:: 7/2010

Südwestindustrie mit Investitionsrekord in 2008

Mit nominal 11,4 Mrd. Euro investierte die Südwestindustrie 2008 soviel wie noch nie zuvor und übertraf das Rekordergebnis von 2007 nochmals um 9,2 %. Für Ausrüstungsgüter haben die Betriebe in Baden-Württemberg 9,9 Mrd. Euro und für Grundstücke und Bauten 1,5 Mrd. Euro ausgegeben. Damit stieg der Anteil der Investitionen für Immobilien auf 13,0 %. Die Investitionstätigkeit in Baden-Württemberg wird im Wesentlichen von den »Herstellern von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« und dem »Maschinenbau« getragen, wobei der Anteil der beiden Branchen an den Kaufinvestitionen 2008 seinen bislang höchsten Wert mit 54,2 % erreicht hat. Insbesondere die »Hersteller von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« (4,1 Mrd. Euro) und in dieser Branche die Großbetriebe (3,5 Mrd. Euro) haben 2008 nochmals kräftig investiert. Lediglich die Mietinvestitionen in neue Sachanlagen sind im Vorjahresvergleich um 1,5 % gesunken.

Nachdem in den Jahren 2006 und 2007 die sehr gute Wirtschaftslage den Betrieben des Verarbeitenden Gewerbes in Baden-Württemberg zu Spitzenwerten in der Nachfrage, der Produktion und den Umsätzen mit heimischen Produkten verhalf, wurde das wirtschaftliche Geschehen in der Südwestindustrie im Laufe des Jahres 2008 in immer stärkerem Maße durch die internationale Wirtschafts- und Finanzkrise bestimmt. Die Abkühlung setzte deutlich spürbar erst Mitte des Jahres ein. Der Konjunktureinbruch beschleunigte sich jedoch dramatisch im Laufe des Jahres mit der Folge, dass der Auftragseingang um 8,1 % im Vorjahresvergleich einbrach, die Produktion deutlich um 1,2 % zurückging und der Umsatz (0,1 %) sich gerade noch auf dem Vorjahresniveau halten konnte.

Über das gesamte Jahr hinweg betrachtet scheint die am Jahresende massiv spürbare Wirtschafts- und Finanzkrise im Südwesten nur zu einer Abschwächung der Investitionsdynamik geführt zu haben. Nach den Ergebnissen der Investitionserhebung 2008 konnte die Industrie im Südwesten ihr Investitionsvolumen im dritten Jahr nach den Rekordzuwächsen der Jahre 2006 (16,5 %) und 2007 (11,7 %) nochmals um nominal 9,2 % steigern. Es wurden 8 365 Betrieben befragt, von denen 7 240 rund 11,4 Mrd. Euro in Immobilien und Ausrüstungsgüter investierten – soviel wie noch nie. Die Firmen investierten offenbar verstärkt in Erweiterungsmaßnahmen, wobei die Unternehmen weniger ihre bestehenden Produktionsprogramme ausbauten, sondern im Zuge einer Änderung oder Ausweitung ihrer Produktionspalette ihre Kapazitäten erweiterten und modernisierten.1

Firmen investieren verstärkt in Bauten und Grundstücke …

Für Ausrüstungsgüter gaben die Industriebetriebe im Jahr 2008 insgesamt 9,9 Mrd. Euro aus. Damit nahmen die Budgets für Ausrüstungsgüter im Vergleich zu 2007 um 785,5 Mill. Euro (8,6 %) zu. Die Investitionen in Grundstücke und Bauten stiegen auf 1,5 Mrd. Euro (12,7 %), nachdem sie in 2007 bereits auf 1,3 Mrd. Euro (47,5 % gegenüber 2006) angewachsen waren. Der Anteil der Grundstücke und Bauten an den aktivierten Bruttoanlageinvestitionen, die als ein Indikator für Erweiterungstätigkeiten gelten, stieg damit seit dem Tiefstand von 2004 (8,1 %) kontinuierlich auf 13,0 % im Jahr 2008. Die Spanne der Investitionsanteile in Grundstücke und Bauten reichte 2008 von 20,4 % bei den Betrieben des »Maschinenbaus« bis zu lediglich 6,5 % bei den Betrieben des »Holzgewerbes (ohne Hersteller von Möbeln«).

