und Regionen in Baden-Württemberg
Der Innovationsindex wird im 2-jährigen Turnus vom Statistischen Landesamt Baden-Württemberg für die Kreise und Regionen des Landes berechnet und schafft damit die Grundlage für einen Vergleich der Innovationsfähigkeit dieser Wirtschaftsräume. Das vorhandene hohe Innovationspotenzial des Landes ist erwartungsgemäß innerhalb Baden-Württembergs sehr unterschiedlich verteilt. Welchen Anteil haben hierbei die einzelnen Kreise und Regionen? Wie hat sich die Innovationsfähigkeit dieser Wirtschaftsräume in der vergangenen Dekade entwickelt? Im nachfolgenden Beitrag werden die Ergebnisse und Analysen der aktuellen Berechnung 2024 vorgestellt. Der Index bewertet die Innovationsfähigkeit der Kreise und Regionen anhand einer Kennzahl, in die sechs Innovationsindikatoren einfließen. Durch eine solche Verdichtung von Informationen zu einer Kennzahl wird der Vergleich der 44 Kreise und zwölf Regionen des Landes erleichtert. Dabei gehen jedoch zwangsläufig auch Detailinformationen verloren. In diesem Aufsatz werden daher neben der Analyse der Ergebnisse des Innovationsindex 2024 auch die Ausgangsdaten der in die Berechnung einbezogenen Innovationsindikatoren der jeweiligen Wirtschaftsräume betrachtet.
Innovationsfähigkeit der Kreise in Baden-Württemberg im Vergleich
Der wirtschaftliche Erfolg einer Volkswirtschaft wird weiterhin auch von Innovationen im Industrie- und Dienstleistungssektor bestimmt werden. Aus diesem Grund benötigen Unternehmen für die Auswahl geeigneter Forschungs- und Entwicklungsstandorte, ebenso wie die Politik zur Gestaltung günstiger Rahmenbedingungen, fundierte Kenntnisse über die Innovationsfähigkeit des Landes, seiner Regionen und Kreise. Der Innovationindex 2024 bewertet die Innovationsfähigkeit in den Kreisen und Regionen im Südwesten anhand einer verdichteten Kennzahl, die aus sechs Innovationsindikatoren berechnet wurde. Im Einzelnen sind dies die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE), das FuE-Personal, die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in industriellen Hochtechnologiebranchen, die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen, die Existenzgründungen in Hochtechnologiebranchen und die Anzahl der Patentanmeldungen aus Wirtschaft und Wissenschaft (i-Punkt: »Methodische Erläuterungen«).
Im Vergleich zum Innovationsindex 2022, die Berechnung aus der Vorperiode, änderte sich die Zusammensetzung der Kreise in der Spitzengruppe: Ein Landkreis ist in die Spitzengruppe mit einem Indexwert oberhalb von 45 Indexpunkten (Wertebereich 0 bis 100) aufgestiegen und ein Stadtkreis ist in die nachfolgende Gruppe abgestiegen.
Der Landkreis Böblingen ist beim Innovationsindex 2024 weiterhin mit einem Indexwert von 71 Punkten, der Kreis mit dem höchsten Innovationspotenzial in Baden-Württemberg. In der Spitzengruppe des Innovationsvergleichs sind neben dem Landkreis Böblingen der Bodenseekreis, die Landeshauptstadt Stuttgart sowie der Stadtkreis Heidelberg mit Indexwerten von 62, 60 bzw. 59 Punkten und damit vergleichsweise hohen Innovationsfähigkeit vertreten. Auch der Landkreis Ludwigsburg und der Rhein-Neckar-Kreis sowie der Stadtkreis Karlsruhe zählen mit über 45 Indexpunkten zu dieser Gruppe.1 Der Rhein-Neckar-Kreis (Platz 6) ist der neue Kandidat in der Spitzengruppe. Der Stadtkreis Ulm ist im Vergleich zur Berechnung 2022 aus dieser Gruppe in das Mittelfeld abgestiegen (Schaubild 1).
