Neue regionalisierte Wohnungsbedarfsprognose für Baden-Württemberg bis 2025
Die Wohnungsbautätigkeit in Baden-Württemberg ist seit Mitte der 90er-Jahre stetig zurückgegangen. Wurden 1994 in Baden-Württemberg insgesamt – das heißt durch Neubau von Wohn- und Nichtwohngebäuden sowie im Zuge von Baumaßnahmen im Bestand – noch 101 700 Wohnungen fertiggestellt, waren es im Jahr 2006 nur 37 200; das ist der drittniedrigste Wert in der Geschichte des Landes nach den Jahren 2003 (35 400) und 2005 (36 100). Der Anstieg der Haushaltszahl gegenüber den Verhältnissen zu Beginn dieses Jahrhunderts hat sich ebenfalls abgeschwächt. Aufgrund dieser nur noch verhaltenen Zunahme der Haushaltszahlen ist die Wohnungsversorgung trotz relativ geringer Fertigstellungszahlen in weiten Teilen des Landes durch einen deutlichen Trend hin zur Vollversorgung gekennzeichnet. Landesweit wurde für das Jahr 2005 sogar bereits eine rechnerische Überversorgung festgestellt. Trotz dieser insgesamt positiven Entwicklung wurde für die meisten Stadtkreise und die Landkreise mit Hochschulen ein weiterhin hohes Defizit ermittelt.
Was den künftigen Bedarf aufgrund steigender Haushaltszahlen sowie für den Ersatz von wegfallenden Wohnungen bis zum Jahr 2025 angeht, ist landesweit von etwa 450 000 Wohnungen auszugehen. Werden darüber hinaus in adäquatem Umfang noch bestehende Wohnungsdefizite berücksichtigt, so liegt der landesweite Baubedarf bis 2010 bei knapp 28 000 Wohnungen pro Jahr, danach nur noch bei 22 000 Einheiten. Der höchste künftige Wohnungsbedarf wurde für den Landkreis Heilbronn ermittelt.
Noch 1992 fehlten 300 000 Wohnungen im Land
1950 standen für ca. 2 Mill. Haushalte nur 1,4 Mill. Wohnungen zur Verfügung, rein rechnerisch fehlten damit etwa eine halbe Million Wohnungen. Die beachtliche Bauleistung im ersten Jahrzehnt des Bestehens des Landes hat aber dazu geführt, dass sich die Wohnungsversorgung stetig verbessert hat. Dagegen konnte in den 60er-Jahren die Unterversorgung mit Wohnraum aufgrund der zeitweise starken Zuwächse bei der Bevölkerungs- und Haushaltszahl nicht mehr entscheidend abgemildert werden. Mit Einsetzen der starken Rückwanderung von ausländischen Arbeitskräften Mitte der 70er-Jahre in ihre Heimat und einer damals immer noch beachtlichen Bautätigkeit wurde Mitte der 80er-Jahre eine Phase mit – wenn auch geringer – rechnerischer Überversorgung mit Wohnungen erreicht. Bis gegen Ende der 80er-Jahre änderte sich diese Wohnungsmarktsituation nur unwesentlich.
Ein spürbarer Rückgang der Fertigstellungszahlen und die mit den Entwicklungen der späten 80er-Jahre in Osteuropa verbundenen erheblichen Zuwanderungen führten zu Beginn der 90er-Jahre wieder zu einem deutlichen Wohnungsfehlbestand. Bis Ende 1992 hatte sich ein landesweites Defizit in Höhe von ca. 300 000 Wohnungen aufgebaut. Seither hat sich das rechnerische Wohnungsdefizit trotz der erheblich gesunkenen Wohnungsbautätigkeit stetig verringert. Bereits seit dem Jahr 2000 ist der Wohnungsmarkt landesweit erstmals wieder ausgeglichen; im Jahr 2005 ergab sich eine rechnerische Überversorgung in Höhe von landesweit knapp 33 000 Wohnungen. Dieses günstige Landesergebnis bedeutet jedoch nicht, dass in allen Teilräumen des Landes ein ausgeglichener Wohnungsmarkt gegeben ist.