… gleichzeitig wachsen die Indikatorenwerte an

Ein weiterer Indikator dafür, dass die Betriebe vermehrt investiert haben, um die Produktion zu modernisieren, ist die erhöhte Investitionsintensität (Investitionen je Beschäftigten). Mit einer Steigerung auf nominal 9 069 Euro konnte der Spitzenwert der Investitionsintensität von 2007 nochmals um 6,9 % überboten werden. Unter den Branchen erreichten vor allem die Betriebe der Branche »Glasgewerbe, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden« mit 12 826 Euro und die »Hersteller von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« mit 17 062 Euro die höchsten Kapitalintensitätswerte. Am wenigsten investierten die »Hersteller von Büromaschinen, Datenverarbeitungsgeräten und -einrichtungen« mit 2 347 Euro je Beschäftigten.

Im Gegensatz zur Investitionsintensität hat die Investitionsquote (Investitionen im Verhältnis zum Umsatz) auch 2008 mit 3,8 % das hohe Niveau früherer Jahre – das in den späten 80er- und frühen 90er-Jahren bei durchschnittlich 5,4 % lag – nicht erreichen können. Allerdings liegt der Wert 2008 deutlich über dem Tiefpunkt von 2005 mit 3,1 %. Auch hier belegen die »Hersteller von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« mit 5,0 % einen Spitzenplatz. Sie werden nur übertroffen durch die Branche »Glasgewerbe, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden« (6,1 %), während die »Hersteller von Büromaschinen, Datenverarbeitungsgeräten und -einrichtungen« lediglich eine Quote von 1,2 % erzielt haben.

Branchen zeigen unterschiedliche Investitionsneigung

Bei der näheren Betrachtung der Investitionstätigkeit im Vorjahresvergleich fällt auf, dass trotz der höheren Ausgaben für Immobilien und Ausrüstungsgüter weniger Branchen das Investitionswachstum stützen. Stockten 2007 noch knapp drei Viertel der Branchen ihr Investitionsbudget auf, reduzierte sich dieser Branchenanteil 2008 auf weniger als zwei Drittel. Besonders hingen die Ausgaben für Sachanlagen von den Branchen »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« und »Maschinenbau« ab, die zusammen über die Hälfte der Investitionen 2008 tätigten. Die Bedeutung dieser beiden Branchen für die Investitionen in Baden-Württemberg hat im Lauf der vergangenen Jahrzehnte zugenommen. Betrug der Anteil der beiden Branchen an den Industrieinvestitionen Mitte der 90er-Jahre noch um 40 %, stieg der Anteil ab 2002 mit Schwankungen deutlich über 45 % und erreichte 2008 seinen bislang höchsten Wert mit 54,2 %.

Insbesondere die »Hersteller von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« haben ihren Anteil an der Investitionstätigkeit im Südwesten erneut erweitert. Der Investitionszuwachs betrug im Jahre 2008 rund 25,6 % (830,7 Mill. Euro). Damit erreichte ihr Investitionsvolumen mit 4,1 Mrd. Euro einen Rekordwert. Die Branche steigerte ihren Anteil an den Investitionen der Südwestindustrie auf 35,9 %. Die Maschinenbauer hatten bereits 2007 ihr Investitionsbudget um 40,1 % aufgestockt. 2008 gaben sie nochmals 9,0 % (172,7 Mill. Euro) mehr und mit insgesamt 2,1 Mrd. Euro soviel wie nie zuvor für Sachanlagen aus. Insgesamt bestritten die Maschinenbaubetriebe 18,3 % der Investitionen im Südwesten.

Die Wachstumsraten der Investitionsausgaben unterscheiden sich in einzelnen Branchen deutlich. Am meisten – mit einem Plus von 52,3 % – hat das »Bekleidungsgewerbe« seine Investitionsausgaben gesteigert. Hingegen haben die »Hersteller von Büromaschinen, Datenverarbeitungsgeräten und -einrichtungen« ihre Investitionen um 53,7 % stark gekürzt.