Die Spitzenposition des Landkreises Böblingen ist unter anderem auf seine forschungsintensiven Industriebranchen zurückzuführen. Der Landkreis profitiert dabei von seiner geografischen Nähe zu Konzernzentralen und Forschungseinrichtungen großer Unternehmen im Raum Stuttgart. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt (FuE-Intensität) und die FuE-Personalintensität2 sind im Kreisvergleich seit 2015 nirgendwo höher als im Landkreis Böblingen. Darüber hinaus lag der Anteil der Beschäftigten in der industriellen Hochtechnologiebranche an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten insgesamt zuletzt mit 26 %3 deutlich über dem Landesdurchschnitt (18 %). Auch die gute Platzierung des Kreises beim Innovationsindikator Patentanmeldungen aus Wirtschaft und Wissenschaft (Rang 2) rundet das Bild eines von forschungsintensiven Branchen geprägten Kreises ab (Tabelle 1 und Schaubild 2).
Der zweitplatzierte Bodenseekreis (Indexwert: 62), mit seinem wirtschaftlichen Zentrum in Friedrichshafen, ist untrennbar mit dem Namen »Zeppelin« verbunden. Aus dem Luftschiffbau sind in der Folge mehrere international tätige Technologiekonzerne hervorgegangen. Der Landkreis zeichnet sich besonders durch hohe Forschungsressourcen, einen hohen Anteil der Beschäftigten in forschungsintensiven Industriezweigen und durch die höchste Patentdichte im Land aus (Rang 7, 6, 3 und 1 bei diesen Innovationsindikatoren). Die Patentanmeldungen4 liegen hier seit Jahren auf hohem Niveau, sind in der Vorperiode deutlich gestiegen, inzwischen ist die Zahl der Anmeldungen jedoch wieder zurückgegangen.
Die hohe Innovationsfähigkeit in der Landeshauptstadt Stuttgart, beim Innovationsindex 2024 liegt diese mit einem Indexwert von 60 Punkten auf Platz 3, wird wie im Landkreis Böblingen vor allem durch die hohe Forschungsintensität hervorgerufen, die sich auch hier in der hohen Anzahl an Patentanmeldungen widerspiegelt. In der Landeshauptstadt sind neben bedeutenden Forschungseinrichtungen des staatlichen Bereichs auch eine Vielzahl von Groß- und mittelständischen Unternehmen angesiedelt. Im staatlichen Sektor verfügt die Landeshauptstadt über zwei forschungsaktive Universitäten und über bedeutende außeruniversitäre Forschungseinrichtungen wie beispielsweise Institute der Helmholtz-Gemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft und Fraunhofer-Gesellschaft. Während im Landkreis Böblingen ein sehr hoher Beschäftigtenanteil in der forschungsintensiven Industrie erkennbar ist, sind in der Landeshauptstadt überdurchschnittlich viele Personen in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen tätig. Der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen an den insgesamt sozialversicherungspflichtig Beschäftigten beträgt im Stadtkreis Stuttgart 5 %. Dieser Wert wird nur von den drei Stadtkreisen Heidelberg (66 %), Freiburg im Breisgau (58 %) und Karlsruhe (57 %) übertroffen. Im Landesdurchschnitt liegt der Anteil bei 39 %.
Der Stadtkreis Heidelberg – die älteste Universitätsstadt Deutschlands – weist bei zwei Innovationsindikatoren das dritthöchste, bei einem das zweithöchste und bei einem weiteren Innovationsindikator das höchste ausgewiesene Niveau beim Innovationsindex 2024 auf und belegt mit einem Indexwert von 59 Punkten den vierten Platz im Innovationsvergleich der Kreise in Baden-Württemberg. In keinem Kreis ist der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen an den gesamten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten höher. Die sehr gute Platzierung bei den FuE-Ressourcen und den Existenzgründungen runden das Bild eines Kreises mit einer sehr hohen Innovationsfähigkeit ab. Neben der renommierten Ruprecht-Karls-Universität haben hier internationale Forschungseinrichtungen wie das Europäische Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL), das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) sowie vier Max-Planck-Institute ihren Standort. Darüber hinaus sichern eine Vielzahl mittelständischer Unternehmen, aber auch Weltkonzerne die Innovationskraft des Stadtkreises.
Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt zählt der Landkreis Ludwigsburg nach dem Stadtkreis Stuttgart sowie den Landkreisen Böblingen und Esslingen in Baden-Württemberg zu den Kreisen mit der höchsten Wirtschaftsleistung.5 Dieses Ergebnis ist unter anderem auch Folge der hohen Innovationskraft des Landkreises, die sich im Innovationsvergleich der Kreise in Baden-Württemberg widerspiegelt. Der Landkreis Ludwigsburg liegt bei der Berechnung 2024 auf Platz 5. Die Innovationsfähigkeit, die durch die Zulieferindustrie für den Fahrzeugbau und den Maschinenbau stark industriell geprägt ist, zeichnet sich besonders durch eine hohe Forschungsintensität und eine sehr hohe Patentdichte aus. Der Kreis belegt bei diesem Innovationsindikator den dritten Platz im Kreisvergleich in Baden-Württemberg.
Der Landkreis Rhein-Neckar-Kreis hat sich als Aufsteiger aus dem Mittelfeld nun beim Innovationsindex 2024 in der Spitzengruppe vor den Stadtkreis Karlsruhe und knapp hinter den Landkreis Ludwigsburg auf Platz 6 vorgeschoben. Diesen Platz belegt der Kreis auch beim aktuellen Ranking der Kreise in Baden-Württemberg bezogen auf das BIP.6 Dieser bevölkerungsreichste Landkreis in Baden-Württemberg liegt im Nordwesten des Landes im Regierungsbezirk Karlsruhe und gehört zur Metropolregion Rhein-Neckar. Der Landkreis zeichnet sich besonders durch hohe Forschungsressourcen, einen hohen Anteil der Beschäftigten in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen sowie eine hohe Anzahl an Existenzgründungen in Hochtechnologiebranchen im Land aus (Rang 2, 5, 8 und 6 bei diesen Innovationsindikatoren). Diese Indikatoren wurden in den letzten Jahren teilwiese deutlich ausgebaut. Die Industriestruktur des Landkreises mit der metallverarbeitenden sowie chemischen Industrie ist vielfältig und der Dienstleistungssektor hat ein sehr hohes wirtschaftliches Gewicht. Hier ist unter anderem ein bedeutendes weltweit agierendes Software-Unternehmen in Walldorf ansässig.
Der nun auf Platz 7 liegende Stadtkreis Karlsruhe mit seinen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und High-Tech-Unternehmen konnte in den vergangenen Jahren seine FuE-Ressourcen und auch seine Patentanmeldungen ausbauen. Auch die Existenzgründungen im Stadtkreis Karlsruhe erreichten, bezogen auf 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner, den höchsten Wert in Baden-Württemberg. Durch diese positive Entwicklung ist der Kreis im Ranking der Vorperiode beim Innovationsvergleich 2022 in die Spitzengruppe aufgestiegen und konnte sich auch weiterhin nun bei der aktuellen Berechnung 2024 in dieser Gruppe halten.
Entwicklung der Innovationsfähigkeit in der Spitzengruppe
Neben dem aktuellen Innovationsniveau wurde auch die Entwicklung der Innovationsfähigkeit für alle Kreise in Bezug auf das Basisjahr 2024 neu berechnet.7 In 23 Kreisen konnte für 2014 bis 2024 ein positiver Trend bezüglich der Entwicklung der Innovationsfähigkeit ermittelt werden (Berechnung 2022: 19 Kreise) und für drei Kreise ergab sich wie bereits bei der Berechnung 2022 ein negativer Trend. Bei den verbleibenden 18 der insgesamt 44 Kreise konnte keine Aussage bezüglich der Veränderung der Innovationsfähigkeit getroffen werden bzw. diese blieb im betrachteten Zeitraum vergleichsweise konstant (Tabelle 2).
