:: 7/2023

Statistisches Monatsheft Juni/Juli 2023

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

die Branche »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« in Baden-Württemberg durchläuft seit der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008 einen grundlegenden strukturellen Wandel. Die wirtschaftlichen Verwerfungen durch die Coronakrise und die erheblichen Unsicherheiten der vergangenen Jahre haben diesen Prozess zusätzlich beschleunigt. Angesichts der aktuellen klima- und geopolitischen Fragestellungen steht die Branche zur »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« vor erheblichen Herausforderungen, die den strukturellen Wandel des Wirtschaftszweigs auch zukünftig erheblich beeinflussen werden. Im Titelbeitrag analysiert Nicolas Hörmann die Auswirkungen des Strukturwandels auf den Produktionsstandort Baden- Württemberg. Nicht nur die Automobilbranche muss sich externen Einflüssen anpassen, auch die Baubranche ist betroffen. Im Jahr 2022 war die Zahl der fertiggestellten Wohnungen in Baden-Württemberg leicht rückläufig. Damit war nach einem Jahrzehnt mit überwiegend positiven Vorzeichen bei den Baufertigstellungen bereits im zweiten Jahr in Folge ein Rückgang zu verzeichnen. Diese Entwicklung war sowohl bei den Einfamilien- als auch bei den Mehrfamilienhäusern zu beobachten. Nachdem in den vergangenen Jahren trotz hoher Immobilienpreise eine rege Bautätigkeit stattfand, führen zunehmende Lieferengpässe bei Baumaterialien und hohe Baupreise zu Verzögerungen bei den Baufertigstellungen. Auch die seit 2021 deutlich ansteigenden Bauzinsen bremsen die Bautätigkeit inzwischen aus. Dr. Anette Hartmann betrachtet in Ihrem Beitrag die ersten Auswirkungen der schwierigeren Lage im Wohnungsbau.

Ich wünsche Ihnen viele neue Erkenntnisse für Ihre Arbeit.

Dr. Anke Rigbers, Präsidentin

Die Branche »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« im strukturellen Wandel

Eine Analyse über die Auswirkungen des Strukturwandels auf den Produktionsstandort Baden-Württemberg

Die Branche »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« in Baden-Württemberg durchläuft seit der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008 einen grundlegenden strukturellen Wandel. Die starke Ausrichtung auf die ausländischen Absatzmärkte hat der Branche in der Südwestindustrie deutliche Bedeutungsgewinne bereitet und die Stellung als umsatzstärkste Industriebranche gefestigt. Zugleich zeichnet sich mit der unterdurchschnittlichen Entwicklung des Produktionsniveaus und dem Rückgang des Umsatzanteils aus Eigenerzeugung eine deutliche strukturelle Verlagerung weg von der inländischen Eigenproduktion und der Wertschöpfung im Verarbeitenden Gewerbe ab. Die wirtschaftlichen Verwerfungen durch die Coronakrise und die erheblichen Unsicherheiten der vergangenen Jahre haben diesen Prozess zusätzlich beschleunigt. Angesichts der aktuellen klima- und geopolitischen Fragestellungen steht die Branche zur »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« vor erheblichen Herausforderungen, die den strukturellen Wandel des Wirtschaftszweigs auch zukünftig erheblich beeinflussen werden.

Zensus 2022: Vorbereitung und Durchführung der Bevölkerungszählung

Am 15. Mai 2022 war der Stichtag des Zensus 2022 in Deutschland. Der Zensus umfasste eine Gebäude- und Wohnungszählung sowie eine Bevölkerungszählung. Der vorliegende Beitrag befasst sich mit der Bevölkerungszählung, welche a) als Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis bei knapp 1,7 Millionen (Mill.) Personen in Baden-Württemberg und b) als Vollerhebung an Wohnheimen und Gemeinschaftsunterkünften durchgeführt wurde. Ziel war die Ermittlung, wie viele Personen im Südwesten aktuell wohnen, wie sich die demografische Struktur der Gesellschaft darstellt und welche sozioökonomischen Verhältnisse allen voran in den Bereichen Erwerbstätigkeit und Bildungsstand vorliegen.

