:: 157/2023

Pressemitteilung 157/2023

Klimabilanz 2022: Treibhausgas-Emissionen um 0,4 % gesunken

Wiederanstieg im Energiesektor durch die erhöhte Stromerzeugung aus Steinkohle, deutliche Rückgänge im Sektor Industrie

Im Jahr 2022 wurden in Baden-Württemberg nach ersten Schätzungen des Statistischen Landesamtes 72 Millionen (Mill.) Tonnen Treibhausgase1 ausgestoßen. Nach einem deutlichen Anstieg im Vorjahr (+4,6 %) bewegt sich der Treibhausgas-Ausstoß mit einem leichten Minus von 0,4 % etwa auf Vorjahresniveau. Aktuell liegen die Treibhausgas-Emissionen rund 18,8 Mill. Tonnen (−20,7 %) unter dem Referenzwert des Jahres 1990. Für die im Klimagesetz des Landes formulierte Zielerreichung 20302 ist eine weitere Reduktion des Treibhausgas-Ausstoßes in Höhe von 40,2 Mill. Tonnen CO2-Äquivalenten bzw. 56 % gegenüber dem Jahr 2022 erforderlich.

Die sektorale Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen in Baden-Württemberg verlief 2022 recht unterschiedlich. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hatte erhebliche Auswirkungen auf viele Bereiche der Wirtschaft und insbesondere auf den Energiesektor.

Im Sektor Energiewirtschaft, der aktuell 28 % der Gesamtemissionen in Baden-Württemberg verursacht, waren mit 1,8 Mill. Tonnen (+10 %) die größten Emissionsanstiege zu verzeichnen. Hauptgrund dafür war wie auch bereits 2021 die im Vergleich zum Vorjahr erhöhte Stromerzeugung aus besonders emissionsintensiven Steinkohlekraftwerken. Vor dem Hintergrund gedrosselter Gaslieferungen aus Russland wurde vermehrt Steinkohle eingesetzt, um die Erdgasreserven zu schonen und damit die Stromversorgung im Land und im europäischen Ausland zu sichern. Die gestiegene Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (+7 %), die milde Witterung sowie die geringere Stromnachfrage haben eine im Vergleich zum Vorjahr noch stärkere Erhöhung der Kohleverstromung gebremst.

Hingegen sank der Treibhausgas-Ausstoß der Industrie gegenüber dem Vorjahr deutlich um 1,2 Mill. Tonnen CO2-Äquivalente (−10,3 %). Es war der stärkste Rückgang seit der globalen Finanzkrise im Jahr 2009. Die hohen Energiepreise, Unsicherheiten bei der Versorgung mit Erdgas und die immer noch eingeschränkte Verfügbarkeit von Rohstoffen und Vorprodukten beeinträchtigten die Industrieproduktion in Baden-Württemberg. Die Emissionsrückgänge waren in fast allen Branchen zu beobachten, insbesondere bei den energieintensiven Produktionsprozessen wie der Papierindustrie sowie der Eisen- und Stahlindustrie.

Auf den Verkehr entfielen 2022 rund 28 % der gesamten Treibhausgasemissionen in Baden-Württemberg. Gegenüber 2021 wurden im Verkehrssektor insgesamt nur geringfügig mehr Treibhausgase ausgestoßen. Der Anstieg lag bei 0,1 Mill. Tonnen (+0,4 %). Während die Emissionen des Personenverkehrs (Pkw, Busse, Krafträder) um 4 % zunahmen, sanken die Treibhausgase des Güterverkehrs um fast 5,7 %. Die Emissionen der schweren Nutzfahrzeuge nahmen dabei kräftig um fast 11 % ab. Die vergleichsweise schwache Konjunktur führte im Jahr 2022 zu weniger Gütertransporten.

Der Treibhausgas-Ausstoß des Gebäudesektors ist vor allem durch den Energieverbrauch für die Bereitstellung von Warmwasser und Raumwärme gekennzeichnet. Rund 22 % der Gesamtemissionen in Baden-Württemberg stammen aus dem Gebäudesektor. Die Treibhausgas-Emissionen sind im Vergleich zum Vorjahr um 0,9 Mill. Tonnen (−5,4 %) spürbar zurückgegangen. Die vergleichsweise milde Witterung während der Heizperiode, die Einsparungen im Gasverbrauch sowie die stark gestiegenen Energiekosten waren die Hauptgründe für den Emissionsrückgang.

