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Tourismus in der EUREGIO Bodensee

Der Bodensee gilt als beliebte Urlaubsregion. Es existieren allerdings nur wenige Tourismusstudien, die sich mit Teilen dieser Region befassen, und bislang gar keine, die sich auf den gesamten Raum beziehen. Dabei kann es unter Umständen überaus hilfreich sein, einmal über die Staatsgrenzen hinwegzuschauen, die Entwicklungen in anderen nahe dem See gelegenen Gebieten vergleichend zu betrachten und gegebenenfalls von anderen zu lernen, um schlussendlich gemeinsam davon zu profitieren. In diesem Sinne soll die Studie über den Tourismus im internationalen Bodenseeraum die bislang bestehende Lücke (ein Stück weit) schließen.

Wir danken Herrn Jonathan Schulz und Frau Silke Böttcher für die freundliche Abdruckgenehmigung der folgenden Kurzfassung

Die Studie befasst sich mit Stand und Entwicklung des übernachtenden Tourismus in der gesamten EUREGIO Bodensee. Ein kleinerer Teil widmet sich dem Tagestourismus. In Anlehnung an das Projekt »Statistikplattform Bodensee« wurde das gesamte Gebiet der Internationalen Bodenseekonferenz miteinbezogen. Die Studie behandelt also nicht nur den Bodenseetourismus in einem engen Sinn. So ist zum Beispiel das gesamte Bundesland Vorarlberg mit dem Wintertourismus im Montafon vertreten.

In der von uns definierten Bodenseeregion (i-Punkt) wurden von den jeweiligen Statistischen Ämtern im Kalenderjahr 2003 knapp 28 040 000 Gästeübernachtungen gezählt1, von denen 48 % auf die deutschen Landkreise, 23 % auf die Schweizer Kantone, 29 % auf das österreichische Bundesland Vorarlberg und nur 0,6 % auf das Fürstentum Liechtenstein entfielen.

Die tatsächliche Zahl der Übernachtungen lag allerdings wesentlich höher. Allein die von uns vorsichtig geschätzten zusätzlichen Übernachtungszahlen für die nicht von den amtlichen Statistiken erfassten Bereiche beliefen sich für den gesamten Raum auf knapp 6 531 000 Nächtigungen, so dass sich eine Gesamtsumme von rund 34 571 000 Logiernächten im Jahr 2003 in der Bodenseeregion ergab, die jedoch mit großer Sicherheit noch immer unterhalb der tatsächlichen Zahl liegt.2

Höchste Intensität in Vorarlberg

Dieser Berechnung zufolge entfielen in der EUREGIO Bodensee im Jahr 2003 9,5 Logiernächte auf einen Einwohner. Ein Vergleich der vier Teilregionen zeigt, dass das nördliche Bodenseeufer wesentlich stärker frequentiert wird als das südliche. In den Schweizer Kantonen nämlich lag 2003 die durchschnittliche Intensität bei lediglich vier Übernachtungen je Einwohner, während in den deutschen Landkreisen 16 Logiernächte je Einwohner erfasst wurden.

Ein Vergleich der kleinsten Gebietseinheiten ergab, dass im Landkreis Oberallgäu die Tourismusintensität am höchsten war; gefolgt vom Landkreis Lindau sowie dem österreichischen Bundesland Vorarlberg. Die kreisfreie Stadt Kempten und der Kanton Schaffhausen wiesen dagegen die geringsten Intensitäten auf (Schaubild 1).

Hotellerie am bedeutendsten

Bezogen auf die Logiernächte der gesamten Region spielte 2003 die Hotellerie mit 54 % die bedeutendste Rolle, gefolgt von der Parahotellerie mit 37 % und den Kurbetrieben mit lediglich 9 %. Die Verteilung der Logiernächte auf die drei Beherbergungsformen stellte sich auch im Vergleich der vier Teilregionen ähnlich dar; nur auf Landkreis- bzw. Kantonsebene erwies sie sich als heterogen (Tabelle).

Insgesamt positive Entwicklung

Der Zeitraum, innerhalb dessen ein Vergleich der Entwicklungen der Gesamtlogiernächte in den einzelnen Teilregionen des Bodenseeraumes möglich ist, wird zum einen durch die Mitte der 1990er-Jahre aufgrund von Ressourcenknappheit im Schweizer Bundeshaushalt kurzfristig eingestellte Parahotelleriestatistik begrenzt (Daten waren ab Mai 1996 wieder vorhanden) und zum anderen durch die ebenfalls kurzfristige Abschaffung beider Fremdenverkehrsstatistiken aus Budgetgründen zum Ende des Kalenderjahres 2003.

