Wie stark wird die duale Berufsausbildung von der demografischen Entwicklung beeinflusst?
Die Zahl der Jugendlichen, die sich um einen Ausbildungsplatz im Rahmen der dualen Berufsausbildung bewerben, ist in den vergangenen 15 Jahren tendenziell zurückgegangen. Ist dies auf eine mangelnde Attraktivität der dualen Ausbildung zurückzuführen oder einfach eine unausweichliche Folge der demografischen Entwicklung? Zum zweiten Teil der Frage kann die amtliche Statistik aus verschiedenen Quellen Aufschluss geben. Grundsätzlich hat sich die Neigung Jugendlicher zur Aufnahme einer dualen Berufsausbildung gegenüber den Verhältnissen von vor 10 bis 15 Jahren verringert. Jedoch war in den letzten Jahren eine Stabilisierung zu erkennen. Die Coronapandemie hat allerdings einen tiefen Einschnitt bewirkt, dessen Folgen noch nachwirken. Es haben aber auch andere Faktoren die Entwicklung der Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge beeinflusst.
Vor dem Hintergrund des anstehenden Eintritts in den Ruhestand der »Babyboomer-Generation« der 1960er-Jahre wird von vielen Seiten vor einem drohenden Fachkräftemangel als Hemmschuh für die weitere Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Deutschland gewarnt.1 Ein zentraler Ansatzpunkt für die die Gewinnung neuer Fachkräfte ist die duale Berufsausbildung. Um das Potenzial dieses Instruments besser einschätzen zu können, lohnt sich ein Blick auf die Rahmenbedingungen, welche die demografische Entwicklung vorgibt.
Die Pandemie hat tiefe Spuren auf dem Ausbildungsmarkt hinterlassen
Im Jahr 2008 war bei der Zahl der Auszubildenden in Baden-Württemberg mit 213 708 der höchste Wert seit der Jahrtausendwende erreicht worden. Das gleiche galt für die Zahl der 81 809 in diesem Jahr neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge. Bis 2016 sank die Zahl der Auszubildenden beständig auf 189 931 und die Zahl der Neuabschlüsse auf 73 698. Zwischen 2015 und 2019 war ein recht gleichbleibendes Niveau der Zahl der Auszubildenden und der Neuabschlüsse zu verzeichnen. Die Auszubildendenzahl lag konstant um 190 000 und die Zahl der Neuabschlüsse bewegte sich zwischen 72 900 und gut 74 600.
Mit dem Ausbruch der Coronapandemie im Jahr 2020 ging die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge gegenüber dem Vorjahr um über 6 200 auf 66 683 zurück. Dementsprechend sank auch die Zahl der Auszubildenden um rund 5 300 auf 185 098. Auch im Jahr 2021 konnte sich der Ausbildungsstellenmarkt noch nicht erholen. Die Zahl der Neuabschlüsse verringerte sich weiter auf 65 252, die der Auszubildenden auf 178 647 (Schaubild 1). Gegenüber dem Stand des Jahres 2010 hatte sich die Zahl der Auszubildenden somit um 13 % reduziert und die der Neuverträge um knapp 14 %.
Das Durchschnittsalter der Auszubildenden ist angestiegen …
Um die Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf die Zahlen der Auszubildenden und der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge abzuschätzen, ist es notwendig, die Altersverteilung der Auszubildenden zu betrachten. Da insbesondere das Alter, in dem ein Ausbildungsvertrag abgeschlossen wird, die Entwicklung der Altersstruktur der Auszubildenden bestimmt, wird im Folgenden die Altersverteilung der Auszubildenden mit neu abgeschlossenem Ausbildungsvertrag dargestellt. Im Jahr 2007 gehörten 69 % von diesen zur Altersgruppe der 15- bis unter 20-Jährigen und 27 % zu den 20- bis unter 25-Jährigen. 25 Jahre alt oder älter waren lediglich 4 % derjenigen, die einen Ausbildungsvertrag neu abgeschlossen hatten. Der am stärksten besetzte Altersjahrgang waren die 17-Jährigen mit einem Anteil von 22 %, gefolgt von den 18-Jährigen mit knapp 19 % und den 19-Jährigen mit gut 14 %. Immerhin 12 % der Neuverträge wurden von 16-Jährigen abgeschlossen (Schaubild 2).
