Lebenssituation älterer Menschen in Baden-Württemberg
Der Anteil der Seniorinnen und Senioren an der Gesamtbevölkerung hat sich seit den 1960er-Jahren verdoppelt. Jeder fünfte Baden-Württemberger ist heute 65 Jahre oder älter. Folglich hat auch die Bedeutung dieser Altersgruppe für verschiedene gesellschaftliche Bereiche zugenommen. Der folgende Artikel gibt einen Überblick über die Lebenssituation älterer Menschen in Baden-Württemberg und beleuchtet die Unterschiede zwischen Männern und Frauen zum Beispiel hinsichtlich der Lebensformen, der Einkommenssituation oder der Erwerbstätigkeit im Alter.
Jeder fünfte Baden-Württemberger ist im Seniorenalter
In Baden-Württemberg lebten im Jahr 2015 nach den Angaben des Mikrozensus rund 10,8 Mill. Menschen in Privathaushalten und Gemeinschaftsunterkünften.1 Darunter waren rund 2,2 Mill. Menschen im Alter von 65 und mehr Jahren. Das heißt, jeder fünfte Baden-Württemberger ist heute im Seniorenalter. Seit Anfang der 1960er-Jahre hat sich damit der Anteil der Seniorinnen und Senioren an der Gesamtbevölkerung verdoppelt. Damals waren rund 784 000 Menschen – und damit jeder zehnte Baden-Württemberger – 65 oder mehr Jahre alt. Die Anzahl der Seniorinnen und Senioren hat sich in diesem Zeitraum fast verdreifacht.
Folglich hat auch die Bedeutung dieser Altersgruppe für verschiedene gesellschaftliche Bereiche zugenommen. Handel, Dienstleistung und Tourismus nehmen die sogenannten »Best Ager« oder »Silver-Surfer« verstärkt als Konsumenten ins Visier. Infrastruktureinrichtungen müssen geschaffen bzw. an die aktuellen Bedürfnisse der Altersgruppe angepasst werden. Nicht zuletzt haben die Seniorinnen und Senioren aufgrund des demografischen Wandels ein großes Einflusspotential bei Wahlen und bestimmen damit auch maßgeblich die Wahlergebnisse und die politische und gesellschaftliche Ausrichtung im Land mit.
Die große Mehrheit der Seniorinnen und Senioren (97 %) lebte in Privathaushalten, darunter ein Drittel in Einpersonenhaushalten und zwei Drittel in Mehrpersonenhaushalten. In fast einem Viertel aller Privathaushalte von Baden-Württemberg lebten ausschließlich 65-Jährige und Ältere. Für gut 3 % der 65-Jährigen und Älteren erfolgte eine gemeinschaftliche Betreuung und Versorgung in Gemeinschaftsunterkünften, zum Beispiel in Alten- und Pflegeheimen. Der Anteil der Personen, die gemeinschaftlich versorgt werden, nimmt mit steigendem Alter zu. So lebten von den 65- bis unter 80-Jährigen lediglich rund 1 %, von den 80- bis unter 90-Jährigen 6 % und von den 90-Jährigen und Älteren etwa 22 % in Gemeinschaftsunterkünften.
Von der Bevölkerung im Alter von 65 und mehr Jahren hatten 336 000 Personen einen Migrationshintergrund. Mit gut 15 % lag damit der Migrantenanteil in dieser Altersgruppe deutlich unter dem Durchschnittswert von 28 % in Baden-Württemberg insgesamt. Mit rund 58 000 Menschen stammten die meisten Personen mit Migrationshintergrund im Seniorenalter aus dem ehemaligen Jugoslawien (gut 17 %), dicht gefolgt von den knapp 54 000 Seniorinnen und Senioren aus der ehemaligen Sowjetunion (16 %), etwa 31 000 aus der Türkei (9 %), 29 000 aus Rumänien (knapp 9 %) und 28 000 aus Italien (gut 8 %).