Wie Schaubild 2 verdeutlicht, haben sich die von den amtlichen Statistiken erfassten jährlichen Übernachtungszahlen in der EUREGIO Bodensee insgesamt positiv entwickelt (+ 4,4 %), obgleich sie ab dem Jahr 2001 (28,59 Mill. Logiernächte) kontinuierlich zurückgingen. Während sich die Nächtigungszahlen in Vorarlberg im Zeitraum von 1997 bis 2003 kontinuierlich positiv entwickelten, waren in den anderen drei Teilbereichen der EUREGIO Bodensee die Jahre 2000 oder 2001 bezüglich der Logiernächte am stärksten frequentiert und in den beiden Folgejahren mehr oder minder deutlich rückläufig. Dabei ist zu beachten, dass die Übernachtungszahlen in Vorarlberg und den deutschen Landkreisen im Jahr 1997 jeweils auf einem Tiefpunkt lagen.

Äußerst unterschiedliche Verteilung der Logiernächte je Herkunft

Während in den deutschen Landkreisen der Bodenseeregion im Jahr 2003 über 90 % der in der amtlichen Statistik erfassten Übernachtungen auf Inländer entfielen (einzige Ausnahme: die kreisfreie Stadt Kempten mit 83 %), war der Anteil der auf Inländer entfallenden Nächtigungen in den Schweizer Kantonen bereits deutlich geringer: Den Inländern im Schweizer Teil waren (den Daten der »Hotellerie- und Kurbetriebsstatistik« zufolge) nur 43 % der Übernachtungen zuzuordnen. Dabei ist bezüglich letztgenanntem Ergebnis zu bedenken, dass hier – anders als in den anderen Teilen der Seeregion – die Parahotellerie völlig ausgenommen ist, was sich möglicherweise auf die Verteilung auswirkt. Im österreichischen Vorarlberg allerdings spielten inländische Gäste wiederum eine wesentlich weniger bedeutende Rolle: Ihr Anteil an den Gesamtlogiernächten betrug 2003 lediglich 11 %, knapp 65 % der Übernachtungen entfielen dagegen auf Gäste aus dem benachbarten Deutschland. Und in Liechtenstein wurden nur knapp 10 % aller Logiernächte Gästen mit Wohnsitz innerhalb des Fürstentums zugeschrieben.

Im Einzelnen sind die Anteile der Logiernächte in- und ausländischer Gäste an den Gesamtlogiernächten im Jahr 2003 in nachfolgender Texttabelle ausgewiesen:

Teilregioninländische Gästeausländischer Gäste
Konstanz90%10%
Bodenseekreis91%9%
Ravensburg96%4%
Sigmaringen97%3%
Kempten83%17%
Lindau91%9%
Oberallgäu95%5%
Schaffhausen46%54%
Zürich32%68%
Thurgau66%34%
St. Gallen62%38%
Appenzell AR77%23%
Appenzell IR85%15%
Fürstentum Liechtenstein10%90%
Vorarlberg11%89%

Sommer versus Winter

Ähnliche Differenzen ergaben sich für die monatliche Verteilung der Logiernächte: Während sowohl im deutschen und im schweizer Teil der Bodenseeregion als auch in Liechtenstein die meisten Logiernächte in den Sommermonaten Juli bis September verbucht wurden, lag das absolute Maximum der Nächtigungen in Vorarlberg im Wintermonat Februar (Schaubild 3)3

1 Einzige Ungenauigkeit: Die Parahotelleriestatistik des Schweizer Bundesamtes für Statistik (BfS) weist die Logiernächte für Tourismus- und nicht für Kalenderjahre aus (Tourismusjahr: November bis Oktober des Folgejahres). In der oben genannten Zahl sind die Logiernächte in der Schweizer Parahotellerie für das Tourismusjahr 2002/2003 enthalten.

2 Nicht berücksichtigt wurden hier jene Übernachtungen, die von einem Teil der Betriebe trotz geltender Meldepflicht den entsprechenden Behörden nicht mitgeteilt werden. Für den deutschen Teil wird etwa davon ausgegangen, dass rund 20 % der gesamten Logiernächte nicht gemeldet werden.

3 Die hier ausgewiesenen monatlichen Übernachtungszahlen zu den Schweizer Kantonen enthalten lediglich die Zahlen zu Logiernächten in Betrieben der Hotellerie.