Landkreis Böblingen weiterhin an der Spitze
Ausgehend von einem bereits sehr hohen Niveau hat sich in der vergangenen Dekade8 im Landkreis Böblingen das Innovationspotenzial verbessert, besonders deutlich seit der Berechnung 2018. Grund hierfür war ein starker Anstieg bei den FuE-Ressourcen und den Patentanmeldungen. 2022 war hier zwar ein leichter Rückgang festzustellen, der sich nun in 2024 nochmals deutlich verstärkt hat. Insgesamt ist der Trend bezüglich der Entwicklung der Innovationsfähigkeit in Böblingen dennoch weiterhin positiv (Schaubild 3).9 Ein Rückgang der Innovationsfähigkeit ab 2022 konnte auch für den Bodenseekreis, Heidelberg und Karlsruhe festgestellt werden. Insgesamt lag im längerfristigen Berechnungszeitraum 2014 bis 2024 dennoch in diesen und damit in sechs der sieben Kreise der Spitzengruppe ein vergleichsweise stabiler, aufwärts gerichteter Trend bezüglich der Entwicklung der Innovationsfähigkeit vor. Hingegen zeigt die Trendberechnung für den Landkreis Ludwigsburg im Betrachtungszeitraum bezüglich der Entwicklung der Innovationsfähigkeit eine insgesamt weitgehend unveränderte Innovationskraft an.
Mittelfeld: dynamische Entwicklung der Innovationsfähigkeit
Die Gruppe der Kreise mit einer mittleren Innovationsfähigkeit ist mit 26 Kreisen groß und bezogen auf die Indizes teilweise dicht besetzt. Bei der Bewertung des Rangs ist daher zu berücksichtigen, dass ein geringer Unterschied im Index bereits zu Rangunterschieden von mehreren Plätzen führen kann, dies weist aber nicht immer auf einen signifikanten Unterschied im Innovationsvergleich hin, siehe beispielsweise im Ranking die Kreise mit einem Indexwert von rund 29 Indexpunkten. Gerade im Mittelfeld des Innovationsvergleichs zeigt sich ein dynamisches Bild bezüglich der Veränderung der Innovationsfähigkeit. Hier befinden sich insgesamt 13 der 23 Kreise, deren Innovationsfähigkeit sich innerhalb der zurückliegenden Dekade mit einem positiven Trend entwickelt hat, aber auch die drei Kreis in denen der Trend in die andere Richtung weist.
An oberster Stelle des Mittelfeldes befindet sich der Stadtkreis Ulm, der im Innovationsindex 2024 nun den achten Platz belegt. Im Vergleich zum Innovationsindex 2022 ist dieser Stadtkreis nun aus der Spitzengruppe in das Mittelfeld abgestiegen. Bereits in der Berechnung 2020 und 2022 ist der Kreis jeweils um einen Rangplatz zurückgefallen. Hier drehte der positive Trend im Berechnungsjahr 2016 und inzwischen ist ein negativer Trend bezüglich der Entwicklung der Innovationsfähigkeit festzustellen (Schaubild 4). Das Innovationsniveau im Stadtkreis Ulm ist dennoch weiterhin hoch: Immerhin liegen fünf der sechs betrachteten Innovationsindikatoren über dem Landesdurchschnitt. Lediglich beim Anteil der Beschäftigten in der forschungsintensiven Industrie, bezogen auf die Kreise in Baden-Württemberg, wurde ein unterdurchschnittlicher Wert ermittelt. Drei Innovationsindikatoren des Kreises weisen im Landesvergleich einen einstelligen Rangplatz auf und zwei liegen nur knapp darüber. Ulm als Zentrum der länderübergreifenden Region Donau-Iller ist sowohl traditionsreicher Standort der Nutzfahrzeugindustrie als auch der Branchen Gesundheits-, Pharmazie- und Biotechnologie.
Auf den Plätzen 9 bis 11 im Ranking des Innovationsindex 2024 folgen die Landkreise Tübingen, Heilbronn und Biberach, die Indexwerte liegen hier jeweils über 40 Punkten. Diese Kreise weisen inzwischen bei drei der sechs betrachteten Innovationsindikatoren ein hohes Niveau auf und liegen im Vergleich der Kreise im Ranking dieser Indikatoren im einstelligen Bereich. Neben den FuE-Ressourcen weisen die Landkreise Heilbronn und Biberach einen hohen Anteil der Beschäftigten in forschungsintensiven Industriezweigen aus. Hingegen sind im Landkreis Tübingen erwartungsgemäß neben den FuE-Ressourcen der Anteil der Beschäftigten in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen überdurchschnittlich hoch.
