:: 9/2022

Treibhausgas-Emissionen aus der Landwirtschaft

Der Klimawandel ist eine zentrale gesellschaftliche Herausforderung. Kein Gebiet auf der Welt ist vor dem Klimawandel sicher. Die Folgen des Klimawandels sind auch in Baden-Württemberg spürbar. Die Temperaturen sind in allen Regionen Baden-Württembergs deutlich angestiegen. Besonders gravierend ist der Temperaturanstieg von mehr als 1° C in den letzten 30 Jahren.1 Kaum ein Bereich ist so stark vom Wetter abhängig wie die Landwirtschaft. Extreme Hitze und Trockenheit können zu Ernteausfällen führen, eine Verschiebung der Vegetationsperioden hat einen erheblichen Einfluss auf die landwirtschaftliche Produktion.

Doch die Landwirtschaft ist nicht nur Leidtragende des Klimawandels, sondern gleichzeitig auch Mitverursacher. Im Jahr 2021 verursachte der landwirtschaftliche Sektor fast 7 % der gesamten Treibhausgas-Emissionen in Baden-Württemberg. Gemäß dem Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg soll der Treibhausgas-Ausstoß bis 2030 um 65 % gegenüber 1990 gesenkt werden. Die Landwirtschaft soll mit einer Minderung von 39 % zur Zielerreichung beitragen. Wie sieht nun die aktuelle und langfristige Emissionsentwicklung in der Landwirtschaft aus? Kommt die Landwirtschaft dem festgelegten Sektorziel2 näher?

Landwirtschaft: Hauptquelle bei Methan- und Lachgas-Emissionen

Im Jahr 20213 wurden in Baden-Württemberg insgesamt 73,1 Millionen Tonnen (Mill. t) CO₂-Äquivalente (CO₂-Äq.) emittiert. Gemessen in CO₂-Äquivalenten setzen sich die Treibhausgas-Emissionen im Land aus fast 90 % Kohlendioxid (CO₂), 5 % Methan (CH₄), 3 % Lachgas (N₂O) und 2 % F-Gasen4 zusammen. 2021 stammte der Großteil der Treibhausgas-Emissionen aus dem Verkehrsbereich (knapp 27 %). Weitere bedeutende Sektoren waren die Energiewirtschaft mit 25 %, der Gebäudesektor mit 24 % und die Industrie mit 16 %. Die Landwirtschaft verursachte 2021 6,6 % der gesamten Treibhausgas-Emissionen in Baden-Württemberg. Der Bereich Abfall- und Abwasserwirtschaft war für etwa 1 % der Gesamtemissionen verantwortlich.

Die Landwirtschaft emittiert mit Abstand am meisten Methan und Lachgas verglichen mit anderen Sektoren. Dabei sind beide Gase viel klimaschädlicher als Kohlendioxid (CO₂). Das Lachgas kommt in der Atmosphäre zwar nur in Spuren vor, ist aber 298-mal so wirksam wie Kohlenstoffdioxid. Methan ist 25-fach schädlicher als Kohlendioxid. 49 % der landwirtschaftlichen Treibhausgas-Emissionen entfallen auf Methan, weitere 38 % auf Lachgas und fast 13 % auf Kohlendioxid. Im Vergleich zu Methan- und Lachgas-Emissionen fallen die CO₂-Emissionen mengenmäßig weniger ins Gewicht. Die CO₂-Emissionen resultieren hauptsächlich aus Anwendung von Harnstoff- und Kalkdünger sowie aus dem Kraftstoffverbrauch im landwirtschaftlichen Verkehr (Schaubild 1).

Der Großteil der gesamten Methan-Emissionen in Baden-Württemberg ist auf die landwirtschaftlichen Aktivitäten (63 %) zurückzuführen, gefolgt von der Energiewirtschaft (18 %) sowie dem Sektor Abfall- und Abwasserwirtschaft (13 %). Der Anteil der Landwirtschaft an den gesamten Methan-Emissionen im Land ist zwischen 1990 und 2021 von 39 % auf 63 % gestiegen. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass zwischenzeitlich in anderen Bereichen, insbesondere in der Abfallwirtschaft weitaus deutlichere Rückgänge zu beobachten waren. Seit dem Ende der Deponierung organischer Abfälle im Jahr 2005 haben die Methan-Emissionen aus Abfalldeponien kräftig um 75 % abgenommen (Schaubild 2). Im Jahr 2021 wurden in Baden-Württemberg insgesamt 2,3 Mill. t CO₂-Äq. Lachgas ausgestoßen. Fast 1,8 Mill. t CO₂-Äq. (79 %) der gesamten Lachgas-Emissionen entfallen auf die Landwirtschaft. Der Anteil der Landwirtschaft am Gesamtausstoß hat sich seit 1990 nicht gravierend verändert (Schaubild 3).

