Zur Verschuldung der Stadt Stuttgart und anderer Großstädte vor dem Hintergrund finanzieller Herausforderungen durch die Corona-Krise
Die öffentlichen Haushalte werden durch die Corona-Krise vor gravierende Probleme gestellt. Insbesondere werden die Kommunen noch auf längere Zeit mit teils erheblichen Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer und bei anderen Steuern rechnen müssen, darüber hinaus werden coronabedingte Mehrausgaben im Kernhaushalt und erhöhte Zuschüsse an städtische Beteiligungsgesellschaften erforderlich, die durch Landes- und Bundeszuschüsse nicht vollständig aufgefangen werden können.
Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes auf Grundlage der Vierteljährlichen Kassenstatistik ist das Finanzierungsdefizit der Gemeinden und Gemeindeverbände (ohne Stadtstaaten) in den ersten 3 Quartalen des Jahres 2020 auf knapp 14,9 Milliarden (Mrd.) Euro angewachsen, darunter gut 13,7 Mrd. Euro in den Kernhaushalten und 1,1 Mrd. Euro in den Extrahaushalten; im Vergleichszeitraum des Vorjahres 2019 hat das Defizit von Kern- und Extrahaushalten zusammengenommen lediglich 0,4 Mrd. Euro betragen. Ausschlaggebend für diese Entwicklung waren vor allem starke Zunahmen bei den bereinigten Ausgaben von 198,3 Mrd. auf 209,7 Mrd. Euro und damit um 5,8 %; die bereinigten Einnahmen haben dagegen nur um 1,6 % abgenommen, nämlich von 197,9 Mrd. auf 194,8 Mrd. Euro.1
Vor dem Hintergrund angestiegener Defizite und vermutlich anhaltender finanzieller Engpässe ist die Lage kommunaler Haushalte umso prekärer beziehungsweise sind zukünftige Spielräume umso geringer, je höher der in der Vergangenheit aufgelaufene Schuldenstand ist. Es ist deshalb interessant zu untersuchen, wie sich die Schuldensituation in den deutschen Großstädten und speziell in der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart darstellt.
Umfassende Darstellung in der jährlichen Schuldenstatistik
In der jährlichen Schuldenstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder werden die Schulden zum 31. Dezember veröffentlicht, unterschieden nach Schulden gegenüber dem öffentlichen und dem nichtöffentlichen, also privaten Bereich. Nachfolgend wird nur der deutlich umfangreichere private Bereich einbezogen. Die so abgegrenzte Verschuldung besteht aus Wertpapierschulden, Krediten und Kassen- oder Liquiditätskrediten.2
In den letzten Jahren werden öffentliche Aufgaben zunehmend nicht nur von den Gemeinden selbst, sondern auch von ausgelagerten Einrichtungen mit eigenem Rechnungswesen erbracht, und zwar in den einzelnen Kommunen in durchaus unterschiedlichem Umfang. Deshalb ist es für intertemporale und interregionale Vergleiche unabdingbar, auch die Schulden dieser Beteiligungen mit einzubeziehen. Dabei werden in der jährlichen Schuldenstatistik nur Beteiligungen betrachtet, die vollständig, also zu 100 %, der jeweiligen Kommune gehören. Unterschieden wird zwischen Eigenbetrieben, die rechtlich unselbstständig sind und in öffentlicher Rechtsform stehen, und Eigengesellschaften, die eine private Rechtsform (meist GmbH, aber auch AG) aufweisen. Kennzeichnend für beide Beteiligungen ist, dass allein die betreffende Gemeinde, und zwar zu 100 %, für deren Schulden haftet. Die Schulden der Eigengesellschaften werden von der amtlichen Statistik allerdings erst seit 2015 ausgewertet.
Kontinuierlicher Rückgang der Verschuldung Stuttgarts seit 2010
Dementsprechend werden in Schaubild 1 die Schulden je Einwohner der Stadt Stuttgart bis zum 31. Dezember 2014 nur für den Kernhaushalt und die Eigenbetriebe, erst danach auch für die Eigengesellschaften nachgewiesen.