Der Landkreis Heilbronn ist in der zurückliegenden Dekade mit einer vergleichsweisen hohen Innovationsdynamik im Mittelfeld an die Spitze vorgerückt. Inzwischen ist hier jedoch trotz einem insgesamt noch positiven Trend ein Rückgang der Innovationsfähigkeit in den letzten 2 Berechnungsjahren festzustellen. Im Kreis Heilbronn sind unter anderem Entwicklungsstandorte von Unternehmen wie Audi, BOSCH, Rheinmetall-Automotive und Bechtle ansässig.
In der Gruppe des Mittelfelds konnten nicht alle Kreise ihre Innovationsfähigkeit in den vergangenen Jahren verbessern. Neben dem Stadtkreis Ulm wurde auch im Landkreis Heidenheim und im Stadtkreis Baden-Baden ein negativer Trend bezüglich der Entwicklung der Innovationsfähigkeit ermittelt. Auch in diesen beiden Kreisen ging die Innovationfähigkeit im Berechnungszeitraum der zurückliegenden Dekade im Vergleich zu den insgesamt in die Berechnung einbezogenen Kreisen zurück. In zehn weiteren Kreisen dieser Gruppe lag die Steigung der Trendgeraden inzwischen im Bereich von ±0,25 Indexpunkten, die Veränderung der Innovationsfähigkeit war damit im Berechnungszeitraum vergleichsweise konstant.10
Aus der Schlussgruppe der zurückliegen den Indexberechnung 2022 sind nun in der aktuellen Berechnung zwei Kreise in die Gruppe des Mittelfeldes aufgestiegen: Die Landkreise Emmendingen und der Hohenlohekreis befinden sich inzwischen beim Innovationindex 2024 auf Platz 27 bzw. 30 im Innovationsvergleich der Kreise in Baden-Württemberg.
Der Schlussgruppe sind damit beim Innovationsindex 2024 nun elf der 44 Kreise in Baden-Württemberg mit einem Indexwert von unter 20 Punkten zugeordnet. Für vier dieser elf Kreise (Sigmaringen, Ortenaukreis, Main-Tauber-Kreis und Waldshut) wurde dabei ein positiver und für sieben dieser Kreise ein stabiler Trend bezüglich der Entwicklung der Innovationsfähigkeit ermittelt.
Innovationspotenzial der Regionen Baden-Württembergs im Vergleich
Auf Ebene der Regionen liegt Stuttgart im Ranking des Innovationsvergleichs innerhalb Baden-Württembergs an der Spitze. Die Region Stuttgart ist damit nicht nur die wirtschaftsstärkste Region11 im Land, sondern auch unangefochten die Region mit der höchsten Innovationsfähigkeit (Schaubild 5). Mit einem Indexwert von 48 Punkten liegt sie deutlich über dem durchschnittlichen Innovationsniveau der Kreise im Land (Indexwert: 36 Punkte). Die hohe Innovationsfähigkeit Baden-Württembergs konzentriert sich damit zu einem beachtlichen Teil auf diese Region. Hier befinden sich mit dem Stadtkreis Stuttgart (Indexwert: 60 Punkte) sowie den Landkreisen Böblingen (Indexwert: 71 Punkte) und Ludwigsburg (Indexwert: 46 Punkte) drei Kreise aus der Spitzengruppe des Innovationsvergleichs. Die übrigen Landkreise dieser Region liegen im Mittelfeld des Innovationsvergleichs (Esslingen, Rems-Murr-Kreis und Göppingen, Indexwerte: 35, 28 bzw. 21 Punkte). Das Innovationspotenzial ist somit in der Region Stuttgart sehr unterschiedlich verteilt. Die Spannweite umfasst aktuell einen Bereich von 50 Indexpunkten. Im Vergleich zum Jahr 2012 hat sich das durchschnittliche Innovationspotenzial der Region insgesamt verbessert, aber auch die Unterschiede bezüglich der Innovationsfähigkeit innerhalb der Region Stuttgart sind weiter gestiegen (Schaubild 6).