Wohnungsneubau 2022 in Baden-Württemberg leicht rückläufig

Erste Auswirkungen der schwierigeren Lage im Wohnungsbau werden spürbar

In Baden-Württemberg war die Zahl der fertiggestellten Wohnungen im Jahr 2022 leicht rückläufig. Damit war nach einem Jahrzehnt mit überwiegend positiven Vorzeichen bei den Baufertigstellungen bereits im zweiten Jahr in Folge ein Rückgang zu verzeichnen. Diese Entwicklung war sowohl bei den Einfamilien- als auch bei den Mehrfamilienhäusern zu beobachten. Nachdem in den vergangenen Jahren trotz hoher Immobilienpreise eine rege Bautätigkeit stattfand, führen zunehmende Lieferengpässe bei Baumaterialien und hohe Baupreise zu Verzögerungen bei den Baufertigstellungen. Auch die seit 2021 deutlich ansteigenden Bauzinsen bremsen die Bautätigkeit inzwischen aus.

Baden-Württemberg 2022: Ingenieurfachkräfte im Fokus

Immer mehr Frauen entscheiden sich für einen Ingenieurberuf

Als ausgeprägter Technologie-Standort ist Baden-Württemberg auf hochqualifizierte Fachkräfte angewiesen, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten. Aber auch die gegenwärtig herausfordernden Transformationsprozesse wie Digitalisierung und Dekarbonisierung setzen geeignetes Personal voraus, um die Weichen für ein nachhaltiges und weiterhin erfolgreiches Wirtschaften zu stellen. Ingenieurinnen und Ingenieure sind mit ihrem wissenschaftlich-technischen Expertenwissen hierfür besonders gefragt. Da mittlerweile bereits jede fünfte Ingenieurfachkraft im Südwesten 55 Jahre oder älter ist und aller Voraussicht nach innerhalb der nächsten 10 Jahre aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden wird, stellt der demografische Umschwung eine zusätzliche Hürde dar, diese wichtigen Stellen zu besetzen. Zwar ist das Ingenieurwesen noch immer eine Männerdomäne, allerdings entschieden sich in den letzten Jahren auch zunehmend Frauen für diesen Beruf.

Gender Pay Gap 2022 – Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern in Baden-Württemberg

Frauen im Land verdienen im Durchschnitt 23 % weniger als Männer

Der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern, der sogenannte Gender Pay Gap (GPG), ist eine wichtige Kenngröße in der öffentlichen Debatte um gleiche Bezahlung von Männern und Frauen bzw. Geschlechterdiskriminierung im Beruf. Vielen ist der Indikator auch im Zusammenhang mit dem internationalen Aktionstag »Equal Pay Day« ein Begriff, der 2023 in Deutschland am 7. März stattfand und symbolisch die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern markiert, um so auf die Entgeltungleichheit zwischen den Geschlechtern aufmerksam zu machen. Im Jahr 2022 erhielten weibliche Beschäftigte in Baden-Württemberg einen durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von 20,60 Euro, während der Durchschnitt bei männlichen Arbeitnehmenden 26,68 Euro pro Stunde betrug. Damit verdienten Frauen im Land durchschnittlich 23 % weniger pro Stunde als Männer. Welche persönlichen oder betrieblichen Eigenschaften und weitere strukturelle Faktoren Einfluss auf die Verdiensthöhe und vor allem den Verdienstunterschied zwischen den Geschlechtern nehmen und die Lohnlücke zumindest in Teilen erklären können, wird im nachfolgenden Text näher beleuchtet.

Von Bedeutung ist hier zum Beispiel, dass Frauen eher in schlechter bezahlten Berufen und Branchen arbeiten als Männer, seltener in Führungspositionen vertreten sind und häufiger in Teilzeit arbeiten. Unter Berücksichtigung dieser strukturellen Unterschiede kann der Gender Pay Gap auf eine Differenz von 7 % bereinigt werden.

