:: 8/2016

Baden-Württembergs Wachstum schwächt sich deutlich ab

Preisbereinigt dürfte die Südwestwirtschaft 2016 um 0,5 % wachsen

Im 1. Quartal 2016 wuchs die baden-württembergische Wirtschaft um 0,6 % gegenüber dem Vorjahresquartal und somit so schwach, wie zuletzt im 2. Quartal 2014. Erste Frühindikatoren signalisieren auch für das 2. Quartal 2016 eine stagnierende Entwicklung. Erst in der 2. Jahreshälfte ist mit zusätzlicher Wachstumsdynamik zu rechnen. Im Gesamtjahr 2016 dürfte das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) somit um 0,5 % expandieren. Allerdings sollte die Wachstumsabschwächung nicht überinterpretiert werden. Im Durchschnitt der Jahre 2015/2016 dürfte die Südwestwirtschaft ihre Wirtschaftsleistung oberhalb des langjährigen Trends gesteigert haben.

Ein Grund für die deutliche Abschwächung liegt in der weniger dynamischen Auslandsnachfrage im Verarbeitenden Gewerbe. So setzte die baden-württembergische Industrie im 2. Quartal 2016 3,3 % weniger ins Ausland ab als im Vorjahresquartal, wobei das 2. Quartal 2015 aber auch besonders dynamisch verlaufen ist. Im Vorquartalsvergleich stabilisierten sich die Auslandsumsätze (0,4 %) wieder. Dies könnte darauf hindeuten, dass das Auslandsgeschäft in den nächsten Quartalen nicht mehr bremsend auf das Wachstum wirkt.

Die Inlandsnachfrage im Verarbeitenden Gewerbe folgt in der Quartalsbetrachtung einer »W«-Formation, behält aber ihren insgesamt positiven Trend. Insbesondere der Umsatz im Fahrzeugbau sticht hier mit einem Plus von 1,4 % gegenüber dem Vorjahresquartal hervor. Die niedrigen Zinsen und ein starker Zuzug in die Ballungszentren brachten der Bauwirtschaft zusätzliche Impulse und so legten die Arbeitsstunden in dieser Branche um 3,6 % gegenüber dem Vorjahresquartal zu.

Insgesamt dürfte das Wachstum im Jahr 2016 größtenteils von der Binnenwirtschaft ausgehen und aus dem Dienstleistungssektor kommen. Die Grundvoraussetzungen hierfür sind nach wie vor positiv: die Arbeitslosenquote blieb im Juni gegenüber dem Vorjahr konstant und liegt mit 3,7 % auf einem sehr niedrigen Niveau. Auch die Inflation verharrte auf einem historisch niedrigen Stand (0,0 %).

US-Ausfuhren in den ersten 4 Monaten stark rückläufig, Europa rettet Exportbilanz

Auf vielen Auslandsmärkten bläst den baden-württembergischen Exporteuren zu Beginn des Jahres 2016 ein scharfer Wind entgegen. So blieb zwar das Exportvolumen in den ersten 4 Monaten des Jahres gegenüber dem Vorjahreszeitraum nahezu konstant, innerhalb der einzelnen Länder treten jedoch große Unterschiede auf. So schrumpft der 2015 mit 22,2 % gewachsene Export in die USA in den ersten 4 Monaten um 9,2 % und die 2015 schon stagnierenden Ausfuhren nach China gingen zu Beginn des Jahres 2016 um 5,8 % zurück. Die Gründe hierfür sind in ihrem Ursprung vielfältig. So dürfte der »Diesel-Gate« die Nachfrage nach Fahrzeugen aus baden-württembergischer Produktion speziell in den USA einbrechen lassen (– 26 % im Bereich Kraftwagen und Kraftwagenteile). Auch im Reich der Mitte gingen die Ausfuhren von Fahrzeugen zweistellig zurück (– 10,7 %). Als zweiter wichtiger Bereich fällt mit einem Minus von 15,5 % der Export von Maschinen auf. Der Grund für den Rückgang könnte hier zum einen in der hohen Verschuldung chinesischer Unternehmen liegen. Ganz generell dürfte die chinesische Nachfrage nach Maschinen und Investitionsgütern in den nächsten Jahren eher flach verlaufen, da der neue Fünfjahresplan eine Umstrukturierung der Wirtschaft weg vom Produzierenden Gewerbe in Richtung Dienstleistungssektor vorsieht.

Dass die Exportbilanz in den ersten 4 Monaten insgesamt noch mit einer »roten Null« endete, verdanken die baden-württembergischen Unternehmen den EU-28 Ländern. Um 7,7 % stieg der Export in die EU, wobei das Vereinigte Königreich (+ 9,5 %) und die Niederlande (+ 15,9 %) besonders zu erwähnen sind. Mit 2,1 % legte der größte europäische Exportmarkt – Frankreich – zu und auch Italien liefert mit 2,6 % Exportwachstum einen nennenswerten Beitrag zum Außenhandel. Allerdings droht Italien zum neuen Sorgenkind der Eurozone zu werden. So liegt die Wirtschaftsleistung noch immer unterhalb des Vorkrisenniveaus von 2008 und das Bankensystem wird von einem beachtlichen Bestand fauler Kredite belastet. Diesem Teufelskreis versucht Premier Renzi zu entkommen, indem er Wirtschaftsreformen anschiebt und die Bankbilanzen bereinigen will.

Die aktuelle Entwicklung zeigt wieder einmal die Vorteile einer diversifizierten Exportstruktur, die sich die baden-württembergische Wirtschaft über Jahre aufgebaut hat. Doch trotz der hohen Diversifizierung bei Produkten und Exportländern müssen sich die Exporteure im Südwesten einem Trend stellen, den Ökonomen bereits seit längerem beobachten. Expandierte das globale Exportvolumen von 1996 bis 2006 fast doppelt so stark wie das Welt-BIP, so liegt dieses etwa seit der Finanzkrise nur noch beim Verhältnis 1:1. Ob die Globalisierung tatsächlich ins Stocken geraten ist, wie es der IWF befürchtet, werden die nächsten Jahre zeigen.