Das zweithöchste Innovationspotenzial im Vergleich der Regionen wurde, wie bereits vor 2 Jahren, für die Region Rhein-Neckar ermittelt. Das gute Abschneiden der Region Rhein-Neckar, mit dem auf Kreisebene viertplatzierten Stadtkreis Heidelberg (Indexwert: 59 Punkte) und dem nun auf dem sechsten Platz liegenden Landkreis Rhein-Neckar-Kreis (Indexwert: 46 Punkte), rundet das Bild einer Region ab, die beim Bildungsstand der Bevölkerung und bei der Studierendendichte die höchsten Werte im Land aufweist. Des Weiteren liegen hier auch der auf dem 18. Platz liegende Stadtkreis Mannheim (Indexwert: 34 Punkte) und der Landkreis Neckar-Odenwald-Kreis (Indexwert: 15 Punkte). Der Stadtkreis Mannheim konnte sich zwar bei der vorherigen Berechnung deutlich verbessern, ist aber nun bei der Index-Berechnung 2024 wieder zurückgefallen. Lediglich im Neckar-Odenwald-Kreis liegt das Innovationspotenzial mit einem Indexwert von nur 15 Punkten fast am Ende der Skala. Damit ist auch hier, wie in der Region Stuttgart, das Innovationspotenzial sehr ungleich verteilt. Die Spannweite belief sich bei der Berechnung 2024 auf 44 Indexpunkte und hat sich im Vergleich zum Berechnungsjahr 2014 ebenfalls vergrößert. Der Grund hierfür ist die bereits erwähnte positive Entwicklungen der Innovationsindikatoren im Landkreis Rhein-Neckar-Kreis, die zu einer Verbesserung des Innovationsfähigkeit führten.
Für die aus vier Kreisen bestehende Region Mittlerer Oberrhein wurde in der aktuellen Berechnung zum Innovationsindex ein Innovationspotenzial von 37 Indexpunkten ermittelt. Mit ihrer hohen Präsenz an Forschungseinrichtungen im Stadt- und Landkreis Karlsruhe sowie bedeutenden Betriebstätten im Landkreis Rastatt liegt diese Region über dem durchschnittlichen Innovationsniveau in Baden-Württemberg. Hier hat sich das Innovationspotenzial in der letzten Dekade besonders im Stadtkreis Karlsruhe und im Landkreis Rastatt verbessert, damit sind auch die Unterschiede bezüglich der Innovationsfähigkeit innerhalb der Region deutlich gestiegen.
Die Region Bodensee-Oberschwaben hat den Sprung über das durchschnittliche Innovationspotenzial des Landes bereits 2022 geschafft, in 2024 wurde dieses Ergebnis bestätigt und die Region liegt nun mit einem Indexwert von 37 Punkten auf Rang 4 im Vergleich der Regionen. In dieser Region befindet sich der Bodenseekreis, ein Landkreis, der seine Innovationsfähigkeit inzwischen deutlich verbessert und damit die Positionierung unter den Regionen stark beeinflusst hat. Die weiteren zwei Landkreise dieser Region, Ravensburg und Sigmaringen, liegen aktuell mit einem Indexwert von 25 bzw. knapp 20 im Mittelfeld bzw. in der Schlussgruppe des Rankings, wobei Sigmaringen seine Innovationsfähigkeit im Betrachtungszeitraum vergleichsweise ausbauen konnte. Das Innovationspotenzial ist damit in dieser Region sehr unterschiedlich verteilt. Die Spannweite umfasst aktuell einen Wertebereich von 42 Indexpunkten, die Region konnte jedoch ihr Innovationspotenzial insgesamt verbessern, wie auch die Region Hochrhein-Bodensee.