Auffallend bei der Darstellung ab 2010 ist zunächst eine durchgehend deutlich höhere Verschuldung der Eigenbetriebe im Vergleich zum Kernhaushalt. Schon 2010 war die Pro-Kopf-Verschuldung der Eigenbetriebe mit 467 Euro je Einwohner viereinhalb Mal so hoch wie die des Kernhaushalts mit 104 Euro je Einwohner, anschließend hat sich dieses Verhältnis weiter erhöht. Die Pro-Kopf-Schulden des Kernhaushalts haben bis 2017 mehr oder weniger kontinuierlich abgenommen, und 2018 und 2019 war die Landeshauptstadt erstmals seit 70 Jahren in ihrem Kernhaushalt wieder komplett schuldenfrei. Parallel dazu hat allerdings die Pro-Kopf-Verschuldung der Eigenbetriebe zunächst tendenziell zugenommen – zwischen 2010 und 2015 um 58 % auf 739 Euro je Einwohner. In den Folgejahren hat sich ein kontinuierlicher Rückgang eingestellt, und Ende 2019 war die Pro-Kopf-Verschuldung der Eigenbetriebe Stuttgarts mit 476 Euro je Einwohner fast genau so niedrig wie 2010. Kernhaushalt und Eigenbetriebe zusammengenommen waren je Einwohner 2018 nur geringfügig höher verschuldet als 2010, und 2019 konnte für Stuttgart die niedrigste Pro-Kopf-Verschuldung in der Summe beider Kategorien gemessen werden.
Die anhaltende Rückführung der Verschuldung von Kernhaushalt und Eigenbetrieben hat dazu geführt, dass die Gesamtverschuldung Stuttgarts unter Einschluss der Eigengesellschaften seit 2015 von Jahr zu Jahr geringer ausfiel, obwohl die ab 2015 erstmals erfassten Eigengesellschaften bis 2019 durch kontinuierlichen Verschuldungsaufbau gekennzeichnet waren. 2015 und 2016 noch knapp unter 1 000 Euro je Einwohner hat sich die Verschuldung bis 2019 auf 1 124 Euro je Einwohner erhöht. Bereits 2015 übertraf die Pro-Kopf-Verschuldung der Eigengesellschaften mit 970 Euro je Einwohner diejenige von Kernhaushalt und Eigenbetrieben mit zusammen 790 Euro je Einwohner um 23 %, 2019 waren es mit 1 124 zu 476 Euro je Einwohner bereits 136 %.
Festzuhalten bleibt: Die Stadt Stuttgart hat die Verschuldung ihres Kernhaushalts seit 2010 kontinuierlich zurückgeführt und war dort 2018 und 2019 schuldenfrei. Die Eigenbetriebe konnten nach Zunahmen zwischen 2010 und 2015 ihre Verschuldung bis 2019 ebenfalls verringern; lediglich die Eigengesellschaften waren ab dem erstmals statistisch erfassten Jahr 2015 mit anhaltendem Schuldenaufbau konfrontiert. Für alle drei Kategorien zusammengenommen kann jedoch für den Zeitraum 2015 bis 2019 ein leichter Abbau der Verschuldung von 1 760 auf 1 600 Euro je Einwohner und damit um 9 % festgestellt werden.
Unterschiede in Höhe und Struktur der Schulden in den zwölf größten Städte Deutschlands zum Jahresende 2019
Schaubild 2 informiert über die Pro-Kopf-Verschuldung zum 31. Dezember 2019 von Kernhaushalten, Eigenbetrieben und Eigengesellschaften in den zwölf größten Städten Deutschlands mit mehr als 400 000 Einwohnern – und zwar ohne die drei Stadtstaaten, die finanzstatistisch nicht mit den länderangehörigen Städten vergleichbar sind.
Auffallend sind zunächst deutlich unterschiedliche Verschuldungsgrade zwischen den zwölf Städten: Kernhaushalte und Beteiligungen zusammengenommen stehen Schulden in Höhe von 432 Euro je Einwohner in Dresden nicht weniger als 6 152 Euro je Einwohner (und damit mehr als das 14-Fache) in Duisburg gegenüber.
