:: 6/2011

Drastische Investitionskürzungen der Industrie im Jahr 2009

Deutschland und Baden-Württemberg im Vergleich

Infolge der schärfsten Rezession in der Nachkriegszeit fuhr die Industrie 2009 im Vergleich zu 2008 in allen Bundesländern ihre Investitionen zurück. Die Betriebe im Südwesten reduzierten ihre Investitionsausgaben um 2,7 Mrd. Euro auf 8,5 Mrd. Euro. Trotz des hohen Rückgangs behaupteten die baden-württembergischen Industriebetriebe ihre herausgehobene Stellung im Bundesvergleich mit einem Landesanteil von 18,5 % am gesamtdeutschen Investitionsvolumen von 46,1 Mrd. Euro. Alleine die Südwestbetriebe der Schlüsselbranchen »Hersteller von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« und »Maschinenbau« tätigten trotz massiver Investitionskürzungen 9,5 % der gesamtdeutschen Industrieinvestitionen. Die in Baden-Württemberg ansässigen Großbetriebe mit 1 000 und mehr Beschäftigten reduzierten zwar ihre Investitionsausgaben um 1,2 Mrd. Euro, erzielten aber einen Anteil von 9,1 % der gesamtdeutschen Investitionssumme.

2008 erreichten die Investitionen in Sachanlagen (siehe i-Punkt) trotz der bereits Mitte des Jahres einsetzenden Abkühlung der Konjunktur einen Rekordwert sowohl im gesamten Bundesgebiet (59,6 Mrd. Euro) als auch in Baden-Württemberg (11,3 Mrd. Euro). Im Jahr 2009 sanken dann die Investitionsausgaben infolge der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise drastisch. Das Investitionsvolumen wurde deutschlandweit um 13,5 Mrd. Euro auf 46,1 Mrd. Euro (– 22,6 %) gekürzt. Dabei wurden in allen Bundesländern die Investitionen – wenn auch in unterschiedlichem Maße – zurückgefahren. In Baden-Württemberg senkten die Industriebetriebe ihre Ausgaben in Sachanlagen um 2,7 Mrd. Euro auf 8,5 Mrd. Euro (– 24,1 %). Nur in Bayern wurden mit einem Minus von 4 Mrd. Euro auf 8,8 Mrd. Euro höhere Kürzungen am Investitionsbudget vorgenommen.

Anteil der Südwestindustrie sinkt leicht auf 18,5 %

Trotz der Kürzungen verloren die Länder Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen, die zusammen das Investitionsvolumen um 9,3 Mrd. Euro reduzierten, auch 2009 kaum an Bedeutung für die deutschlandweiten Industrieinvestitionen. Die drei großen Flächenländer, in denen seit Mitte der 90er-Jahre regelmäßig zum Teil weit über die Hälfte1 der Industrieinvestitionen Deutschlands getätigt wurden, investierten auch 2009 noch 56,7 % der gesamtdeutschen Kaufinvestitionen, da in den anderen Bundesländern ebenfalls die Investitionen teilweise stark zurückgefahren wurden. Baden-Württemberg belegte in den meisten Jahren den dritten Platz hinter Nordrhein-Westfalen und Bayern im Länderranking2 – mit steigendem Landesanteil im langjährigen Vergleich. Im Krisenjahr 2009 sank der Länderanteil des Südwestens nur leicht von 18,9 % auf 18,5 % und lag damit knapp unter den Länderanteilen Bayerns (19,2 %) und Nordrhein-Westfalens (19 %).

Anteil der Immobilieninvestitionen in Baden-Württemberg konstant bei 13 %

Nachdem die Industrie 2009 in Deutschland ihre Investitionen in Ausrüstungen um 11,6 Mrd. Euro auf 40,5 Mrd. Euro und in Immobilien um 1,9 Mrd. Euro auf 5,6 Mrd. Euro reduzierte, sank der Anteil der Ausgaben für Grundstücke und Bauten an den Kaufinvestitionen, der als Indikator für Kapazitätserweiterungen angesehen werden kann, leicht von 12,6 % (2008) auf 12,1 %. Auch in Baden-Württemberg wurden hohe Kürzungen in beiden Anlageformen vorgenommen (Ausrüstungen: – 2,4 Mrd. Euro; Immobilien: – 349,7 Mill. Euro), aber erneut 13 % der Investitionen für Grundstücke und Bauten verwendet. Damit war die Bereitschaft der Südwestindustrie 2009, in Immobilien zu investieren, wie in den 2 Jahren zuvor geringfügig höher als in Gesamtdeutschland. Während die Betriebe in Ostdeutschland 13,5 % ihres Budgets für Grundstücke und Gebäude ausgaben, flossen im westlichen Bundesgebiet 11,9 % der Investitionsausgaben in Immobilien. Insgesamt betrachtet ist der Anteil der Investitionen in Gebäude und Grundstücke, nachdem er etwa Mitte der 2000er-Jahre3 auf seinen Tiefpunkt gesunken war, sowohl in Deutschland als auch in Baden-Württemberg tendenziell gestiegen.