Unterschiede in der Lebensform von Senioren und Seniorinnen
Von den 2,2 Mill. Personen im Alter von 65 und mehr Jahren waren 56 % Frauen und 44 % Männer. Mit höherem Alter verschiebt sich das Geschlechterverhältnis stärker zugunsten der Frauen. In der Altersgruppe der 65- bis unter 75-Jährigen ist das Verhältnis von Frauen (52 %) zu Männern (48 %) noch relativ ausgeglichen. Von den 75- bis unter 85-Jährigen sind 57 % weiblichen und 43 % männlichen Geschlechts. Zwei Drittel der 85- bis unter 90-Jährigen und drei Viertel aller 90-Jährigen und Älteren sind dagegen Frauen.
Der Mikrozensus ermöglicht mit dem Konzept der »Lebensformen« auch Aussagen über die Art der sozialen Beziehungen (Elternschaft, Partnerschaft) zwischen den Mitgliedern eines Haushalts (siehe i-Punkt). Zwei Drittel aller 65-Jährigen und Älteren lebten mit weiteren Personen zusammen in einem Haushalt, die überwiegende Mehrheit (58 %) davon mit seinem Ehe- oder Lebenspartner. Knapp 7 % dieser Altersgruppe wohnten zusammen mit ihren Kindern in einem Haushalt und 3 % als Alleinstehende in einem Mehrpersonenhaushalt. Ein Drittel aller Seniorinnen und Senioren lebte dagegen allein in einem Einpersonenhaushalt.
Betrachtet man die Lebensformen von Männern und Frauen separat nach Altersgruppen, zeigen sich allerdings deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Von den 65-jährigen und älteren Männern wohnten gut 71 % mit ihrer Ehe- oder Lebenspartnerin in einer Paargemeinschaft ohne Kinder zusammen. 19 % der Männer waren Alleinstehende in einem Einpersonenhaushalt (Alleinlebende). Rund 8 % lebten in Familien mit ihren Kindern und knapp 2 % als Alleinstehende in (anderen) Mehrpersonenhaushalten. Von den gleichaltrigen Seniorinnen lebten dagegen nur 47 % mit ihrem Ehe- oder Lebenspartner zusammen. Mit gut 43 % wohnten fast genauso viele Frauen allein in einem Einpersonenhaushalt. 6 % lebten in Familien mit ihren Kindern und knapp 4 % in anderen Mehrpersonenhaushalten. Unter den 85-Jährigen und Älteren lebten sieben von zehn Frauen und ein Drittel aller Männer allein in einem Einpersonenhaushalt. Gut 60 % der Männer dieser Altersgruppe konnten ihren Lebensabend zusammen mit ihrer Partnerin verbringen, während dies nur bei 15 % der hochbetagten Frauen der Fall war.
Tod des Ehepartners ist häufigster Grund für das Alleinleben
Drei von vier männlichen Senioren im Alter von 65 und mehr Jahren gaben als Familienstand »verheiratet zusammen lebend« an, knapp 12 % waren verwitwet, knapp 6 % geschieden, 5 % ledig und 2 % waren »verheiratet getrennt lebend«. Von den alleinlebenden Männern dieser Altersgruppe war die Hälfte (49 %) verwitwet. In der Gruppe aller 85-jährigen und älteren Männer waren 61 % der Männer verheiratet und 32 % verwitwet, unter den alleinlebenden Männern waren 86 % verwitwet.
Nur knapp die Hälfte der 65-jährigen und älteren Seniorinnen (48 %) gab als Familienstand »verheiratet zusammen lebend« an. Gut 37 % der Frauen dieser Altersgruppe waren bereits verwitwet. Rund 8 % waren geschieden, 5 % ledig und knapp 2 % »verheiratet getrennt lebend«. Für fast drei Viertel der alleinlebenden Seniorinnen (72 %) war der Tod des Ehepartners der Grund für das Alleinleben. Von den alleinlebenden hochbetagten Frauen im Alter von 85 und mehr Jahren waren 87 % verwitwet, knapp 8 % waren ledig2.