Ebenfalls ins Auge springt eine in den Städten recht ungleiche Verteilung der Schulden zwischen Kernhaushalten, Eigenbetrieben und Eigengesellschaften. Beispielsweise gibt es mit Dresden und Stuttgart zwei Städte mit Ende 2019 völlig schuldenfreien Kernhaushalten, während sich die sieben Städte mit der höchsten Gesamtverschuldung durch besonders stark verschuldete Kernhaushalte auszeichnen; in diesen Städten, aber auch in Leipzig, überragen die Schulden im Kernhaushalt diejenigen in den Ausgliederungen. Bei den hier untersuchten Großstädten wird damit eine hohe Gesamtverschuldung überwiegend durch deren Kernhaushalt bestimmt.
In insgesamt neun Städten übertraf Ende 2019 die Verschuldung der Eigengesellschaften diejenige der Eigenbetriebe, wobei in Düsseldorf (neben dem Kernhaushalt) sogar nur die Eigengesellschaften verschuldet waren. Umgekehrt wurden in Dortmund unter den Ausgliederungen nur in den Eigenbetrieben Schulden ausgewiesen, in Nürnberg und in Köln war der Verschuldungsgrad in den Eigenbetrieben stärker ausgeprägt als in den Eigengesellschaften.
Verschuldung der Städte im Einzelnen
Die geringste Pro-Kopf-Verschuldung konnten die beiden sächsischen Städte Dresden und Leipzig mit insgesamt 432 beziehungsweise 874 Euro je Einwohner verbuchen. Dies hängt entscheidend damit zusammen, dass die beiden ostdeutschen Städte anfangs der 1990er-Jahre – anders als die meisten westdeutschen Kommunen – nur sehr geringe Schulden aufzuweisen hatten. Überdies ist der besonders niedrige Schuldenstand der Stadt Dresden wesentlich damit zu erklären, dass die sächsische Landeshauptstadt 2006 aus ihrem Bestand 48 000 Wohnungen verkauft und so ihren Kernhaushalt damals komplett entschuldet hat.
Unter den westdeutschen Großstädten ist Stuttgart mit Abstand am geringsten verschuldet, Ende 2019 waren es insgesamt 1 600 Euro je Einwohner. Außerdem war die baden-württembergische Landeshauptstadt die einzige westdeutsche Großstadt mit einem Ende 2019 völlig schuldenfreien Kernhaushalt.
Schon deutlich höher war die Verschuldung in den beiden folgenden Städten Düsseldorf und München mit 2 471 und 3 063 Euro je Einwohner. Auffallend ist, dass beide Landeshauptstädte in ihren Kernhaushalten nur wenig verschuldet waren, aber bei ihren Eigengesellschaften unter allen Großstädten die höchste Verschuldung aufzuweisen hatten. Interessanterweise waren auch die Eigengesellschaften der baden-württembergischen Landeshauptstadt recht stark verschuldet, neben Düsseldorf und München lag der Verschuldungsgrad nur noch in Duisburg höher als in Stuttgart. Das heißt: Die drei westdeutschen Großstädte mit der kleinsten Gesamtverschuldung zeichnen sich durch schuldenfreie oder allenfalls minimal verschuldete Kernhaushalte, aber besonders stark verschuldete Eigengesellschaften aus.
Die drei folgenden Städte waren Ende 2019 insgesamt etwas mehr verschuldet als München, nämlich Hannover mit 3 377, Frankfurt am Main mit 3 454 und Nürnberg mit 3 603 Euro je Einwohner. Auch die beiden nordrhein-westfälischen Städte Köln und Dortmund blieben mit 3 886 beziehungsweise 3 894 Euro je Einwohner noch unter der 4 000er-Marke. In allen fünf Städten übertraf die Verschuldung der Kernhaushalte diejenige der Eigenbetriebe und Eigengesellschaften, besonders deutlich in Hannover und Dortmund mit 3 118 beziehungsweise 3 775 Euro je Einwohner. Ergänzend erwähnt sei der mit 1 550 Euro je Einwohner besonders hohe Verschuldungsgrad bei den Eigenbetrieben der Stadt Köln.