In den Jahren bis 2021 hat sich diese Altersverteilung deutlich verändert. Zur Altersgruppe der 15- bis unter 20-Jährigen gehörten nur noch 56 %, 13 Prozentpunkte weniger als im Jahr 2007. Der Anteil der 20- bis unter 25-Jährigen stieg dagegen um 7 Prozentpunkte auf 34 % an. Der Anteil der 25-Jährigen und älteren hatte sich auf 10 % mehr als verdoppelt. Die 17-Jährigen hatten über 7 Prozentpunkte verloren und waren nur noch mit 15 % an den neuen Vertragsabschlüssen beteiligt. Damit war ihr Anteil geringer als der der 18-Jährigen mit knapp 16 % und gleichauf mit dem Anteil der 19-Jährigen.
Die Auszubildenden sind somit im Durchschnitt in den letzten Jahren immer älter geworden. Das arithmetische Mittel des Alters der Auszubildenden mit neu abgeschlossenem Ausbildungsvertrag stieg von 2007 bis 2021 von 19 auf 20 Jahre. Der bei einer solch ungleichmäßigen Altersverteilung aussagekräftigere Median2 erhöhte sich in diesem Zeitraum von 18 auf 19 Jahre.
… und sie verfügen über höhere Bildungsabschlüsse
Ein Grund für das steigende Durchschnittsalter der Auszubildenden dürfte ein längerer vorheriger Besuch allgemeinbildender Schulen sein, um einen höheren Schulabschluss zu erlangen. Im Jahr 2007 hatten 35 % der Auszubildenden, die einen Ausbildungsvertrag neu abgeschlossen hatten, einen Hauptschulabschluss. Gut 44 % verfügten über einen mittleren Abschluss und rund 15 % besaßen mit der Hochschul- oder der Fachhochschulreife eine Hochschulzugangsberechtigung. Etwas mehr als 2 % hatten ohne Hauptschulabschluss einen Ausbildungsplatz gefunden und bei knapp 4 % war der Abschluss nicht zuordenbar, zumeist, weil dieser im Ausland erworben worden war.
Der mittlere Schulabschluss blieb im gesamten betrachteten Zeitraum bis 2021 die häufigste schulische Vorbildung der Auszubildenden. Seine Anteile lagen weitestgehend im Bereich zwischen 44 % und 48 %. Im Jahr 2021 hatten rund 45 % der Auszubildenden mit neuem Vertrag einen solchen Abschluss in der Tasche. Dagegen verlor der Hauptschulabschluss an Boden. Im Jahr 2021 hatte er noch einen Anteil von gut 22 % und damit fast 13 Prozentpunkte gegenüber dem Wert aus dem Jahr 2007 eingebüßt. Im Gegenzug war der Anteil der Neuabschlüsse von Auszubildenden mit Hochschulzugangsberechtigung um 13 Prozentpunkte auf 28 % angestiegen. Seit 2016 schließen mehr Auszubildende mit Hochschulzugangsberechtigung einen Ausbildungsvertrag ab als Auszubildende mit Hauptschulabschluss. Dies zeigt, dass die duale Berufsausbildung von Jugendlichen mit Hochschulzugangsberechtigung durchaus als Alternative zu einem Hochschulstudium wahrgenommen wird.
Die Attraktivität der dualen Ausbildung hat sich stabilisiert
Es stellt sich die Frage, ob die Jugendlichen den Start in eine duale Berufsausbildung nur zeitlich verschieben oder ob grundsätzlich seltener eine solche Ausbildung angestrebt wird. Einen Anhaltspunkt zur Beantwortung dieser Frage kann die Berechnung von altersspezifischen Ausbildungsquoten liefern (i-Punkt).
Für den Geburtsjahrgang 1992 lässt sich auf Grundlage der Daten der Berufsbildungsstatistik bis 2021 die Ausbildungsquote bis zum Erreichen des 29. Lebensjahrs ermitteln. Diese liegt bei 63,4 %. Die Ausbildungsquote bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs ergibt für diesen Geburtsjahrgang den Wert von 61,3 %. In den Geburtsjahrgängen 1994 und 1996 erreicht die Quote für das 25. Lebensjahr mit 59,8 % bzw. 56,9 % deutlich niedrigere Werte. Dies legt nahe, dass ein spürbar geringerer Teil dieser Jahrgänge eine duale Ausbildung begonnen hat. Diese Tendenz zeigt sich über den gesamten bisher auswertbaren Verlauf der Ausbildungsquoten für diese Geburtsjahrgänge. Dabei liegt der Geburtsjahrgang 1996 mit noch deutlicherem Abstand unter dem Jahrgang 1994 als dieser unter dem Jahrgang 1992 (Schaubild 3).