Rinderhaltung verursacht fast die Hälfte der Methan-Emissionen im Land

Die Methan-Emissionen werden überwiegend durch Verdauungsprozesse von Wiederkäuern verursacht. Methan entsteht, wenn Bakterien im Pansen der Tiere die Futterstoffe zersetzen (Pansengärung). Dabei stoßen die Rinder, insbesondere die Milchkühe das meiste Methan aus (Tabelle 1). 73 % der landwirtschaftlichen Methan-Emissionen und fast die Hälfte (46 %) der gesamten Methan-Emissionen in Baden-Württemberg entstehen durch Verdauung bei Rindern. Erst mit viel Abstand folgen die Emissionen von anderen Tiergruppen. Schweine, Schafe, Ziegen, Pferde und Geflügel sind zusammen nur für 4 % der Methan-Emissionen in der Landwirtschaft verantwortlich. Die Methan-Emissionen entstehen aber auch bei Lagerung und Ausbringung von Festmist und Gülle (Wirtschaftsdüngermanagement). Diese landwirtschaftlichen Aktivitäten sind für 18 % der Methan-Emissionen verantwortlich. Die Methan-Emissionen aus Vergärung von Pflanzen (Fermenter-Leckage und Gärrestelagerung) verursachen nur 3 % der Methan-Emissionen (Schaubild 1). Die Emissionen aus Vergärung haben allerdings seit 2000 kontinuierlich zugenommen und zeigen aktuelle eine leicht steigende Tendenz. Das hängt mit dem fortlaufenden Zubau von Biogasanlagen in Baden-Württemberg zusammen.

Düngerausbringung bestimmt die Lachgas-Emissionen

Die Nutzung landwirtschaftlicher Böden war 2021 für 85 % der landwirtschaftlichen Lachgas-Emissionen verantwortlich (Tabelle 2). Emissionen dieser Kategorie sind überwiegend durch Ausbringung von Mineral- und Wirtschaftsdüngern (42 %), durch die indirekten Lachgas-Emissionen (20 %) sowie durch sonstige Aktivitäten wie zum Beispiel Acker- und Grünlandnutzung und Weidegang (22 %) bedingt. Beim Wirtschaftsdüngermanagement entstehen 17 % der Lachgas-Emissionen in der Landwirtschaft. Hingegen sind die Emissionen durch Energiepflanzenvergärung mit 1 % nahezu vernachlässigbar (siehe auch Schaubild 1).

21 % weniger Emissionen gegenüber 1990

Nach ersten Schätzungen wurden im Jahr 2021 vom Sektor Landwirtschaft (i-Punkt »Sektorabgrenzung«) insgesamt 4,8 Mill. t Treibhausgase emittiert (Schaubild 4). Im Vergleich zum Vorjahr haben die Treibhausgas-Emissionen insgesamt um 1,3 % abgenommen. Gegenüber 2020 nahmen die Methan-Emissionen aus der Tierhaltung am stärksten ab (−3 %). Grund dafür war der Rückgang der Tierzahlen, insbesondere bei Rindern und Schweinen. Im Jahr 2021 gingen die Schweinebestände um 10,2 % zurück und erreichten damit einen neuen Tiefstand. Die Rinderzahlen nahmen dagegen nur leicht um 2,2 % ab. Für den starken Rückgang der Schweinezahlen waren 2021 vor allem die geringe Nachfrage im Handel und die Exportbeschränkung für deutsches Schweinefleisch aufgrund der Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest verantwortlich.5 Darüber hinaus hat auch die zunehmend angespannte Erlössituation bei der Fleischerzeugung zum Rückgang der Tierzahlen beigetragen.6 Die Kosten für die Produktion übersteigen aktuell die Erlöse deutlich. Das macht die Tierhaltung unwirtschaftlich.

Langfristig betrachtet haben die Methan-Emissionen aus der Tierhaltung im Vergleich zu 1990 um ein Drittel abgenommen. Die Hauptursache für diese Entwicklung ist der Rückgang der Tierbestände bei Rindern. In Baden-Württemberg nimmt die Zahl der Rinder seit 1990 mehr oder weniger kontinuierlich ab. Die Rinderzahlen sanken zwischen 1990 und 2021 um 42 %, die Anzahl der Milchkühe sogar um 45 %. Zur Reduzierung der Methan-Emissionen haben nicht nur die sinkenden Tierbestände sondern auch die gezielte Veränderung des Futters beigetragen. Der Methanausstoß lässt sich von der Zusammensetzung der Futterration beeinflussen. Kühe stoßen bis zu einem Drittel weniger Methan aus, wenn sie zusätzlich zu Gras und Heu auch mit stärkereichem Kraftfutter versorgt werden.7