Baden-Württemberg und Thüringen im Vergleich: Bruttowertschöpfung und Erwerbstätigkeit im Baugewerbe 1991 bis 2022

Die beiden traditionsreichen Industrieländer Baden-Württemberg und Thüringen haben über vier Jahrzehnte verschiedenen Wirtschafts- und Gesellschaftssystemen angehört und deshalb unmittelbar nach der deutschen Wiedervereinigung in zentralen demografischen und ökonomischen Bereichen unterschiedliche Entwicklungen genommen. Beispielhaft genannt seien die Abwanderungen vor allem junger Menschen von Ost- nach Westdeutschland, der Einbruch der ostdeutschen Industrie mit der Folge einer Halbierung der Erwerbstätigen im Verarbeitenden Gewerbe Thüringens innerhalb von 3 Jahren und ein in Ostdeutschland deutlich höheres Niveau an Arbeitslosigkeit. Die wesentlichen Entwicklungen der Länder Baden-Württemberg und Thüringen wurden in Monatsheft 4/2023 für Bevölkerung und Erwerbstätigkeit insgesamt und in Monatsheft 5/2023 für Wertschöpfung und Erwerbstätigkeit im Verarbeitenden Gewerbe beschrieben.

Die Untersuchungen haben aber auch ergeben, dass sich bei wichtigen Indikatoren für Baden-Württemberg und Thüringen nach zunächst starkem Auseinanderlaufen mit der Zeit eine Angleichung in der Entwicklung eingestellt hat, allerdings unter Beibehalten der Niveauunterschiede. So ist der Wanderungssaldo zwischen beiden Ländern seit 2017 im Wesentlichen ausgeglichen, haben sich die Arbeitslosenquoten schrittweise angenähert und wächst im Verarbeitenden Gewerbe die Bruttowertschöpfung seit 2004 sowie die Zahl der Erwerbstätigen seit 2010 in beiden Ländern ziemlich parallel. Es ist also eine Stabilisierung in Thüringen eingetreten, wenngleich auf niedrigerem Level. Dadurch hat Thüringen, auch im Vergleich zu Baden-Württemberg, als Wohn- und Wirtschaftsstandort an Attraktivität gewonnen.

Hierzu haben zahlreiche Maßnahmen beigetragen, die zum Teil unmittelbar nach der Wende in Angriff genommen wurden und mittel- oder langfristig Wirkung zeigen. Genannt seien der Bau neuer bzw. die Sanierung und Modernisierung bestehender Wohnungen, die Errichtung moderner Wirtschafts- und Verwaltungsgebäude und nicht zuletzt umfangreiche Investitionen in die Verkehrs- und Wirtschaftsinfrastruktur. Die Folge war ein bemerkenswerter Bauboom in Thüringen vor allem in den beginnenden 1990er-Jahren, der im vorliegenden Beitrag mithilfe von Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) nachgezeichnet werden soll.

Karte des Monats: Internetnutzung allgemein und Teilnahme an sozialen Netzwerken in Europa 2022

Mit der Karte des Monats werden regelmäßig besondere Themen kartografisch aufgegriffen. Diese und viele weitere Karten stehen für Sie zum kostenlosen Download bereit oder können auf Wunsch auch als Poster in verschiedenen Größen bestellt werden.

Darüber hinaus bieten wir mit unserem interaktiven Kartenangebot auch die Möglichkeit, Karten verschiedener Themen der amtlichen Statistik nach eigenem Bedarf zusammenzustellen. Die interaktiven Karten greifen auf einen umfangreichen Datenpool für kartografische Analysen zurück. Sie sind ebenso in verschiedenen Dateiformaten zum kostenlosen Download verfügbar.

Gerne erstellen wir für Sie auch Karten auf Wunsch. Dazu steht uns das gesamte Datenangebot des Landesinformationssystems zur Verfügung. Wenden Sie sich für Ihre Bestellung oder weiterführende Informationen telefonisch oder per Mail an uns.