Der bisherige Verlauf der Ausbildungsquote für den Geburtsjahrgang 1998 liegt dagegen nur noch wenig unter dem des Jahrgangs 1996. Auch für die folgenden Jahrgänge sind bislang nur kleine Unterschiede festzustellen. Damit scheint – zumindest bis zum Jahr 2019 – der grundsätzliche Rückgang der Aufnahme einer dualen Berufsausbildung gestoppt worden zu sein. Bei Erreichung des 20. Lebensjahrs lag die Quote für den Geburtsjahrgang 1996 bei 44,6 %, für die Geburtsjahrgänge 1997 bis 2001 rangierten diese im Bereich von 43,1 % bis 43,9 % und waren somit nur wenig niedriger. Betrachtet man bei den Geburtsjahrgängen die Teilquoten für die einzelnen Altersjahre, ist tatsächlich ein gewisser »Nachholeffekt« zu erkennen. Bei den Geburtsjahrgängen ab 1997 liegen die Teilquoten im Alter bis zu 18 Jahren meist mehr oder weniger deutlich unter den Quoten früherer Geburtsjahrgänge. Ab dem Alter von 19 Jahren liegen sie dagegen meist höher. Dadurch ist in der Summe nur noch ein geringer Effekt feststellbar. Dies galt bis 2019.
Durch den Einbruch auf dem Ausbildungsmarkt aufgrund der Coronapandemie sind die Ausbildungsquoten im Jahr 2020 anders als in den Vorjahren für alle Altersjahre gesunken. Besonders stark trifft dies auf die Altersjahrgänge zu, in denen typischerweise eine duale Ausbildung begonnen wird. Bei den 16-Jährigen verringerte sich die Ausbildungsquote von knapp 7 % auf 6,6 %, bei den 17-Jährigen von 9,9 % auf knapp 9,4 %, bei den 18-Jährigen von 10,1 % auf 9,4 %, bei den 19-Jährigen von 9,2 % auf 8,5 % und bei den 20-Jährigen von gut 7,1 % auf 6,6 %. Im Jahr 2021 war auch mit Blick auf die Ausbildungsquoten noch kein Erholungseffekt zu erkennen. Bei den 16-Jährigen sank die Quote weiter auf 6 % und bei den 17-Jährigen auf 9,1 %. Bei den 18- und 19-Jährigen war die Quote nahezu unverändert. Nur bei den 20-Jährigen war ein leichter Anstieg auf 6,8 % zu verzeichnen. Es wird sich zeigen, ob es gelingt die Jugendlichen, die zunächst auf eine duale Berufsausbildung verzichtet haben, in »höherem Alter« hierfür zu gewinnen.
Günstige Rahmenbedingungen zu Beginn des letzten Jahrzehnts
Auch wenn der Anteil der 15- bis unter 20-Jährigen an den Auszubildenden mit neu abgeschlossenem Ausbildungsvertrag von 2010 bis 2021 von 63 % auf 56 % zurückgegangen ist, folgt die Zahl der Vertragsabschlüsse in groben Zügen der Entwicklung der Bevölkerungszahl dieser Altersgruppe. In einigen Jahren sind jedoch Abweichungen von der Bevölkerungsentwicklung erkennbar (Schaubild 4). Um diese Abweichungen näher zu analysieren, können die Ausbildungsquoten herangezogen werden. Hierfür werden die Ausbildungsquoten für 1 Jahr festgehalten und mit diesen Quoten und den Besetzungszahlen der einzelnen Altersjahrgänge aus der Bevölkerungsfortschreibung die weitere Entwicklung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge in den Folgejahren berechnet. Aus dieser Berechnung ergibt sich, wie sich die Zahl der Vertragsabschlüsse allein auf Basis der demografischen Gegebenheiten entwickelt hätte. Die Berechnung dieser fiktiven Entwicklung wird hier für die drei Zeitpunkte 2010, 2015 und 2020 durchgeführt.
