:: 5/2007

Wie man sich durch statistische Grafiken täuschen lässt

100 Neubürger bringen 70 neue Wohnungen

Wie das XY-Institut feststellte, kann der Wohnungsbau nur durch Zuwanderung stimuliert werden. Eine Untersuchung zur Bautätigkeit und zur Bevölkerungsentwicklung des letzten Vierteljahrhunderts zeigte, dass auf jeden in diesem Zeitraum pers saldo hinzugewonnen Bürger 0,7 Wohnungen errichtet wurden.

Alles Unsinn: Obwohl alle 1 110 Gemeinden des Landes berücksichtigt und insgesamt über 50 000 Daten verarbeitet wurden, sagt die Grafik nichts aus. Die Steigung der Regressionsgeraden (Excel-Trend) wird immer durch die größten Gemeinden wie Stuttgart, Mannheim, Freiburg oder Ulm bestimmt. Weit über 1 000 der Gemeinden versammeln sich in der Punktwolke nahe dem 0/0-Punkt. Dass die Bevölkerungszunahme einen Einfluss auf den Wohnungsbau hat, ist trivial. Wie groß dieser ist, lässt sich mit dieser Technik nicht darstellen.

100 Neubürger bringen 120 neue Wohnungen

… stellte das Forschungsinstitut ABC im Auftrag der Bausparkasse »Gut gebaut« fest. Es lohnt sich in Immobilien zu investieren, meint das Institut.

Auch das alles Unsinn: Dieses Institut meinte kompetenter zu sein als das XY-Institut; es machte aber den gleichen Fehler. Die betrachteten Einheiten sind unterschiedlich groß; Baden-Baden hat nur 54 000 Einwohner und Stuttgart 590 000. Trotzdem wurden alle Einheiten gleich gewichtet in der Berechnung berücksichtigt.

100 Neubürger bringen 60 neue Wohnungen

… wurde vom unabhängigen IS+RS (Institute of Social an Regional Sciences) ermittelt.

Auch das stimmt nicht. Das Institut wollte die unterschiedlichen absoluten Gewichte der Regionaleinheiten dadurch kompensieren, dass es die relativen Wachstumsraten für den Bevölkerungs- und den Wohnungsbestand verwandte; nur haben die mit dem Volumen der Bautätigkeit schon gar nichts zu tun.

Fazit: Was nun? Bringen 100 Neubürger 60 oder 70 oder 120 neue Wohnungen?

Obwohl mathematisch-statistische Methoden zur Anwendung kamen, sind die Ergebnisse unbrauchbar. Dieselbe Wirklichkeit, nämlich die Bevölkerungsentwicklung und die Zunahme der Wohnungsbestände, führten zu fast extrem abweichenden Analyseergebnissen: zwischen 60 und 120 neuen Wohnungen je zusätzlichen 100 Einwohnern. Grundsätzlich sollten Aussagen, die auf derartigen Methoden basieren immer (!) kritisch hinterfragt werden. Es ist nicht die »Statistik die lügt«, es sind inkompetente Analytiker, die konkrete Fragstellungen mit inadäquaten Daten und Methoden zu beantworten versuchen.