Renten und Pensionen sind die Haupteinkommensquellen im Alter
Nahezu 92 % der männlichen Senioren im Alter von 65 und mehr Jahren bezogen den überwiegenden Teil ihrer finanziellen Mittel, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, aus ihrer Rente bzw. Pension. Rund 4 % gaben als Quelle des überwiegenden Lebensunterhalts ihre Erwerbstätigkeit an. Gut 2 % der Männer lebten hauptsächlich von ihrem eigenen Vermögen, Ersparnissen, Zinsen und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Auch für die Mehrheit der Seniorinnen (knapp 82 %) war die Rente bzw. Pension die Haupteinnahmequelle. Allerdings waren gut 12 % der Frauen zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts auf die Einkünfte von Angehörigen zum Beispiel vom Ehe- oder Lebenspartner, den Kindern oder anderen Angehörigen angewiesen. Das eigene Vermögen, Ersparnisse sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung waren ebenso wie bei den Männern für 2 % der Seniorinnen die Hauptquelle zur Finanzierung ihres Lebensunterhaltes.
Nahezu alle Personen im Alter von 65 und mehr Jahren bezogen eine eigene Rente oder Pension oder Hinterbliebenenrente/-pension (97 %). Fast alle Männer, aber auch knapp 98 % aller Frauen bezogen mindestens eine eigene Rente oder Pension. Bei den Senioren handelte es sich in 82 % aller Rentenfälle um eine Rente aus der Deutschen Rentenversicherung und bei gut 10 % um eine öffentliche Pension. Die verbleibenden 8 % setzten sich aus sonstigen öffentlichen Renten (4 %), Renten aus dem Ausland (3 %), Unfall- und Kriegsopferrenten zusammen. Die Seniorinnen erhielten in 92 % der Rentenfälle eine Rente der Deutschen Rentenversicherung, aber nur jeweils zu knapp 3 % eine sonstige öffentliche Rente bzw. eine öffentliche Pension und 2 % eine Rente aus dem Ausland. Unfallrenten und Kriegsopferrenten fielen bei den Rentnerinnen nur in sehr geringer Zahl an.
Einkommenslage von Seniorenhaushalten
Die Höhe des monatlichen Nettoeinkommens3 eines Seniorenhaushalts hängt maßgeblich davon ab, ob es sich um einen Ein- oder Mehrpersonenhaushalt handelt und ob der Haupteinkommensbezieher – das ist die Person mit dem höchsten monatlichen Nettoeinkommen im Haushalt – ein Mann oder eine Frau ist. Im Schaubild 3 sind Privathaushalte dargestellt, deren Haupteinkommensbezieher 65 Jahre oder älter war. Das monatliche Haushaltsnettoeinkommen beinhaltet die Nettoeinkommen aller Haushaltsmitglieder.
Von allen Haushalten mit einem Haupteinkommensbezieher im Alter von 65 und mehr Jahren (unabhängig davon, ob er männlich oder weiblich ist) hatten 26 % der Haushalte ein monatliches Haushaltsnettoeinkommen von unter 1 300 Euro, 19 % von 1 300 bis unter 1 700 Euro, knapp 29 % von 1 700 bis unter 2 600 Euro und 26 % von 2 600 Euro und mehr. Besonders deutlich sind die Einkommensunterschiede von alleinlebenden Seniorinnen und Senioren. So hat die Hälfte der alleinlebenden Frauen ein monatliches Nettoeinkommen von weniger als 1 300 Euro (alleinlebende Männer 34 %). Gut 15 % der alleinlebenden Senioren, aber nur knapp 6 % der alleinlebenden Seniorinnen standen monatlich 2 600 Euro und mehr zur Verfügung.