Nur noch 13 der 44 Kreise mit einem Wohnungsdefizit
Was die Wohnungsversorgung in den Teilräumen des Landes betrifft, so hat sich diese gegenüber den letzten Berechnungen für das Jahr 2002 – mit wenigen Ausnahmen – weiter verbessert. Von den 15 Kreisen, die 2002 noch ein Wohnungsdefizit (vgl. i-Punkt) aufwiesen, ist dieses seither in den Landkreisen Böblingen und Ludwigsburg sowie im Rhein-Neckar-Kreis und im Stadtkreis Mannheim absolut betrachtet am stärksten zurückgegangen (jeweils um 2 000 bis 2 500 Wohnungen). In den Landkreisen Böblingen und Breisgau-Hochschwarzwald hat sich das bisherige Wohnungsdefizit sogar in eine geringe rechnerische Überversorgung verwandelt. Lediglich im Stadtkreis Karlsruhe fehlen im Vergleich zu 2002 etwas mehr Wohnungen (+ 100); im Landkreis Karlsruhe liegt der Fehlbestand unverändert bei 2 800 Wohnungen.
Bezogen auf den aktuellen Wohnungsbestand fehlen im Stadtkreis Freiburg im Breisgau weiterhin die meisten Wohnungen (14 %), gefolgt von den Stadtkreisen Heidelberg (12 %) und Stuttgart (10 %). Dagegen wurde für immerhin 31 der 44 Stadt- und Landkreise eine rechnerische Voll- oder sogar »Überversorgung« ermittelt.
Trotz der insgesamt positiven Entwicklung in der Wohnungsversorgung ist das immer noch relativ hohe Defizit in den meisten, bereits genannten Stadtkreisen und den Landkreisen mit Hochschulen beachtlich. Das Wohnungsdefizit ist in den zuletzt genannten Kreisen in der Realität aber wohl geringer, als es die rechnerischen Ergebnisse erwarten lassen: Die Haushaltsdefinition stellt nämlich auf den Sachverhalt »gemeinsam wohnen und wirtschaften« ab. Insbesondere bei Wohngemeinschaften von Studenten oder bei nicht ehelichen Lebensgemeinschaften ist die Zusammenfassung in einen, beziehungsweise die Aufspaltung in mehrere Haushalte von der Selbsteinschätzung der Befragten abhängig. Dies bewirkt in Hochschulstandorten unter Umständen überhöhte Bedarfszahlen.
Hinzu kommt ein weiterer Punkt, weshalb das Wohnungsdefizit in den Groß- und vor allem in den Universitätsstädten unter Umständen zu hoch ausgewiesen ist: Möglicherweise sind nämlich bereits die Bevölkerungszahlen, die die Grundlage für die Berechnung der Haushaltszahlen und des Wohnungsdefizits bilden, aufgrund von Ungenauigkeiten in der amtlichen Bevölkerungsfortschreibung unzutreffend ausgewiesen. Hierauf hatte das Statistische Landesamt bereits im Jahr 1996 hingewiesen.1 Schließlich dürfte auf der anderen Seite das Wohnungsangebot in Hochschulstädten unterschätzt sein, weil die Wohnheimplätze nicht in der Wohnungsfortschreibung enthalten sind.
Kleinere Kommunen sind voll versorgt
Im Jahr 2005 waren immerhin gut 900 der 1 109 baden-württembergischen Gemeinden – statistisch betrachtet – voll- oder bereits »überversorgt«; das sind annähernd 85 % der Kommunen. Dabei sind günstige Situationen meist in kleineren Gemeinden anzutreffen: In Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern lag das durchschnittliche Defizit im Jahr 2005 bei gut 7 % und in Kommunen mit 50 000 bis 100 000 Einwohnern bei knapp 2 %. Dagegen wurde bereits für Städte mit zwischen 20 000 und 50 000 Einwohnern eine geringe und für Gemeinden mit bis zu 20 000 Einwohnern eine deutliche »Überversorgung« mit Wohnungen ermittelt (0,7 % bzw. 4,6 %).