Unternehmensgröße beeinflusst Ausgaben für Investitionen

Neben der Branchenzugehörigkeit bestimmt üblicherweise die Betriebsgröße die Höhe der Ausgaben für Bauten und Ausrüstungsgüter mit. Erwartungsgemäß spielen die Großbetriebe (nach Beschäftigten) – trotz ihrer geringen Anzahl – eine wichtige Rolle in der Investitionstätigkeit. Die 136 Betriebe mit 1 000 und mehr Beschäftigten repräsentieren lediglich 1,6 % der Industriebetriebe in Baden-Württemberg. Mit Investitionen in Höhe von nahezu 5,4 Mrd. Euro lag der Schwerpunkt der Investitionstätigkeit in Baden-Württemberg aber in dieser Größenklasse. Hier wurden 47,4 % der Investitionen getätigt und das Investitionsvolumen stieg um 16,6 % im Vorjahresvergleich.

Auch hier wird der prägende Einfluss der Fahrzeugbranche deutlich: Die 3 Dutzend Großbetriebe der »Herstellung von Kraftwagen und -teilen« dominierten mit einem Investitionsvolumen von 3,5 Mrd. Euro die Investitionstätigkeit 2008. Dies gilt nicht nur für die eigene Branche, in der immerhin annähernd 9 von 10 Euro von den Großbetrieben investiert wurden. Auch im Branchenvergleich betrug der Anteil der Großbetriebe der »Herstellung von Kraftwagen und -teilen« beachtliche 65,8 % am Investitionsvolumen aller Betriebe mit 1 000 und mehr Beschäftigten und damit 31,2 % am Investitionsvolumen der Industrie im Land. Im Vergleich dazu haben die 41 Betriebe dieser Größenklasse im »Maschinenbau«»lediglich« 857,0 Mill. Euro investiert.

Mietinvestitionen sinken

Bei Kaufinvestitionen wird unterstellt, dass diese stärker von strategischen Überlegungen als von konjunkturellen Entwicklungen getragen werden. Hingegen richten Firmen ihre Miet- und Leasinginvestitionen2 teilweise auch verstärkt an der Konjunkturentwicklung aus. Im Unterschied zu den Kaufinvestitionen sind die Investitionen in neu gemietete neue Sachanlagen gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Insgesamt wurden 2008 neue Sachanlagen im Wert von 1,8 Mrd. Euro neu geleast bzw. gemietet. Gegenüber dem Rekordwert vom Vorjahr stellt das einen moderaten Rückgang von 27,5 Mill. Euro dar (– 1,5%). Während die Industriebetriebe der Branche »Metallerzeugung und -bearbeitung« ihre Mietinvestitionen am deutlichsten um 57,3 % aufgestockt hatten, nahmen hier die die Betriebe des »Textilgewerbes«, die ihre Ausgaben um 44,9 % senkten, die stärksten Kürzungen am Investitionsbudget vor.

Betrachtet man die Kauf- und Leasinginvestitionen zusammengefasst, so sind diese um 7,6 % (925,0 Mill.) auf den Höchstwert von 13,1 Mrd. Euro gestiegen. Besonders hat das »Bekleidungsgewerbe« seine Gesamtausgaben um 41,9 % gesteigert, während die »Hersteller von Büromaschinen, Datenverarbeitungsgeräten und -einrichtungen« ihr Gesamtbudget für Kauf- und Leasinginvestitionen insgesamt um 49,6 % gekürzt haben.

Während 2008 als das Rekordjahr in der Investitionstätigkeit der Industrie in Baden-Württemberg in die Geschichte eingehen kann, musste die Südwestindustrie in 2009 die bislang schwerste Rezession in der Nachkriegszeit verkraften. Es ist davon auszugehen, dass 2009 die Investitionsausgaben drastisch gekürzt wurden. Gewissheit wird die Investitionserhebung 2009 ergeben, deren Ergebnisse im Herbst 2010 vorliegen werden.

1 Vgl. zu den Investitionsmotiven der Industrie in 2008 u. a. Weichselberger, Annette: Westdeutsche Industrie: Starke Investitionskürzungen für 2009 geplant, in: Institut für Wirtschaftsforschung (Hrsg.): ifo Schnelldienst, 62. Jahrgang, Ausgabe 13/2009, S. 28–29.

2 Zur Erhebungsmethodik vgl. i-Punkt und frühere Darstellungen, u. a. Kotter, Jürgen: Investitionszurückhaltung im Verarbeitenden Gewerbe 1997, in: Baden-Württemberg in Wort und Zahl Heft 2/1999, S. 77.