Bei den Lachgas-Emissionen ist gegenüber 1990 ebenfalls ein Rückgang zu beobachten. Durch die reduzierte Stickstoffdüngung haben die Emissionen um 19 % gegenüber 1990 abgenommen. Der Mineraldüngereinsatz ist seit 1990 deutlich um 39 % zurückgegangen. Und durch den Rückgang des Tierbestandes wurden 28 % weniger Wirtschaftsdünger ausgebracht. Starke Rückgänge waren insbesondere zwischen 2017 und 2021 zu beobachten. In diesem Zeitraum sanken die Lachgas-Emissionen um 16 %. Gründe dafür waren die seit Juni 2017 geltende novellierte Düngeverordnung. Im Frühjahr 2020 wurden die Verordnung erneut geändert. Damit werden weitere Maßnahmen – insbesondere in den belasteten Gebieten – eingeführt, die das Ziel haben, die Nitrateinträge aus der Landwirtschaft in die Umwelt zu verringern oder zu vermeiden.8 Darüber hinaus wurde während der Trockenperiode, vor allem in den beiden aufeinanderfolgenden Dürrejahren 2018 und 2019 weniger Dünger eingesetzt. Bei Trockenheit werden weniger Düngemittel ausgebracht, da die Nährstoffe von den Pflanzen nicht ausreichend aufgenommen und verwertet werden können. Somit verbleiben die ungelösten Nährstoffe auf der Bodenoberfläche, die Düngewirkung verpufft.

Im Gegensatz zu Lachgas- und Methan-Emissionen nahmen die verbrennungsbedingten CO₂-Emissionen im landwirtschaftlichen Verkehr gegenüber 1990 nicht ab. Die Emissionen stiegen sogar um 15 % an. In der Landwirtschaft werden immer noch überwiegend fossile Kraftstoffe (Diesel) verwendet, auch die alten Maschinen werden selten ausgetauscht.

Landwirtschaft als Klimaretter?

Die Landwirtschaft ist Mitverursacher des Klimawandels. Das ist hinreichend bekannt. Weniger bekannt ist, dass die landwirtschaftlichen Nutzflächen bei bestimmten Anbaumethoden große Menge an Kohlenstoffdioxid speichern können und damit den Klimaschutz unterstützen. Dabei spielt der Humusgehalt9 in Böden die entscheidende Rolle für die längerfristige Kohlenstoffspeicherung. Bei Humusbildung wird Kohlenstoff aus der Luft gebunden. Besonders hohe Humusgehalte weist das Grünland (Wiesen und Weiden) auf. Das Grünland kann sogar mehr Kohlenstoff speichern als die Waldböden.10 Die intensive Landwirtschaft beansprucht stark die Böden und führt damit zur Verringerung der Humusgehalte. Dagegen kann die gezielte Bodenbearbeitung, Düngung mit Kompost oder organischem Dünger sowie eine vielfältige Fruchtfolge den Humus im Boden aufbauen.

In Baden-Württemberg wirkt das Grünland als kleine Kohlenstoffsenke. Der Wald dient mit 6 Mill. t als starke Emissionssenke (Schaubild 5). Dagegen fungieren die Kategorien Feuchtgebiete und insbesondere Ackerland als Quellen der Treibhausgas-Emissionen. In der Summe ergibt sich für Baden-Württemberg bei der Landnutzung eine Einbindung der Emissionen. Für Baden-Württemberg wurde 2020 in Summe eine Netto-Senkenleistung des LULUCF-Sektors (i-Punkt »Landnutzung, Landnutzungsänderung, Forstwirt­schaft (LULUCF)«) von −5,9 Mill. t CO₂-Äq. ausgewiesen.

Die Netto-Emissionen unterliegen deutlichen Schwankungen, was vor allem an der sich ändernden Waldsenke liegt. Diese ergibt sich aus dem Zuwachs an Waldbiomasse durch Waldwachstum, der Holzerntemenge und dem Abgang durch natürliche Störungen (wie zum Beispiel Trockenheit, Sturm, schädliche Insekten).11Daher kann sich der Trend der LULUCF-Emissionen relativ kurzfristig ändern.