Investitionskennzahlen sinken bundes- und landesweit

Nachdem die Investitionsintensität4 der Industriebetriebe in Deutschland wie auch in Baden-Württemberg im Investitionsrekordjahr 2008 noch einen neuen Höchststand erreicht hatte, ist sie in 2009 gesunken. Ihr Wert betrug 2009 in Deutschland 8 089 Euro pro Beschäftigten (– 18,8 %) und in Baden-Württemberg 7 400 Euro (– 19,8 %). Damit lagen die Indikatorenwerte nur leicht über dem durchschnittlichen Niveau von 2005/2006.5 Der Rückgang lässt sich damit erklären, dass die Investitionsausgaben 2009 deutlicher als die Beschäftigtenzahlen sanken. Im Vergleich zu den anderen Bundesländern belegte Baden-Württemberg 2009 einen der hinteren Plätze. Auch im langjährigen Vergleich6 waren die Werte der Investitionsintensität Baden-Württembergs stets niedriger als die gesamtdeutschen Kennzahlenwerte.

Während 2009 die Investitionsintensität in Deutschland und in Baden-Württemberg deutlich zurückging, sanken die Investitionsquoten7 in Folge der Weltwirtschaftskrise nur leicht. Trotz hoher Einsparungen im Investitionsbudget nahm der Indikator für Investitionsdynamik nur wenig ab, da die Umsätze 2009 ebenfalls massiv zurückgingen. 2009 sank die Investitionsquote in Deutschland auf 3,4 % (3,6 % in 2008), in Baden-Württemberg auf 3,7 % (3,8 % in 2008). Damit gingen auch die Investitionsquoten zum ersten Mal seit Erreichen ihres Tiefststands 2005 (3,1 %) wieder zurück. Unter den westdeutschen Ländern belegte Baden-Württemberg 2009 den zweiten Platz und blieb damit weiterhin auf einem der vorderen Plätze im Ranking der westlichen Bundesländer. Die ostdeutschen Länder erzielten mit 5 % im Jahr 2009 wie in den letzten 1,5 Jahrzehnten deutlich höhere Werte.

Schlüsselbranchen fahren Investitionen am stärksten zurück

Der Investitionseinbruch erfolgte 2009 sowohl in Deutschland als auch in Baden-Württemberg auf breiter Front. In Baden-Württemberg fuhren über drei Viertel, in Deutschland gar über 85 % der Branchen ihre Investitionen in zum Teil erheblichem Maß zurück. Am stärksten reduzierten die beiden Schlüsselbranchen, die für das Investitionsgeschehen in Deutschland und in Baden-Württemberg eine wichtige Rolle spielen8, ihre Investitionen:

»Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteile«:

  • Deutschland: um – 2,4 Mrd. Euro (– 20,4 %) auf 9,3 Mrd. Euro
  • Baden-Württemberg: um – 865,6 Mill. Euro (– 23,9 %) auf 2,8 Mrd. Euro

»Maschinenbau«:

  • Deutschland: um – 2,6 Mrd. Euro (– 32,5 %) auf 5,4 Mrd. Euro
  • Baden-Württemberg: um – 759,2 Mill. Euro (– 31,9 %) auf 1,6 Mrd. Euro.

Trotz dieser hohen Einsparungen sanken die zusammengefassten Strukturanteile der beiden Branchen nur geringfügig auf 31,9 % in Deutschland bzw. 51,3 % in Baden-Württemberg, da auch die anderen Branchen ihre Investitionsausgaben teilweise stark verminderten. Immerhin trugen die Südwestbetriebe der beiden Schlüsselbranchen auch 2009 noch 9,5 % (2008: 10,1 %) des gesamtdeutschen Investitionsvolumens. Während die Investitionsentwicklung bei den »Herstellern von Kraftwagen- und Kraftwagenteilen« und im »Maschinenbau« in Deutschland und im Lande ähnlich verlief, unterschied sich das Investitionsverhalten in einigen Branchen im Vergleich zwischen Deutschland und Baden-Württemberg teilweise deutlich. So hat beispielsweise die »Herstellung pharmazeutischer Erzeugnisse«, die in Baden-Württemberg ihre Investitionen um 78,2 Mill. Euro (20 %) am deutlichsten aufgestockt hat, in Deutschland ihre Investitionen um 69,4 Mill. Euro (– 4,5 %) zurückgefahren.