Die Treibhausgas-Emissionen der Landwirtschaft sind im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken (−1,2 %). Damit hat sich die rückläufige Emissionsentwicklung der vergangenen Jahre auch im Jahr 2022 fortgesetzt. Ursächlich dafür war erneut eine Abnahme der Tierbestände, insbesondere bei den Schweinen.

Auch im Sektor Abfallwirtschaft/Abwasser hat sich der abnehmende Emissionstrend der letzten Jahre auch im Jahr 2022 fortgesetzt. Die Treibhausgase, vor allem durch Freisetzung von Methan aus Deponien, haben gegenüber dem Vorjahr deutlich um 6,6 % abgenommen. Mit einem Anteil von 0,4 % wirkt sich der Sektor Abfallwirtschaft/Abwasser jedoch nur geringfügig auf den Gesamtausstoß der Treibhausgase in Baden-Württemberg aus.

1 Die unter dem Kyoto-Protokoll reglementierten Treibhausgase sind: Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Lachgas (N2O) sowie die fluorierten Treibhausgase (F-Gase).

2 Das Klimagesetz des Landes sieht gegenüber 1990 eine Reduktion der Treibhausgase um mindestens 65 % bis 2030 vor. Bis 2040 wird Treibhausgasneutralität angestrebt. Das angestrebte Reduktionsziel kann laut dem wissenschaftlichen Gutachten »Sektorziele 2030 und klimaneutrales Baden-Württemberg 2040« nur unter Anrechnung der natürlichen Senken erreicht werden.

Schaubild 1: Treibhausgas-Emissionen in Baden-Württemberg seit 1990 nach Sektoren
Schaubild 1: Treibhausgas-Emissionen in Baden-Württemberg seit 1990 nach Sektoren
Tabelle 1
Treibhausgas-Emissionen in Baden-Württemberg seit 1990 nach Sektoren
JahrTreib­haus­gas-Emis­sionen insg.Davon
Energie­wirtschaft1)Industrie2)Ver­kehr3)Gebäude4)Land­wirt­schaft5)Abfall-/‌Abwasser­wirtschaft6)
Mill. t CO2-Äquivalente

1) Brennstoffeinsatz in der Energiewirtschaft (NIR Sektor 1A1), diffuse Emissionen aus der Kohle-, Erdöl- und Erdgasförderung, -lagerung, -aufbereitung und -verteilung (NIR Sektor 1B).

2) Brennstoffeinsatz im Bergbau und Verarbeitenden Gewerbe, Industrie- und Baumaschinen (NIR Sektor 1A2), industrielle Prozesse und Produktverwendung (NIR Sektor 2)

3) Straßenverkehr und sonstiger Verkehr (NIR Sektor 1A3). Ohne internationalen Flugverkehr.

4) Brennstoffeinsatz in Haushalten (NIR Sektor 1A4a), Brennstoffeinsatz im Sektor Gewerbe, Handel, Dienstleistungen, sonstiger Brennstoffeinsatz wie Landwirtschaft und Militär (NIR Sektor 1A4b/1A5).

5) Tierhaltung, Düngerwirtschaft, landwirtschaftliche Böden, Vergärungs- und Biogasanlagen (NIR Sektor 3), landwirtschaftlicher Verkehr (1A4c)

6) Hausmülldeponien, Kompostierung, mechanisch-biologische Anlagen, Vergärungs- und Biogasanlagen, kommunale und industrielle Kläranlagen, Sickergruben (NIR Sektor 5).

Berechnungsstand: Juni 2023. Werte für 2022 Schätzung.

Datenquelle: Ergebnisse von Modellrechnung in Anlehnung an den Nationalen Inventarbericht (NIR) Deutschland 2023; Rösemann C, Vos C, Haenel H-D, et al. (2023) Calculations of gaseous and particulate emissions from German agriculture 1990–2021: Input data and emission results.

199090,820,018,620,321,06,14,7
200589,125,113,121,322,75,11,8
200689,925,913,320,823,25,01,7
200782,524,713,620,417,45,01,5
200884,223,513,220,320,95,01,3
200977,820,712,120,118,65,01,2
201079,321,712,520,318,75,01,1
201177,520,712,521,017,45,01,0
201276,321,011,820,816,85,00,9
201381,923,612,221,218,85,10,9
201476,721,012,421,515,85,30,8
201578,221,012,522,116,75,20,8
201680,121,612,822,617,35,20,7
201780,621,813,022,817,35,10,7
201877,320,412,622,116,75,00,6
201974,616,012,322,318,55,00,5
202069,113,711,820,018,44,90,4
202172,318,612,020,116,54,80,3
202272,020,410,820,215,64,70,3