Für die beiden Ruhrgebietsstädte Essen und Duisburg wurde für Ende 2019 mit 5 195 beziehungsweise 6 152 Euro je Einwohner die umfangreichste je Einwohner den mit Abstand größten Betrag unter den Großstädten auf, während in Duisburg Eigenbetriebe Gesamtverschuldung ermittelt. Dabei war Essen fast ausschließlich im Kernhaushalt verschuldet und wies dort mit 5 122 Euro und Eigengesellschaften zusammengenommen mehr Schulden angehäuft hatten als der dortige Kernhaushalt. Alle drei Ruhrgebietsstädte waren insgesamt und in ihren Kernhaushalten am stärksten verschuldet, wobei jeweils ein recht hoher Betrag (1 900 bis 2 460 Euro je Einwohner) auf Kassenkredite im Kernhaushalt entfiel.
Integrierte Schulden
Wie ausgeführt werden in der jährlichen Schuldenstatistik neben den Kernhaushalten nur solche Beteiligungen erfasst, die vollständig der jeweiligen Kommune gehören. Darüber hinaus gibt es aber auch Einrichtungen oder Unternehmen, die sich zu weniger als 100 % im Besitz einer Gemeinde befinden; im Falle Stuttgarts sind dies zum Beispiel der Flughafen Stuttgart, die Messe Stuttgart oder die Landesbank Baden-Württemberg. Auch bei solchen Bereichen kann sich für eine Stadt die Frage der Haftung sowie der Aufbringung des Schuldendienstes stellen.
In einem umfassenderen Konzept der sogenannten »Integrierten Schulden« werden deshalb auch die anteiligen Schulden von Fonds, Einrichtungen und Unternehmen (FEU) einbezogen. Kennzeichnend für diese FEU ist ihre öffentliche Bestimmtheit; sie liegt vor, wenn die öffentliche Hand unmittelbar oder mittelbar mit mehr als 50 % des Stimmrechts oder des Nennkapitals beteiligt, insofern eine öffentliche Kontrolle gewährleistet ist.
Entsprechend dem Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) wird dabei unterschieden zwischen Extrahaushalten und sonstigen FEU; Unterscheidungsmerkmal ist der Eigenfinanzierungsgrad in Form von Einnahmen, Gebühren, Beiträgen und Ähnlichem. Extrahaushalte unterliegen danach nicht nur der Kontrolle der öffentlichen Hand, sondern werden auch überwiegend von ihr finanziert, weil deren Güter und Dienstleistungen kostenlos oder zu reduzierten Preisen bereitgestellt werden (Nichtmarktproduzenten). Sonstige FEU finanzieren sich dagegen überwiegend selbst durch Umsätze am Markt (Marktproduzenten).3
Die Zuordnung der FEU auf die betroffenen Kommunen erfordert eine umfassende Datenbank über die in Deutschland ansässigen öffentlichen Unternehmen mit ihren Beteiligungen und Zugehörigkeiten, die laufend aktualisiert werden muss. Auf dieser Datengrundlage lassen sich die FEU grundsätzlich auf die einzelnen Kommunen verteilen. In der konkreten Umsetzung ergeben sich allerdings erhebliche Schwierigkeiten, weil die Beteiligungsverhältnisse oft sehr komplex sind und mehrere Stufen umfassen.4 Aus diesem Grunde werden die »Integrierten Schulden« von der amtlichen Statistik nicht für jedes Jahr berechnet.
Situation in Stuttgart zum Jahresende 2017
Die letzte Veröffentlichung der Integrierten Schulden bezieht sich auf den 31. Dezember 2017.5 Die Ergebnisse für die zwölf größten deutschen Städte (ohne Stadtstaaten) sind in Schaubild 3 wiedergegeben.