Auch Großbetriebe reagieren mit hohen Budgetkürzungen in der Krise

Für das Investitionsvolumen spielt sowohl in Deutschland als auch in Baden-Württemberg eine kleinere Anzahl von Betrieben mit 1 000 Beschäftigten und mehr eine wichtige Rolle. Insbesondere diese Großbetriebe haben in Deutschland wie auch im Südwesten mit starken Budgetkürzungen auf die Wirtschaftskrise reagiert, nachdem 2008 die Investitionsbudgets noch erhöht worden waren:

  • Deutschland: um – 4,9 Mrd. Euro (– 20,4 %) auf 19,2 Mrd. Euro
  • Baden-Württemberg: um – 1,2 Mrd. Euro (– 22,3 %) auf 4,2 Mrd. Euro.

Trotzdem tätigten 2009 diese Großbetriebe (1,4 % aller Industriebetriebe) deutschlandweit knapp 42 % der Investitionen. In Baden-Württemberg war der Anteil der Betriebe mit 1 000 und mehr Beschäftigten (1,6 % aller Südwestbetriebe) mit knapp 49 % an den Investitionsausgaben noch höher. Zu den bundesdeutschen Investitionsausgaben trugen die baden-württembergischen Großbetriebe 9,1 % bei.

Lassen sich bei den Großbetrieben keine großen Unterschiede zwischen dem Investitionsverhalten bundes- und landesweit erkennen, so gilt dies auch für die Betriebe der anderen Beschäftigtengrößenklassen. So reduzierten zum Beispiel die Betriebe mit »100 bis 249 Beschäftigten« ihre Investitionen in Deutschland um 30 % und in Baden-Württemberg um 30,2 %, während die Betriebe mit »unter 50 Beschäftigten« bei ihren Kaufinvestitionen deutschlandweit ein Minus von 14,9 % bzw. landesweit 18,2 % verzeichneten.

Die deutsche Wirtschaft investierte 2010 deutlich mehr als im Vorjahr.9 Maßgeblich zum deutlichen Anstieg der Bruttoanlageinvestitionen beigetragen haben die Investitionen in Ausrüstungsgüter. Aufgrund der positiven Entwicklung des gesamtwirtschaftlichen Investitionsvolumens in Deutschland ist auch für die Industrieinvestitionen in Baden-Württemberg mit einem Anstieg in 2010 zu rechnen. Allerdings wird dieser voraussichtlich etwas verhaltener als in den nichtindustriellen Sektoren ausfallen.10

1 Im Zeitraum 1995 bis 2009 lag die Bandbreite der zusammengefassten Länderanteile der drei großen Flächenländer am deutschen Investitionsvolumen zwischen 52,6 % (1995) und 59,5 % (2008).

2 Im Zeitraum 1995 bis 2009 wurde in Baden-Württemberg in 2003 mehr als in Bayern und in Nordrhein-Westfalen investiert, 2004 und 2006 mehr als in Nordrhein-Westfalen. Immerhin erzielte Nordrhein-Westfalen im gleichen Zeitraum acht Mal den höchsten Länderanteil.

3 Deutschland in 2003: 10,1 %; Baden-Württemberg in 2004: 8,1 %.

4 Aktivierte Bruttozugänge an Sachanlagen im Verhältnis zur Beschäftigtenzahl zum Stand Ende September.

5 Nachdem die Investitionsintensität in Deutschland und in Baden-Württemberg in 2001 einen Spitzenwert erreicht hatte, sank sie in den Folgejahren im Trend bis 2005. Anschließend stieg sie und erreichte in 2007 und 2008 jeweils Rekordwerte.

6 Seit Mitte der 90er-Jahre.

7 Aktivierte Bruttozugänge an Sachanlagen im Verhältnis zum Umsatz.

8 Tendenziell stiegen die zusammengefassten Strukturanteile der »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« und des »Maschinenbaus« ab 1995 sowohl in Deutschland als auch in Baden-Württemberg. Ihre Werte bewegten sich in Deutschland in einem Korridor zwischen 21,6 % (1995) und 34,6 % (2003) und in Baden-Württemberg zwischen 37,1 % (1995) und 53,4 % (2008).

9 Nach vorläufigen Daten stiegen die Bruttoanlageinvestitionen in jeweiligen Preisen um 6 %. Vgl. Statistisches Bundesamt: Ausführliche Ergebnisse zur Wirtschaftsleistung im 4. Quartal 2010, Pressemitteilung 74 vom 24. Februar 2011.

10 Nach Ergebnissen des ifo Investitionstests stiegen die Investitionsausgaben der Industriebetriebe 2010 der westdeutschen Länder um rund 3 %. Vgl. Annette Weichselberger: Westdeutsche Industrie: Deutlicher Investitionsanstieg 2011 geplant, in: ifo-Schnelldienst 2/2011 – 64. Jahrgang, S. 26 – 31.