:: 11/2004

Verarbeitendes Gewerbe: Starke Konzentration der Beschäftigten und Umsätze in den Großbetrieben

Den kleinbetrieblich strukturierten Betrieben wird gemeinhin eine besondere Rolle im Wirtschaftsleben zugeschrieben. Durch ihre geringe Größe und die übersichtlichen Strukturen gelten sie als flexibel und damit als besonders anpassungsfähig für das Agieren in einem dynamischen wirtschaftlichen Umfeld. Daneben ist die breite regionale Streuung ein weiteres Merkmal der kleinbetrieblich strukturierten Betriebe, auf die auch in der Wirtschaftspolitik ein besonderes Augenmerk gerichtet wird. Die Betrachtung der Struktur des Verarbeitenden Gewerbes in Baden-Württemberg zeigt allerdings den starken Einfluss großer Betriebe auf das wirtschaftliche Geschehen.

Im Jahr 2003 existierten in Baden-Württemberg insgesamt 8 749 Betriebe1 im Verarbeitenden Gewerbe, in denen 1,2 Millionen Personen tätig waren.2 Zahlenmäßig dominierten die Betriebe mit einer Beschäftigtenzahl von unter 50 Personen.3 Fast die Hälfte aller Betriebe sind dieser Größenklasse zuzuordnen. Ein anderes Bild zeigt die Zahl der Beschäftigten in dieser Klasse. Mit 125 000 Beschäftigten in Betrieben mit unter 50 Beschäftigten arbeiteten lediglich gut 10 % aller tätigen Personen in Betrieben dieser Größenklasse. Die Klasse mit den meisten Betrieben vereinigte damit den geringsten Anteil der Beschäftigten auf sich (Schaubild 1).

In den nachfolgenden Größenklassen nimmt die Zahl der Betriebe kontinuierlich ab. Bezogen auf die Zahl der Beschäftigten vereinigte die Größenklasse der Betriebe mit 100 bis 249 Beschäftigte ein Fünftel der tätigen Personen im Verarbeitenden Gewerbes auf sich, womit sich eine gewisse Konzentration der Beschäftigten in dieser Größenklasse ergibt. Die Betriebe, die 1 000 und mehr Personen4 beschäftigten, stellten zahlenmäßig mit 145 Betrieben und mit einem Anteil von 1,7 % die kleinste Gruppe dar. Das Gewicht dieser Betriebe war dagegen erheblich. Mit 370 000 Beschäftigten vereinigten diese mehr als 30 % aller in der Südwestindustrie tätigen Personen auf sich.

Innerhalb der einzelnen Branchen waren die Größenstrukturen sehr unterschiedlich ausgeprägt. So wies der Bereich »Metallerzeugung, -bearbeitung, Herstellung von Metallerzeugnissen« mit 776 Betrieben die größte Zahl kleinbetrieblich strukturierter Betriebe auf (Tabelle 1). Zieht man dagegen den Anteil der Beschäftigten einer Größenklasse innerhalb einer Branche heran, stehen andere Branchen im Vordergrund. Als besonders kleinbetrieblich strukturierte Branche erwies sich das »Holzgewerbe«, in dem drei Viertel der Betriebe der Größenklasse unter 50 Beschäftigte angehörten und 32,8 % der Beschäftigten in Betrieben dieser Größenordnung tätig waren. Andere Branchen waren dagegen von Großbetrieben mit 1 000 Beschäftigten und mehr geprägt. So waren im »Fahrzeugbau«drei Viertel der dort tätigen Personen in Großbetrieben beschäftigt. Absolut wies der »Maschinenbau« die meisten Großbetriebe aus (44 Betriebe), die höchste Beschäftigtenzahl innerhalb dieser Größenklasse indes der »Fahrzeugbau« (184 500 Beschäftigte) (Schaubild 2).