Für Stuttgart wurde demnach für Ende 2017 ein Schuldenstand im Kernhaushalt in Höhe von 34 Euro je Einwohner ermittelt, das entspricht definitionsgemäß dem in Schaubild 1 für dieses Jahr ausgewiesenen Wert entsprechend der jährlichen Schuldenstatistik. Die anteiligen Schulden der Extrahaushalte beliefen sich auf 298 Euro je Einwohner und diejenigen der sonstigen FEU auf 2 539 Euro je Einwohner, das sind zusammengenommen 2 837 Euro je Einwohner. Demgegenüber wurden in der jährlichen Schuldenstatistik, die nur die vollständig im Eigentum Stuttgarts befindlichen Eigenbetriebe und Eigengesellschaften erfasst, für dieses Jahr Schulden in Höhe von 1 645 Euro je Einwohner nachgewiesen; unter Einbeziehung der Bereiche mit weniger als 100 % Beteiligung, also der FEU, ist demnach die Verschuldung Stuttgarts außerhalb des Kernhaushalts um 73 % höher ausgefallen.
Situation in den zwölf Großstädten zum Jahresende 2017
Schaubild 3 gibt Auskunft über den Umfang der umfassenden, integrierten Schulden der zwölf größten Städte, wieder ohne Stadtstaaten, zum 31. Dezember 2017. Gemessen daran kann Stuttgart für sich die zweitniedrigste Gesamtverschuldung aller großen Städte reklamieren (2 871 Euro je Einwohner), wiederum hinter Dresden (1 478 Euro je Einwohner), aber bei dieser Abgrenzung deutlich vor Leipzig (3 600 Euro je Einwohner). Stuttgart hat damit auch bei den integrierten Schulden unter den westdeutschen Großstädten am besten abgeschnitten, allerdings nur knapp vor Düsseldorf mit 2 894 Euro je Einwohner. Dabei war Stuttgart im Kernhaushalt mit 34 Euro je Einwohner geringer verschuldet als Düsseldorf mit 123 Euro je Einwohner; dies wurde seitens Düsseldorfs aber mehr als ausgeglichen durch eine mit 134 gegenüber 298 Euro je Einwohner geringere Verschuldung bei den Extrahaushalten. Die im Vergleich zu Stuttgart etwas umfangreicheren integrierten Gesamtschulden Düsseldorfs resultieren aus einem höheren Verschuldungs-grad bei den sonstigen FEU mit 2 637 gegenüber 2 539 Euro je Einwohner in Stuttgart.
Mit Leipzig und München (3 600 bzw. 3 878 Euro je Einwohner) folgen zwei Städte, die auch bei der jährlichen Schuldenstatistik zu den fünf eher gering verschuldeten Städten gehören (Schaubild 2 für den 31. Dezember 2019); dabei war die Verschuldung des Kernhaushalts in Leipzig mehr als doppelt so groß wie in München, das aber bei den FEU stärker verschuldet war. Um die 6 000 Euro je Einwohner bewegte sich Ende 2017 die integrierte Gesamtverschuldung in Nürnberg und in Hannover mit 5 809 beziehungsweise 6 109 Euro je Einwohner, relativ gleichmäßig verteilt auf Kernhaushalt und FEU.
Dagegen ist Frankfurt am Main, das sich bei der jährlichen Schuldenstatistik Ende 2019 in der Mitte zwischen Hannover und Nürnberg platziert hat (Schaubild 2), bei der integrierten Gesamtverschuldung zum 31. Dezember 2017 auf den vorletzten Platz abgerutscht (7 443 Euro je Einwohner), und zwar aufgrund der mit Abstand höchsten Verschuldung der sonstigen FEU (5 486 Euro je Einwohner). Neben Köln mit einer integrierten Gesamtverschuldung von 7 041 Euro je Einwohner konnten sich auch die beiden Ruhrgebietsstädte Duisburg und Essen mit 7 359 beziehungsweise 7 386 Euro je Einwohner Ende 2017 noch vor Frankfurt platzieren, und dies trotz deutlich stärker verschuldeter Kernhaushalte. Lediglich Dortmund war zum Berichtszeitpunkt mit 7 902 Euro je Einwohner insgesamt noch höher verschuldet, bedingt durch hohe Schulden der sonstigen FEU, die mit 3 718 Euro je Einwohner nur von Frankfurt übertroffen wurden; Dortmund stand damit im Kontrast zu den beiden anderen Ruhrgebietsstädten Essen und Duisburg, in denen unter den westdeutschen Großstädten die niedrigsten Schulden der sonstigen FEU gemessen wurden.