Die Wohnungsmarktsituation hat sich auch in allen vier Raumkategorien des Landesentwicklungsplanes gegenüber 2002 nochmals verbessert: In den Randzonen um die Verdichtungsräume, den Verdichtungsbereichen im Ländlichen Raum und dem Ländlichen Raum im engeren Sinne sind die Haushalte im Schnitt ausreichend mit Wohnungen versorgt; lediglich die Gemeinden in den Verdichtungsräumen weisen mit durchschnittlich 3 % immer noch ein nicht unerhebliches Wohnungsdefizit auf.
Wohnungsneubedarf geht nach 2015 deutlich zurück
Der künftige Wohnungsbedarf setzt sich aus dem Wohnungsneubedarf und dem Wohnungsersatzbedarf zusammen. Entscheidend für die Höhe des Wohnungsneubedarfs, also den Bedarf aufgrund steigender Haushaltszahlen, sind die zugrunde gelegten Annahmen zur zukünftigen Bevölkerungsentwicklung, die insbesondere aus dem Trend der letzten Jahre abgeleitet werden (vgl. auch i-Punkt). Seit Ende 1998 bis Juni 2002 hat sich die Einwohnerzahl Baden-Württembergs um 205 000 Personen auf 10,63 Mill. erhöht. Ganz entscheidend für diese dynamische Entwicklung war damals die relativ günstige Arbeitsmarktsituation im Land, die zu einem starken Bevölkerungszuzug führte.
In den letzten Jahren hat sich der Wanderungsgewinn allerdings deutlich verringert; lag dieser in den Jahren 2001 und 2002 noch bei annähernd 70 000 bzw. 56 000 Menschen, sind im Jahr 2005 nur noch 18 000 Personen mehr nach Baden-Württemberg zu- als fortgezogen. Aufgrund dieses Trends in den letzten Jahren hin zu eher moderaten Wanderungsgewinnen, wurde für die dem Wohnungsneubedarf als Basis dienende Bevölkerungsvorausrechnung bis zum Jahr 2025 ein jährlicher Wanderungsgewinn von etwa 17 000 Personen zugrunde gelegt.2 Zusammen mit der natürlichen Bevölkerungsentwicklung, die künftig von einem Geburtendefizit geprägt sein wird, errechnete sich landesweit bis 2011 noch ein geringfügiger Anstieg der Bevölkerungszahl um 30 000 Personen. Danach schließt sich bis 2025 ein Rückgang um etwa 135 000 Personen an. Gegenüber dem Basisjahr 2005 bedeutet dies eine Abnahme der Bevölkerungszahl um 1 %.
Basierend auf den Ergebnissen dieser Bevölkerungsvorausrechnung wird sich dagegen die Zahl der Haushalte landesweit sogar bis 2025 erhöhen: bis zum Jahr 2015 um 2,9 %, von 2015 bis 2025 nochmals um 0,9 %. Ursache dieser Diskrepanz zwischen Haushalts- und Bevölkerungsentwicklung ist das »Hineinwachsen« stark besetzter Altersgruppen in solche Altersgruppen, die – wie beispielsweise die Älteren – überwiegend in kleinen Haushalten leben. So wird die landesweite Zahl der Ein- bzw. Zweipersonenhaushalte noch deutlich zunehmen, während diejenige der Drei-, Vier- bzw. Fünfpersonenhaushalte zurückgehen wird.
Aus den erwarteten Zunahmen der Bevölkerungs- und Haushaltszahlen resultiert – wiederum unter Einbeziehung einer für einen funktionierenden Wohnungsmarkt notwendigen Fluktuationsreserve – für die Jahre 2006 bis 2015 ein Wohnungsneubedarf von landesweit 137 000 Wohnungen; für die Jahre 2016 bis 2025 liegt diese Bedarfskomponente nur noch bei 46 000 Einheiten. Der Anstieg der Haushaltszahl und damit der Wohnungsneubedarf werden sich somit in der zweiten Hälfte des Prognosezeitraums erheblich abschwächen. Nach dem Jahr 2020 ist kaum noch mit einem Wohnungsneubedarf zu rechnen.