Ein im Landesvergleich leicht unterdurchschnittliches Innovationspotenzial von knapp 36 Punkten wurde für die Region Donau-Iller ermittelt. Zu ihrer Innovationsfähigkeit tragen vor allem der Stadtkreis Ulm und der Landkreis Biberach mit Indexwerten von 44 bzw. 41 Punkten bei, der ebenfalls zugehörige Alb-Donau-Kreis platziert sich hingegen im Kreisvergleich mit 18 Punkten in der Schlussgruppe. Damit ist auch in dieser Region das Innovationspotenzial sehr ungleich verteilt. Die Spannweite belief sich 2024 auf 26 Indexpunkte.
Die traditionell stark industriell geprägte und von der Fläche sowie Einwohnerzahl hierzulande kleinste Region Ostwürttemberg belegte mit ihren beiden zugehörigen Landkreisen Ostalb und Heidenheim mit 34 Indexpunkten im Vergleich der Regionen beim Innovationsindex 2024 Platz 7 und ist gegenüber 2022 einen Platz zurückgefallen. Den sechsten Platz im Ranking der Regionen hat nun die Region Neckar-Alb übernommen. Hintergrund hierfür ist die positive Entwicklung der Innovationsfähigkeit im Landkreis Reutlingen sowie dem Stadtkreis Tübingen. Aber auch die negative Entwicklung der Innovationsindikatoren im Betrachtungszeitraum im Landkreis Heidenheim, in der nun siebtplatzierten Region Ostwürttemberg, hat hierzu beigetragen.
Die übrigen sieben Regionen in Baden-Württemberg schneiden beim Innovationsindex 2024 zum Teil deutlich unterdurchschnittlich ab. Das geringste Innovationspotenzial im Vergleich der Regionen wurde wie auch bei früheren Berechnungen zum Innovationsindex für die Regionen Nordschwarzwald und Hochrhein-Bodensee ermittelt. In der Region Nordschwarzwald veränderte sich das durchschnittliche Innovationspotenzial im Berechnungszeitraum 2014 bis 2024 nur unwesentlich, während sich in der Region Hochrhein-Bodensee ein positiver Trend bezüglich der Verbesserung der Innovationsfähigkeit abzeichnet.
Ranking kritisch betrachtet
Die vorliegende Analyse der regionalen Innovationsfähigkeit vergleicht alle Kreise in Baden-Württemberg unabhängig von ihrem wirtschaftlichen Schwerpunkt. Liegt dieser weniger im technologisch, industriellen Bereich und beruht damit auf anderen Faktoren, rücken die jeweiligen Kreise im Ranking zwangsläufig nach hinten. Bei der Bewertung der Rangplätze ist auch zu berücksichtigen, dass hier relativ kleine regionale Einheiten betrachtet werden. Innnovationsaktivitäten sind jedoch nicht lokal begrenzt, sie wirken über Kreisgrenzen, in Nachbarkreise und -regionen hinweg bis ins ganze Land. Durch diese überregionalen Spillover-Effekte profitieren gegebenenfalls auch weniger innovative Kreise. Ihre Erfassung und Bewertung ist bei der Berechnung des Index jedoch nicht möglich.