Zusammenfassung und Bewertung aus Sicht der Stadt Stuttgart
Die Corona-Pandemie stellt die Kommunen vor gewaltige finanzielle Herausforderungen; dies gilt nicht zuletzt auch für die Stadt Stuttgart mit ihrer starken Ausrichtung auf die von der Corona-Krise bisher stark betroffene Produktion von Kraftfahrzeugen und Zulieferteilen. In den ersten 9 Monaten des Jahres 2020 lag der Umsatz des Bereichs Kraftwagen und Kraftwagenteile in Baden-Württemberg um 20,8 % unter dem Vorjahreszeitraum, das war der stärkste Rückgang unter den wichtigsten Wirtschaftsbereichen im Verarbeitenden Gewerbe des Landes. Besonders ausgeprägt war der Einbruch im 2. Quartal, der durch eine anschließende und wohl noch anhaltende Aufwärtsentwicklung bis dahin nicht ausgeglichen werden konnte.6
In dieser Situation ist es von Vorteil, dass die baden-württembergische Landeshauptstadt einen verhältnismäßig niedrigen Schuldenstand aufweist: Zum 31. Dezember 2019 war Stuttgart im Kernhaushalt komplett schuldenfrei und konnte auch unter Einschluss von Eigenbetrieben und Eigengesellschaften die mit Abstand geringste Verschuldung unter den größten westdeutschen Städten verbuchen; lediglich die ostdeutschen Städte Dresden und Leipzig waren Ende 2019 geringer verschuldet als Stuttgart. In der Entwicklung ist für Stuttgart, zumindest seit 2015, ein kontinuierlicher Rückgang des Verschuldungsgrads festzustellen.
Bei der umfassenderen Darstellung der »Integrierten Schulden«, die auch die anteiligen Schulden von Fonds, Einrichtungen und Unternehmen einbezieht, schneidet Stuttgart im Großstädtevergleich noch besser ab: Zum 31. Dezember 2017 blieb nur Dresden, auch begünstigt durch Sondereffekte, im Schuldenstand hinter Stuttgart zurück.
Die ersten Früchte ihrer insoweit guten Finanzbasis konnte die baden-württembergische Landeshauptstadt bereits im Zuge der anhaltenden Corona-Krise ernten, wie die Daten der Vierteljährlichen Kassenstatistik unter Beweis stellen. Nach diesen vorläufigen Ergebnissen hat Stuttgart in den ersten 3 Quartalen des Jahres 2020 zwar 24,6 % weniger an Gewerbesteuern (netto) eingenommen als im entsprechenden Vorjahreszeitraum und damit unter den Stadtkreisen des Landes den nach Karlsruhe (– 26,1 %) stärksten Einbruch erlebt, dennoch musste Stuttgart als einziger Kreis des Landes in diesem Zeitabschnitt keine neuen Kredite gegenüber dem nicht-öffentlichen Bereich aufnehmen. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass auch landesweit der Rückgang der Nettoeinnahmen aus Gewerbesteuer um 892 Millionen (Mill.) Euro (– 16,9 %) deutlich kräftiger ausgefallen ist als der Anstieg von Kassen- und Investitionskrediten um zusammengenommen 182 Mill. Euro (+ 3,1 %). Zu dieser Entspannung haben in erheblichem Maße Ausgleichszahlungen von Bund und Land beigetragen.7 Entsprechend dem deutlich höheren Schuldenstand anderer Großstädte dürften diese noch mehr auf solche Unterstützungsleistungen angewiesen sein.