Höchster Neubedarf im Landkreis Heilbronn
Dieser landesweite Bedarf in Höhe von gut 180 000 Wohnungen bis 2025 verteilt sich recht unterschiedlich auf die Teilräume des Landes. Entscheidend für die ermittelten Regionalergebnisse sind die Annahmen bezüglich der zugrunde gelegten Bevölkerungs- bzw. Haushaltsvorausrechnung: So wurde insbesondere unterstellt, dass die regionalen Wanderungsströme, die sich in der Vergangenheit beobachten ließen, der Struktur nach auch für den Prognosezeitraum bis 2025 weiter bestehen werden. Das heißt, dass Gemeinden und Kreise, die – im Landesvergleich – in der Vergangenheit eine hohe Anziehungskraft auf die Bevölkerung ausgeübt haben, voraussichtlich auch zukünftig Wanderer stärker anziehen werden und umgekehrt.3
Der höchste Wohnungsneubedarf bis 2025 wurde – bezogen auf den aktuellen Wohnungsbestand – für die Landkreise Heilbronn (+ 10,6 %), Breisgau-Hochschwarzwald (+ 7,7 %), Emmendingen (+ 7,2 %) und Biberach (+ 7,1 %) ermittelt. Für die Stadtkreise Mannheim, Stuttgart und Heidelberg sowie im Landkreis Heidenheim wird allenfalls noch für einzelne Zeitabschnitte innerhalb des Vorausrechnungszeitraums ein Neubedarf erwartet.
Im Gegensatz zum Wohnungsdefizit, das positiv mit der Gemeindegröße korreliert ist, zeigt sich bezüglich des Wohnungsneubedarfs ein anderes Bild: Der relativ höchste Neubedarf wurde für die kleineren Gemeinden mit zwischen 2 000 und 10 000 Einwohnern errechnet, dagegen wird der Bedarf in den größeren Städten des Landes unter dem Landesdurchschnitt liegen. Diese Unterschiede sind zwar auch auf eine unterschiedliche Dynamik in der Bevölkerungsentwicklung zurückzuführen, entscheidender ist aber, dass in den kleineren Kommunen die Bevölkerung aufgrund ihrer Altersstruktur wesentlich stärker in diejenige Altersgruppen »hineinwächst«, die in Ein- oder Zweipersonenhaushalten lebt.
Dieser Effekt – unterschiedliche Dynamik in der Haushaltsentwicklung im Vergleich zur Bevölkerungsentwicklung – zeigt sich auch für die Raumkategorien nach dem Landesentwicklungsplan: Während sich die voraussichtliche Entwicklung der Bevölkerungszahl bis 2025 im Ländlichen Raum im engeren Sinne nur um einen Prozentpunkt von der in den Verdichtungsräumen unterscheiden wird, wird die Entwicklung der Haushaltszahlen und damit der Neubedarf im Ländlichen Raum immerhin um 3 Prozentpunkte über der der verdichteten Gebiete liegen. Das bedeutet, dass der Ländliche Raum trotz einer auch hier zurückgehenden Bevölkerungszahl mit einem nicht unerheblichen Wohnungsneubedarf bis 2025 rechnen kann (+ 5 % bezogen auf den Wohnungsbestand).
Ersatzbedarf wird nach dem Jahr 2015 deutlich ansteigen
Der Wohnungsersatzbedarf – die zweite Komponente des künftigen Wohnungsbedarfs – resultiert aus dem im Prognosezeitraum zu erwartenden Wegfall von Wohnungen aufgrund von Abrissen, Umwidmungen oder Zusammenlegungen von Wohnungen. Nach den Ergebnissen der Abgangsstatistik lag in den letzten Jahren die Zahl der jährlich weggefallenen Wohnungen in der Größenordnung von 4 000 bis 5 000 Einheiten. Eine Detailanalyse der Wohnungsabgänge hat hierbei ergeben, dass deutliche Unterschiede bei den Entwicklungstrends festzustellen sind, und zwar abhängig vom Baualter der vom Abgang betroffenen Gebäude. Deshalb wurde die Vorausberechnung der im Prognosezeitraum zu erwartenden Wohnungsabgänge für die vier wichtigsten Baualtersgruppen jeweils separat vorgenommen und anschließend zum Gesamtergebnis zusammengeführt (vgl. i-Punkt). Mögliche Unschärfen der Abgangsstatistik sind durch einen angemessenen Zuschlag berücksichtigt.