Auswahl der Indikatoren kritisch betrachtet
In die Berechnung des Innovationsindex fließen sechs Einzelindikatoren ein, die eine vergleichende Bewertung der Innovationsfähigkeit von Regionen ermöglichen sollen. Die Anzahl, Auswahl und Gewichtung der eingesetzten Indikatoren hat dabei einen nicht unerheblichen Einfluss auf das Ergebnis. Bei deren Auswahl stehen die Validität und Reliabilität jedes einzelnen Indikators im Vordergrund. Als innovationsrelevante Indikatoren wurden in die Berechnung des Innovationsindex 2024 die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE), das FuE-Personal, die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in industriellen Hochtechnologiebranchen, die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in wissensintensiven Dienstleistungsbranchen, die Existenzgründungen in Hochtechnologiebranchen und die Anzahl der Patentanmeldungen aus Wirtschaft und Wissenschaft einbezogen (i-Punkt: »Methodische Erläuterungen«). Um die interregionale Vergleichbarkeit zu gewährleisten, wurden diese Indikatoren beispielsweise auf die Wirtschaftsleistung, auf die Erwerbstätigen oder die Einwohnerinnen und Einwohner der jeweiligen Regionen bezogen. Wie lässt sich nun das Innovationpotenzial anhand dieser Indikatoren messen? Die naheliegende Annahme ist, dass Regionen mit starker Innovationsfähigkeit auch einen hohen Wert bei den zuvor aufgeführten Indikatoren aufweisen. Dennoch wird jeder dieser Indikatoren nur in einem Teilaspekt durch die Innovationsfähigkeit bestimmt. Beispielsweise muss der »klassische« Input-Faktor im Innovationsprozess, der FuE-Aufwand, nicht zwangsläufig zu erfolgreichen Innovationen führen. Oder misst der »klassische« Output-Faktor Patentanmeldungen den tatsächlichen Innovationserfolg? Eine hohe Anzahl an Patentanmeldungen muss nicht zwangsläufig mit einer hohen Qualität einhergehen. Inwieweit das Patent überhaupt für einen wirtschaftlichen Erfolg genutzt wird, ist ebenfalls zunächst unklar. Auch der Indikator Existenzgründungen ist ein klassischer Output-Faktor im Innovationsprozess. Beeinflusst wird die Variable jedoch auch durch die Konjunktur, durch veränderte rechtliche Rahmenbedingungen oder durch andere Einflüsse, die sich der Kategorisierung entziehen.
Fazit
Von den insgesamt 44 Stadt- und Landkreisen des Landes befinden sich in der aktuellen Berechnung zum Innovationsindex auf Kreisebene in Baden-Württemberg 2024 sieben Kreise in der Spitzengruppe mit einem Indexwert über 45 Punkten. Dabei belegt der Landkreis Böblingen erneut den Spitzenplatz mit einem Indexwert von 71 Punkten. Im Landesdurchschnitt liegt dieser Wert bei 36 Punkten. Das Ergebnis der aktuellen Berechnung bestätigt damit die seit Jahren ermittelte hohe Innovationsfähigkeit in diesem Landkreis. Zur Spitzengruppe zählen außerdem der Bodenseekreis, die Landeshauptstadt Stuttgart, der Stadtkreis Heidelberg, der Landkreis Ludwigsburg, der Rhein-Neckar-Kreis und der Stadtkreis Karlsruhe. Besonders deutlich konnte der Rhein-Neckar-Kreis seine Innovationsfähigkeit in den vergangenen Jahren ausbauen und ist somit bei der aktuellen Berechnung 2024 mit einem Indexwert von 46 Punkten unter die sieben Spitzenreiter aufgestiegen.
Die Spannweite des Innovationspotenzials, das heißt der Abstand zwischen dem Kreis mit dem niedrigsten Indexwert von aktuell knapp 15 Indexpunkten, dem Neckar-Odenwald-Kreis, und dem Landkreis Böblingen, der mit 71 Punkten die höchste Innovationsfähigkeit aufweist, hat sich 2024 bezogen auf alle Kreise in Baden-Württemberg gegenüber 2014 von 51 auf 56 Indexpunkte erhöht.
Für die vergangene Dekade wurde in der aktuellen Berechnung zum Innovationsindex in 23 Kreisen ein positiver Trend und für drei Kreise ein negativer Trend bezüglich der Entwicklung ihrer Innovationsfähigkeit ermittelt. In den übrigen 18 Kreisen blieb die Innovationsfähigkeit im betrachteten Zeitraum vergleichsweise konstant.
Der Innovationsindex, der vom Statistischen Landesamt Baden-Württemberg für die Kreise und Regionen des Landes berechnet wird, erleichtert den Vergleich der Innovationsfähigkeit dieser Wirtschaftsräume. Innovationen lassen sich jedoch nur indirekt messen und bewerten. Um die Vielfalt und Komplexität von Innovationen abzubilden, werden verschiedene Indikatoren ausgewertet und zu einer Kennzahl aggregiert. Dabei gehen jedoch zwangsläufig auch Detailinformationen verloren, wie die kritische Betrachtung der Analyse zeigt.