Gemäß den Ausbildungsquoten des Jahres 2010 hätte die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge bis 2018 in einer leichten Wellenbewegung im Bereich zwischen rund 73 500 und 76 000 gelegen. Tatsächlich waren jedoch 2011 und 2012 deutlich mehr Vertragsabschlüsse zu verzeichnen. Besonders deutlich wird dies, wenn man in einer Grafik die tatsächliche Entwicklung als »Nulllinie« nimmt und nur die Abweichungen hiervon darstellt (Schaubild 5). In den Jahren 2011 und 2012 wurden rund 4 200 bzw. 3 700 Ausbildungsverträge mehr abgeschlossen als nach den Ausbildungsquoten des Jahres 2010 zu erwarten gewesen wäre. In diesen Jahren war die Zahl der Schülerinnen und Schüler in berufsvorbereitenden Bildungsgängen ohne Anrechnungsmöglichkeit auf eine Berufsausbildung3 stark zurückgegangen. Es liegt somit nahe, dass in diesen Jahren der Zugang zum Ausbildungsmarkt leichter war und dementsprechend weniger berufsvorbereitende Bildungsgänge in Anspruch genommen werden mussten.
Nach 2015 werden Geflüchtete in den Ausbildungsmarkt integriert
In den Jahren 2015 und 2016 lag die Zahl der Vertragsabschlüsse dagegen jeweils um mehr als 2 000 unter dem mit den Quoten des Jahres 2010 berechneten Wert. In diesen Jahren war die Zahl der Schülerinnen und Schüler in berufsvorbereitenden Bildungsgängen ohne Anrechnungsmöglichkeit sehr stark angestiegen. Dies war in erster Linie auf den Zustrom von Schutzsuchenden im Jahr 2015 zurückzuführen. Hierunter waren viele Jugendliche, die zunächst berufsvorbereitende Bildungsgänge besuchten, um Deutschkenntnisse und im Anschluss daran grundlegende berufliche Fertigkeiten zu erwerben. Dies zeigt, dass auch die demografischen Rahmenbedingungen kurzfristig von externen Faktoren beeinflusst werden können.
In den Jahren 2017 bis 2019 lag die tatsächliche Entwicklung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge dagegen deutlich oberhalb der Werte, die sich gemäß den für das Jahr 2015 berechneten Ausbildungsquoten ergeben hätten. Die Eintritte in berufsvorbereitende Bildungsgänge ohne Anrechnungsmöglichkeit sind in diesem Zeitraum deutlich zurückgegangen. Dies war auch zu erwarten, da der Zustrom von Schutzsuchenden in diesen Jahren deutlich nachgelassen hatte. Diejenigen, die 2015 gekommen waren, hatten zu dieser Zeit die berufsvorbereitenden Bildungsgänge durchlaufen und konnten zunehmend in den Ausbildungsmarkt integriert werden.
Die Pandemie lässt Jugendliche nach Alternativen zur dualen Ausbildung suchen
Der Ausbruch der Coronapandemie hatte 2020 einen tiefen Einschnitt in die Entwicklung der Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge zur Folge. Im Jahr 2019 lag die Zahl der Abschlüsse noch um gut 2 700 über der bei Konstanthaltung der Ausbildungsquoten von 2015 zu erwartenden Zahl. Im Jahr 2020 lag sie dagegen um fast 1 800 darunter. Im Gegensatz zu dieser Entwicklung bei der dualen Berufsausbildung stiegen an beruflichen Schulen die Neueintritte sowohl in Bildungsgänge zum Erwerb einer Hochschulzugangsberechtigung4 als auch in Bildungsgänge, die auf eine Ausbildung angerechnet werden können, an. Bei Letzteren profitierten insbesondere die Berufskollegs, die die Grundlage für den darauf aufbauenden Besuch der Berufskollegs mit dem vorrangigen Ziel des Erwerbs der Fachhochschulreife darstellen. Bei den 1-jährigen gewerblichen Berufsfachschulen, die eine berufliche Grundbildung im Rahmen einer angestrebten dualen Berufsausbildung vermitteln, ging die Schülerzahl dagegen um 7 % gegenüber 2019 zurück. Auch die Neueintritte in eine schulische Berufsausbildung5 verzeichneten einen deutlichen Rückgang. Viele Jugendliche hatten sich wohl unter diesen Rahmenbedingungen dafür entschieden, eher einen weiteren allgemeinbildenden Abschluss anzustreben als sich auf eine Berufsausbildung festzulegen.