Ein Fünftel (19,9 %) aller Frauen im Alter von 65 und mehr Jahren galt 2015 gemessen an den baden-württembergischen Einkommensverhältnissen als armutsgefährdet, bei den Männern dieser Altersklasse betrug der Anteil 14,5 %.4 Die Armutsgefährdungsquote von Seniorinnen lag damit deutlich über der durchschnittlichen Armutsgefährdungsquote in Baden-Württemberg von 15,3 %. Seit 20055 ist damit die Armutsgefährdungsquote der älteren Frauen von 16,7 % um 3,2 Prozentpunkte und die der älteren Männer von 12 % um 2,5 Prozentpunkte angestiegen.
Die Gründe für eine höhere Armutsgefährdung von Seniorinnen liegen im Vergleich zu den gleichaltrigen Männern unter anderem in formal niedrigeren schulischen und beruflichen Bildungsabschlüssen, in kürzeren Zeiten der Erwerbstätigkeit durch familienbedingte Auszeiten, an Tätigkeiten in schlechter bezahlten Berufen und Branchen, die im Ergebnis zu geringeren Renten führen.
Bildungsabschlüsse der älteren Generation
Fast die Hälfte der 65-jährigen und älteren Frauen (45 %) hatte 2015 keinen beruflichen Abschluss, bei den gleichaltrigen Männern lag dieser Anteil nur bei 14 %. Eine Lehrausbildung hatten 52 % der Männer und 44 % der Frauen abgeschlossen. Einen Meister/Techniker- oder vergleichbaren Fachschulabschluss konnten dreimal so viele Männer (knapp 15 %) wie Frauen (knapp 5 %) vorweisen. Auch bei den akademischen Abschlüssen war der Anteil der Männer mit Fachhochschul- bzw. Hochschulabschluss mit 19 % dreimal höher als bei den Frauen (gut 6 %). Letzteres liegt auch daran, dass nur 10 % der Seniorinnen, aber gut 23 % der Senioren mit der Fachhochschulreife bzw. dem Abitur die Voraussetzungen für ein Hochschulstudium erworben hatten. In der Generation der 65-Jährigen und Älteren ist der Hauptschulabschluss sowohl bei Männern mit 60 % als auch bei den Frauen mit 67 % der dominierende Schulabschluss.
Zunahme der Erwerbstätigkeit von älteren Menschen
Nahezu 190 000 Personen im Alter von 65 und mehr Jahren – dies entspricht knapp 9 % der Bevölkerung dieser Altersgruppe – waren im Jahr 2015 noch erwerbstätig. Davon waren 118 000 Männer und 72 000 Frauen. Die Erwerbstätigenquote6 bei den Männer dieser Altersgruppe betrug damit gut 12 %, bei den Frauen knapp 6 %. Die Erwerbstätigenquote ist seit 2005 sowohl bei den Senioren als auch bei den Seniorinnen in allen Altersgruppen angestiegen. In der Altersgruppe der 65- bis unter 70-Jährigen hat sich der Anteil der Erwerbstätigen mehr als verdoppelt (2005: 9 %, 2015: 20 %). Dies dürfte zum einen mit dem späteren Renteneintrittsalter, das seit 2012 schrittweise für die Geburtsjahrgänge ab 1947 eingeführt wurde (»Rente mit 67«), zusammenhängen. Zum anderen könnten aber auch die finanzielle Notwendigkeit und/oder der Wunsch nach aktiver Betätigung auch nach Renteneintritt weitere Ursachen der steigenden Erwerbstätigkeit im höheren Alter sein.
Von den 190 000 Erwerbstätigen im Alter von 65 und mehr Jahren finanzierte ein Drittel seinen Lebensunterhalt hauptsächlich aus den Einkünften aus der Erwerbstätigkeit. Für zwei Drittel der Erwerbstätigen war die Erwerbstätigkeit ein Zuverdienst, da als Haupteinnahmequelle andere Einkunftsarten wie Rente/Pension, Einkünfte aus eigenem Vermögen, Vermietung und Verpachtung oder Unterhalt durch Angehörige dienten. Bei knapp 42 % aller Erwerbstätigen im Alter von 65 und mehr Jahren handelte es sich dabei um eine geringfügige Beschäftigung.