Für das Land insgesamt errechnet sich danach für die Jahre 2006 bis 2015 ein Ersatzbedarf von insgesamt knapp 107 000 Wohnungen. Im darauffolgenden Jahrzehnt wird dieser Bedarf mit 165 000 Einheiten deutlich höher ausfallen. Für den gesamten Betrachtungszeitraum 2005 bis 2025 ergibt sich damit ein Ersatzbedarf in Höhe von gut 271 000 Einheiten, was einem Anteil von 5,6 % bezogen auf den aktuellen Wohnungsbestand entspricht.
Im Gegensatz zu den festgestellten deutlichen regionalen Unterschieden beim Wohnungsdefizit und beim Wohnungsneubedarf zeigt sich hier ein relativ einheitliches Bild: Die Spannweite reicht von einem Bedarf in Höhe von 4,5 % bezogen auf den Wohnungsbestand im Landkreis Böblingen bis 7,3 % im Stadtkreis Stuttgart.
Künftiger Gesamtbedarf liegt bei 450 000 Wohnungen
Der zukünftige Wohnungsbedarf errechnet sich aus der Summe des Wohnungsneu- und des Wohnungsersatzbedarfs. Was den Wohnungsneubedarf betrifft, so werden – wie bereits dargestellt – die starken Haushaltszuwächse zu Beginn der 90er-Jahre aller Voraussicht nach in den kommenden Jahren bei Weitem nicht mehr erreicht werden; landesweit wird der Bedarf bis 2025 bei nur 183 000 Wohnungen bzw. bei 3,8 % bezogen auf den Wohnungsbestand liegen. Wird außerdem der Wohnungsersatzbedarf berücksichtigt, errechnet sich ein künftiger Gesamtbedarf von etwas mehr als 450 000 Wohnungen; das sind landesweit immerhin gut 9 % bezogen auf den Wohnungsbestand.
Dieser künftige Bedarf verteilt sich recht unterschiedlich auf die einzelnen Teilräume des Landes: Der höchste Gesamtbedarf wurde für die Landkreise Heilbronn, Karlsruhe, Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen ermittelt. In den Stadtkreisen Heidelberg, Mannheim und Stuttgart sowie dem Landkreis Heidenheim wird dieser Bedarf ausschließlich aus dem Ersatzbedarf resultieren, da für den Betrachtungszeitraum ein Rückgang der Haushaltszahlen erwartet wird.
Baubedarf bis 2010 bei jährlich 28 000 Wohnungen, danach bei 22 000 Einheiten
Zur Deckung des landesweiten Bedarfs in Höhe von gut 450 000 Wohnungen bis zum Jahr 2025 wäre der Bau von jährlich ca. 22 000 Einheiten erforderlich. Dieser Wert stellt aber eine Untergrenze dar, da der Bedarf zum Abbau der partiell bestehenden Wohnungsdefizite noch nicht berücksichtigt ist.4 Wird deshalb unterstellt, dass diese Defizite bis zum Jahr 2010 abgebaut sein sollen, so ergibt sich für diesen Zeitraum ein jährlicher Fertigstellungsbedarf in Höhe von knapp 28 000 Wohnungen, danach von etwa 22 000 Wohnungen.
Innerhalb des Vorausrechnungszeitraums werden sich die Gewichte der beiden Hauptkomponenten – Neubedarf und Ersatzbedarf – erheblich verschieben: Wird bis zum Jahr 2015 der Neubedarf noch größer als der Ersatzbedarf sein, so wird der Baubedarf nach dem Jahr 2020 fast ausschließlich aus dem Ersatz für wegfallende Wohnungen resultieren.
Der errechnete jährliche Baubedarf in Höhe von 28 000 bzw. 22 000 Wohnungen wird aber auch aus einem weiteren Grund eine Untergrenze darstellen: In die überwiegend gute Bilanz geht der gesamte Wohnungsbestand ein und damit auch Wohnungen, die dem Wohnungsmarkt faktisch nicht zur Verfügung stehen. Gemeint sind beispielsweise Wohnungen von erwachsenen Kindern, die bisher in einer eigenen Wohnung im Haus der Eltern gelebt haben, die aber nach dem Auszug der Kinder gar nicht mehr vermietet werden.
