:: 8/2008

Der Bodensee, der größte …?

Obwohl der Bodensee eine Fläche von 536 km2 hat, der größte Binnensee Baden-Württembergs ist er damit nicht. Dies ist mit 5,1 km2 der Schluchsee.

Grund für dieses Kuriosum ist die Tatsache, dass die Staatsgrenzen an den Uferlinien enden. Mit Ausnahme des Bereichs Untersee/Konstanzer Trichter existieren für den Bodensee keine Grenzverträge zwischen den drei Anrainerstaaten Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Seefläche an sich ist somit quasi »internationales Gewässer« und zählt nicht zur Staatsfläche von Deutschland, bzw. Baden-Württemberg, der Schweiz oder von Österreich.

Trotzdem – der Bodensee hat für Baden-Württemberg eine große Bedeutung. Prägend für die Landschaft und das Klima seiner unmittelbaren Umgebung wirkt der Bodensee weit über seine Grenzen ins Land hinaus.

Zunächst ist der Bodensee mit einem Volumen von 48 km3 ein riesiger Wasserspeicher. Über 20 verschiedene Stadtwerke und Trinkwasserzweckverbände rund um den See entnehmen Wasser für die Trinkwassergewinnung. Mit jährlich etwa 130 Mill. m3 entfallen dabei rund drei Viertel der aufbereiteten Wassermenge allein auf das Bodensee-Wasserwerk in Sipplingen. Durch zwei Hauptleitungen wird das Wasser von dort bis nach Bad Mergentheim im Norden des Landes gepumpt. Derzeit werden damit 180 Gemeinden und Zweckverbände des Landes und deren rund 4 Mill. Einwohner mit Trinkwasser versorgt.

Angesichts dieser Entnahmemengen stellt sich die Frage, ob denn das Wasser auf Dauer reicht. Aus einem Einzugsgebiet von 11 500 km2 fließen dem Bodensee pro Jahr im Mittel 11 Mrd. m3 Wasser neu zu. Das ist gut 50-mal so viel wie entnommen wird. Hauptzufluss mit rund 7,8 Mrd. m3 ist der Alpenrhein, gefolgt von Bregenzer Ach mit 126 Mill. m3 und der Argen mit 52 Mill. m3.

Nicht nur als Wasser-, auch als Wärmespeicher wirkt der See. Das milde Klima beschert den Gartenbaubetrieben auf der Insel Reichenau bis zu drei Freilandernten. Rund 7 % der baden-württembergischen Gemüseernte stammen von der Gemüse-Insel Reichenau und wird vornehmlich im süddeutschen Raum vermarktet. Produktionsschwerpunkte sind vor allem Salate, Gurken, Tomaten und Auberginen. Eine Spezialität sind Freilandtomaten.

Aber nicht nur als Gemüse-Insel ist die Reichenau bekannt. Seit dem Jahr 2000 gehört sie als Kloster-Insel mit dem ehemaligen Benediktinerkloster St.-Maria-und-Markus, den Kirchen St.-Peter-und-Paul und St. Georg zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Beachtlich ist der Obstanbau in dieser Region. Die Obstlandschaft Bodensee, mit Schwerpunkt am Nordufer und dessen Hinterland, ist das größte Obst-Anbaugebiet des Landes. Dort befinden sich 47 % der Flächen des baden-württembergischen Erwerbs-Obstbaus. Zu 90 % erzeugen die Landwirte hier Tafeläpfel.

Auch wenn der Blick von der Seeseite her auf Meersburg einen anderen Eindruck vermittelt, der Weinbau am Bodensee nimmt sich vergleichsweise bescheiden aus. Nur etwas über 2 % der bestockten Rebfläche des Landes entfallen auf die meist ufernahen Gemeinden des Bodensees. Angebaut werden bei den Rotweinen vor allem Spätburgunder, bei den Weißweinen vorzugsweise Müller-Thurgau. Diese werden fast ausschließlich zu Qualitäts- und Prädikatsweinen ausgebaut.

Kulinarisches wie Bodenseefelchen und Wein, Kulturelles wie die Seebühne in Bregenz, oberschwäbisches Barock in der Klosterkirche Birnau, Frühgeschichtliches im Pfahlbaumuseum Unteruhldingen, der Bodensee hat Touristen einiges zu bieten. Knapp 9 % der Übernachtungsgäste Baden-Württembergs ließen sich im vergangenen Jahr von Alpenpanorama, mildem Klima und Landschaft an den Bodensee locken. Bei den Beherbergungsbetrieben sorgte dies für eine leicht über dem Landesschnitt liegende Auslastung der Schlafgelegenheiten von 34 %.

Das Industriepotenzial am See ist nicht unerheblich. Firmen aus der Fahrzeug-Zulieferindustrie, der Luft- und Raumfahrt, sowie dem Maschinenbau tragen dazu bei, dass der Bodenseekreis bei der Industriedichte (Beschäftigte in Industriebetrieben je 1 000 Einwohner) im Vergleich der 44 Stadt- und Landkreise des Landes an 9. Stelle rangiert. Beim »Gesamtumsatz je Betrieb« gehören der Landkreis Konstanz (11. Stelle) und der Bodenseekreis (8. Stelle) zum oberen Viertel im Land. Den Gemeinden der Region beschert dies eine entsprechend hohe Kaufkraft der Einwohner.