Für Schulabsolventinnen und -absolventen mit Hochschulzugangsberechtigung ist die Aufnahme eines Studiums eine andere naheliegende Alternative zu einer dualen Berufsausbildung. Die Übergangsquote auf die Hochschulen ist im Wintersemester 2020/21 für Absolventinnen und Absolventen mit Hochschulreife gegenüber dem Vorjahr von 36 % auf 40 % und für Absolventinnen und Absolventen mit Fachhochschulreife von 23 % auf 26 % angestiegen. Ob diese Zunahme einen Einfluss auf den Rückgang der Zahl neu abgeschlossenere Ausbildungsverträge hatte, ist jedoch unklar. Immerhin blieb der in den zurückliegenden Jahren angestiegene Anteil der Jugendlichen mit Hochschulzugangsberechtigung in der dualen Berufsausbildung 2020 im Vergleich zu 2019 konstant bei 27 %. Im Jahr 2021 ist dieser sogar weiter auf 28 % angestiegen. Ein näherliegender Grund für die Erhöhung der Übergangsquoten an die Hochschulen dürfte jedoch die durch die Coronapandemie verursachte extreme Einschränkung von Möglichkeiten sein, nach dem Abitur eine gewisse Zeit im Ausland zu verbringen. Hierdurch war eine beliebte Alternative zur direkten Aufnahme eines Studiums praktisch nicht mehr gegeben.
Das Jahr 2021 hat noch keine Erholung auf dem Ausbildungsstellenmarkt gebracht. Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge ist noch einmal um gut 2 % auf 65 252 zurückgegangen. Dieser Rückgang war sogar noch etwas stärker als bei Konstanz der Ausbildungsquoten auf dem Niveau des Jahres 2020 erwartbar gewesen wäre. Die Zahl der Eintritte in eine schulische Berufsausbildung und auch in berufsvorbereitende Bildungsgänge ist dagegen im Jahr 2021 wieder angestiegen.
Demografie lässt weiteren leichten Rückgang erwarten
Für eine Abschätzung der künftigen Entwicklung der Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge, die sich aufgrund der erwarteten demografischen Entwicklung ergeben würde, können die Ausbildungsquoten mit den Ergebnissen der Bevölkerungsvorausberechnung kombiniert werden. Je nach Basisjahr für die Ermittlung der Ausbildungsquoten ergeben sich Werte auf unterschiedlichem Niveau. Der Verlauf der berechneten Werte ist jedoch weitgehend parallel (Schaubild 6).
Für die nächsten Jahre bis 2028 ergäbe sich demnach ein demografisch bedingter Rückgang der Zahl der Vertragsabschlüsse gegenüber dem Ausgangswert von 2021 um 2 700 bis 2 800. Bis 2030 würden die Zahlen dann leicht ansteigen und um 2 000 bis 2 200 unter dem Stand von 2021 liegen.
Allerdings ist – wie in den letzten Jahren deutlich wurde – auch die demografische Entwicklung nicht frei von einer Beeinflussung durch externe Effekte. So konnte die aktuelle, im Jahr 2021 veröffentlichte und auf dem Stand der Bevölkerungsfortschreibung zum 31. Dezember 2020 aufbauende Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Landesamts natürlich noch nicht den Zustrom der aus der Ukraine Geflüchteten vorausahnen.6 Der Zustrom von Flüchtlingen im Jahr 2015 hat gezeigt, dass die Alterszusammensetzung der Bevölkerung spürbar von solchen Ereignissen verändert werden kann. Diese Änderungen wirken sich dann mit gewisser Zeitverzögerung auf die Entwicklung der Ausbildungszahlen aus, da den Zugewanderten in der Regel zunächst Deutschkenntnisse und grundlegende berufliche Kenntnisse vermittelt werden müssen. Wie sich die globalen Wanderungsbewegungen in den nächsten Jahren entwickeln werden, ist höchst unsicher. Ebenso ist aus heutiger Sicht noch nicht absehbar, wie lange die vor dem Krieg in der Ukraine Geflüchteten in Deutschland bleiben werden.
Die zurückliegenden Jahre machten deutlich, dass die demografischen Rahmenbedingungen zwar die grundsätzliche Richtung für die Entwicklung der Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge vorgeben. Jedoch wirken auch andere Einflussgrößen wie die Wirtschaftsentwicklung oder die Einstellungen Jugendlicher hinsichtlich des Erwerbs von schulischen Bildungsabschlüssen auf den Ausbildungsmarkt ein. Für eine umfassende Beurteilung, welchen Beitrag die duale Berufsausbildung zur Linderung des erwarteten Fachkräftemangels leisten könnte, wäre eine Analyse des aktuellen Arbeitskräftebestands hinsichtlich der Alterszusammensetzung und der Qualifikation der Arbeitskräfte erforderlich. Detaillierte Daten hierzu liegen dem Statistischen Landesamt allerdings nicht vor.