Fazit

Die Landwirtschaft hat einen vielfältigen Ein­fluss auf den Klimawandel. Die Landwirtschaft ist ein relevanter Emittent von Treibhausgasen und ein Betroffener zugleich. Anderseits kann der Sektor durch extensive Landwirtschaft längerfristig auch als wichtiger Kohlenstoffspeicher wirken. Die Landwirtschaft ist die Hauptquelle von Lachgas- und Methan-Emissionen und ist aktuell für fast 7 % der gesamten Treibhausgas-Emissionen in Baden-Württemberg verantwortlich. Im Vergleich zu den anderen Sektoren lassen sich die landwirtschaftlichen Treibhausgas-Emissionen technisch nur bedingt reduzieren. Die gesamten Treibhausgase der Landwirtschaft nahmen bisher um 1,3 Mill. t CO₂-Äq. bzw. 21 % im Vergleich zu 1990 ab. Deutliche Reduktionen kamen vor allem aus der Tierhaltung infolge des Abbaus der Tierbestände. Aber auch im Bereich der Bodennutzung war in den letzten Jahren eine abnehmende Emissionsentwicklung zu beobachten, wenngleich auch eine langsame. Trotz der erkennbaren Fortschritte befinden sich die Emissionen aus der Landwirtschaft aktuell weiterhin nicht auf dem festgelegten Zielpfad. Gegenüber 2021 ist noch eine Minderung von rund 1,1 Mill. t CO₂-Äq. (−23 %) bis zur Zielerreichung 2030 zu erbringen, was Einsparungen in allen landwirtschaftlichen Bereichen erfordern dürfte. Im LULUCF-Sektor ist und bleibt die Erhaltung der Waldfläche und der Moorschutz von zentraler Bedeutung.

1 Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft: Monitoringbericht 2020 zur Anpassungsstrategie an den Klimawandel in Baden-Württemberg, S. 13, Stand Dezember 2020.

2 Forschungsvorhaben »Sektorziele 2030 und klimaneutrales Baden-Württemberg 2040«, https://um.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/klimaschutzministerin-thekla-walker-stellt-teilbericht-sektorziele-2030-und-klimaneutrales-baden-wue/ (Abruf: 22. 6. 2022).

3 Die Ergebnisse für 2021 stellen eine erste frühe Abschätzung der Treibhausgasentwicklung in Baden-Württemberg dar und weisen eine geringere Genauigkeit als die Ergebnisse des Vorjahres auf. Die detaillierten vorläufigen Daten zu den Treibhausgas-Emissionen 2021 werden im Frühjahr 2023 veröffentlicht.

4 Der Begriff »F-Gase« steht für fluorierte Treibhausgase und ist ein Sammelbegriff für teilfluorierte Kohlenwasserstoffe (HFKW), perfluorierte Kohlenwasserstoff (FKW), Schwefelhexafluorid (SF₆) und Stickstofftrifluorid (NF₃). Die F-Gase werden in einer Vielzahl von Anwendungen, vor allem als Kälte- und Treibmittel, aber auch als Lösemittel oder Feuerlöschmittel eingesetzt.

5 Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 596 vom 22. 12. 2021: Niedrigster Schweinebestand in Deutschland seit 25 Jahren, https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/12/PD21_596_413.html (Abruf: 29. 6. 2022).

6 Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Pressemitteilung 153/2022 vom 15. 6. 2022: Schweinebestand in Baden-Württemberg erreicht neuen Tiefstand, https://www.statistik-bw.de/Presse/Pressemitteilungen/2022153 (Abruf: 27. 6. 2022).

7 Mythen vs. Fakten: Methanausstoß von Kühen, focusfleisch, https://www.fokus-fleisch.de/mythen-vs-fakten-methanausstoss (Abruf: 4. 7. 2022).

8 Bundesministerium für Ernährung und Landwirt­schaft, Rubrik Düngung, https://www.bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/pflanzenbau/ackerbau/duengung.html (Abruf: 5. 7. 2022).

9 Der Humus ist Teil der gesamten organischen Bodensubstanz und wichtiger Bestandteil des Mutterbodens. Er unterliegt vor allem der Aktivität der Bodenorganismen, die durch ihren Stoffwechsel laufend zum Auf-, Um- oder Abbau des Humus beitragen. https://de.wikipedia.org/wiki/Humus (Abruf: 19. 7. 2022).

10 CO₂-Bilanzen: Wie Agrarboden das Klima schützt, Beitrag von Dr. Olaf Zienke, https://www.agrarheute.com/management/betriebsfuehrung/co2-bilanzen-agrarboden-klima-schuetzt-554240 (Abruf: 19. 7. 2022).

11 Hennenberg, Klaus Josef/Reise, Judith/Böttcher, Hannes/Benndorf, Anke: Waldbewirtschaftung und deren Wirkung auf die THG-Bilanz in Deutschland, https://www.oeko.de/fileadmin/oekodoc/Waldbewirtschaftung-Wirkung-THG-Bilanz-DE.pdf (Abruf: 27. 6. 2022).