:: 7/2006

Weniger statistische Berichtspflichten für den Mittelstand

Der Deutsche Bundestag beschließt baden-württembergischen Entlastungsvorschlag

Nach neuesten Untersuchungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin sind deutschlandweit nur rund 15 % aller Unternehmen gegenüber der amtlichen Statistik auskunftspflichtig; das heißt 85 % haben mit den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder überhaupt nichts zu tun. Der daraus resultierende Meldeaufwand für amtliche Statistiken liegt bei weniger als 10 % der gesamten bürokratischen Melde- und Aufzeichnungspflichten der Unternehmen. Das ist vergleichsweise gering, aber dennoch bleibt nach wie vor das Ziel, die statistischen Belastungen weiter zu reduzieren. Das Ende Juni 2006 vom Deutschen Bundestag verabschiedete Mittelstandsentlastungsgesetz ist ein Schritt in diese Richtung.

Am 29. Juni 2006 hat der Deutsche Bundestag in zweiter und dritter Lesung ein Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse (BT-Drs. 16/1407 vom 09. Mai 2006) beschlossen, das in einem wesentlichen Teil auf Vorschläge des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg zur Reduzierung statistischer Berichtspflichten zurückgeht.1 Diese Vorschläge wurden zunächst ausführlich in der von den Amtsleitern der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder eingesetzten Bund-Länder-Arbeitsgruppe »Reform der Unternehmensstatistik« diskutiert und dann zu einem abgestimmten Konzept weiterentwickelt.

Mit der Vorlage dieses gemeinsamen Konzepts hat die amtliche Statistik die politische Entscheidung für den Abbau von statistischen Berichtspflichten in eine aus fachlicher Sicht sinnvolle Richtung gelenkt. Das vom Deutschen Bundestag beschlossene Mittelstandsentlastungsgesetz erfüllt in ausgewogener Weise die politischen und fachlichen Vorgaben, unterjährige Informationen primär für Zwecke der Konjunkturbeobachtung und für die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen auf Bundes- und Länderebene zu erstellen, während Strukturerhebungen mittel- bis langfristige Veränderungen beschreiben sollen.

Dieses Gesetz entlastet ganz gezielt kleine und mittlere Unternehmen. Ab Januar 2007 sind grundsätzlich alle Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes mit weniger als 50 tätigen Personen von der Berichtspflicht zur monatlichen Konjunkturbeobachtung (Monatsbericht und monatliche Produktionserhebung) befreit; in Baden-Württemberg betrifft das 4 100 Betriebe. Zur Sicherstellung des Informationsbedarfs für die sektorale und regionale Strukturanalyse im Land werden diese Kleinbetriebe aber nach wie vor einmal im Jahr mit einem komprimierten Merkmalskatalog befragt. Insgesamt reduziert sich ihre bisher bestehende Meldepflicht um über 40 000 Meldungen im Jahr; das ist eine Entlastung um 70 %.

Jede Entlastung von Berichtspflichtigen ist natürlich mit einem gewissen Verlust an Information verbunden. Um bei der Konjunkturberichterstattung zu einer ausgewogenen Balance zwischen Informationsbereitstellung und Meldeaufwand zu kommen, wurden Nutzer und Experten der amtlichen Statistik in einem umfassenden Workshop nach ihrem Bedarf und ihrer Einschätzung befragt. Das Ergebnis war, dass eine Gesamtreduzierung von Berichtspflichten nur dann die notwendige breite Unterstützung findet, wenn gleichzeitig der reduzierte Meldeumfang neu austariert wird. Aus diesem Grund wurde beim nun beschlossenen Entlastungskonzept der Bedeutung der Produktionsmeldungen für die Konjunkturanalysen stärker Rechnung getragen.

Bei der monatlichen Produktionserhebung, die bisher so abgegrenzt war, dass die Betriebsmeldungen in jedem Land mindestens 75 % des Produktionswertes der einzelnen Wirtschaftszweige abdecken mussten, während die restlichen nur vierteljährlich zu melden hatten, wird in Zukunft einheitlich die Abschneidegrenze für die Berichtspflicht bei Betrieben mit 50 Beschäftigten gesetzt. In Konsequenz hiervon müssen rund 2 200 Betriebe in Baden-Württemberg mit 50 und mehr Beschäftigten nicht mehr vierteljährlich, sondern monatlich für die Produktionserhebung melden; damit erhöht sich deren jährlicher Meldeumfang.

Die Gesamtentlastung, die durch diese Statistikreform erreicht wird, beträgt in Baden-Württemberg über alle Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes betrachtet 20 %.

1 Steiger, Hans-Herrmann: Reform der Unternehmensstatistik für den Bereich des Verarbeitenden Gewerbes, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 2/2006, S. 3 ff.