Weiter könnte der ermittelte Fertigstellungsbedarf aber auch deshalb eine Untergrenze darstellen, weil in Teilräumen, in denen es zu einem besonders starken Rückgang der Bevölkerungs- bzw. Haushaltszahlen kommen wird, der Wohnungsabgang höher ausfallen könnte als errechnet: In schrumpfenden Regionen werden nämlich Wohnungen, die aufgrund der Bausubstanz und/oder der Lage nicht ausreichend attraktiv sind, nicht mehr marktfähig sein.
Modernisierungsbedarf gewinnt erheblich an Bedeutung
Hinzu kommt ein Weiteres: Vor dem Hintergrund rückläufiger Haushaltszahlen gewinnt die Modernisierung und die Instandsetzung des Wohnungsbestands erheblich an Bedeutung. Knapp zwei Drittel des gesamten Wohnungsbauvolumens entfallen derzeit bereits auf Bestandsmaßnahmen.5 Das bedeutet, dass die Perspektiven für die Bauwirtschaft besser sind als diese in den ermittelten Bedarfszahlen zum Ausdruck kommen.
Andere Untersuchungen kommen zum Teil auch deshalb zu einem deutlich höheren Bedarf, weil die in den letzten Jahren deutlich gestiegene Pro-Kopf-Wohnfläche einfach in zusätzliche Wohnungen umgerechnet wurde.6 Der Anstieg der Wohnfläche je Einwohner in den letzten Jahren resultiert zwar auch aus dem Bau größerer Wohnungen, entscheidend ist aber vor allem der sogenannte Remanenzeffekt: Die Pro-Kopf-Versorgung ist einfach deshalb angestiegen, weil beispielsweise erwachsene Kinder aus der elterlichen Wohnungen ausziehen oder ein Lebenspartner stirbt. Aus diesem Effekt aber einen Bedarf an zusätzlichen Wohnungen abzuleiten, ist nicht opportun.
Ob sich aber der ermittelte Wohnungsbedarf auch in einer entsprechenden Nachfrage niederschlagen wird, ist derzeit noch offen. Neben der wirtschaftlichen Erholung spricht hierfür vor allem auch, dass die Kaufkraft breiter Bevölkerungsschichten durch die in den kommenden Jahren vermehrten Erbschaften gestärkt werden wird.
Offen bleiben muss aber, inwieweit alle Bevölkerungsschichten in den nächsten Jahren adäquat mit Wohnraum versorgt sein werden. Denn es ist zu befürchten, dass dies vor allem in sozial schwächeren Schichten auch weiterhin nicht immer der Fall sein wird. Die rechnerische Ausgeglichenheit des Wohnungsmarktes sagt nämlich noch nichts über die Angemessenheit der Wohnungsgröße und der Zimmerzahl aus, die einem Haushalt zur Verfügung steht.
Regionalergebnisse über Internet abrufbar
Die Ergebnisse dieser Wohnungsbedarfsprognose stehen über das Landesinformationssystem Baden-Württemberg (LIS) und auch direkt über das Internet Interessenten zur Verfügung, und zwar für Städte bzw. aus Städten und Gemeinden zusammensetzbaren Raumeinheiten. Hierzu wurde eine Bildschirmtabelle vorbereitet . Allerdings werden – da zufallsbedingt für sehr kleine Raumeinheiten keine verlässlichen Vorausrechnungen erstellt werden können – Ergebnisse nur für Gebiete mit einer Mindesteinwohnerzahl von 30 000 veröffentlicht. Damit wird nicht zuletzt der Tatsache Rechnung getragen, dass Prognosen mit zunehmender Regionalisierung »anfälliger« werden für regional wirkende politische oder wirtschaftliche Entscheidungen. Beispielsweise kann die Ausweisung eines Baugebiets, die zum Zeitpunkt der Prognoseerstellung nicht absehbar war, für eine Gemeinde zu einem erheblichen Anstieg der Haushaltszahl und damit zu einem erhöhten Wohnungsbedarf führen, während dies auf Kreisebene schon nicht mehr spürbar sein muss. Dagegen kann die Schließung eines größeren ortsansässigen Betriebes zu gravierenden Abwanderungen führen – falls in der Umgebung nicht ausreichend Ersatzarbeitsplätze zur Verfügung stehen – während dies auf Landesebene praktisch keine Auswirkungen hat.