Starke Differenzen bei den Löhnen und Gehältern je Beschäftigten

Die unterschiedlichen Beschäftigtenanteile spiegeln sich auch in der Verteilung der geleisteten Arbeitsstunden und der gezahlten Löhne und Gehälter wider. Insgesamt fielen im Jahr 2003 in der Südwestindustrie 1,8 Milliarden Arbeitsstunden an, die mit 48,5 Mrd. Euro an Löhnen und Gehältern vergütet wurden (Tabelle 2). Auf die kleinbetrieblich strukturierten Betriebe mit unter 50 Beschäftigten entfiel dabei ein Anteil von 10,2 % an den Arbeitsstunden und 7,8 % bei den Lohn- und Gehaltszahlungen. Die Betriebe der Größenklasse mit 100 bis 249 Beschäftigten mit ihrem relativ hohen Beschäftigtenanteil wiesen entsprechende Anteile bei den Arbeitsstunden (19,7 %) und den Löhnen und Gehältern (17,5 %) aus. Die Anteile der Großbetriebe mit 1 000 Beschäftigten und mehr lagen weit vor denen der anderen Größenklassen: Mit 539 Mill. Arbeitsstunden und 17,5 Mrd. Euro an ausgezahlten Löhnen und Gehältern lag deren Anteil bei 29,3 % bzw. 36,0 %.

Der Durchschnittsverdienst in der Südwestindustrie lag 2003 bei 39 400 Euro je Mitarbeiter. Dabei sind die Differenzen zwischen den einzelnen Beschäftigtengrößenklassen erheblich. Während in den Betrieben mit unter 50 tätigen Personen die Löhne und Gehälter je Beschäftigten mit 30 300 Euro zu Buche schlugen, lag der Durchschnittsverdienst bei den Betrieben mit mehr als 1 000 Beschäftigten bei 47 100 Euro (Tabelle 3). Der Durchschnittsverdienst in dieser Größenklasse lag damit um 19,6 % höher als der Gesamtdurchschnitt im Verarbeitenden Gewerbe und überstieg den Lohn- und Gehaltsdurchschnitt der Größenklasse unter 50 Beschäftigte um fast 56 %. Ein Grund für den niedrigen Durchschnittsverdienst bei den kleinbetrieblich strukturierten Betrieben könnte darin zu suchen sein, dass solche Betriebe mehrheitlich inhabergeführt sind und deren Betriebsentnahmen nicht in die Statistik einfließen. Auch könnte der höhere Anteil von mithelfenden Familienangehörigen sowie geringfügig bzw. teilzeitbeschäftigten Personen eine Rolle spielen. Der hohe Lohn- und Gehaltsdurchschnitt bei den Großbetrieben resultiert indes unter anderem aus den überdurchschnittlichen Verdiensten der diese Größenklasse dominierenden Branchen. Dabei lag der durchschnittliche Verdienst in den Großbetrieben des »Fahrzeugbaus« mit 49 760 Euro und im Bereich »Datenverarbeitung, Elektrotechnik, Feinmechanik und Optik« mit 48 140 Euro weit über dem allgemeinen Schnitt der Großbetriebe.

Dominanz der Großbetriebe bei den Umsatzanteilen

Das Übergewicht der Großbetriebe wird bei Betrachtung der realisierten Umsätze noch deutlicher. Insgesamt erlösten die Betriebe der Südwestindustrie im Jahr 2003 Umsätze in Höhe von 241,7 Mrd. Euro. Davon entfielen 98,4 Mrd. Euro (40,7 %) auf Betriebe mit 1 000 und mehr Beschäftigten. Pro Beschäftigten wurde in dieser Größenklasse ein Umsatz von 265 700 Euro erwirtschaftet. Mit Erlösen in Höhe von 38,9 Mrd. Euro entfiel der zweithöchsten Anteil an den erwirtschafteten Umsätzen der Südwestindustrie auf Betriebe der Größenklasse mit 100 bis 249 Beschäftigten (16,1 %). Bei den Größenklassen mit 250 bis 499 Beschäftigten (15,2 %) und 500 bis 999 Beschäftigten (13,5 %) fielen die Umsatzanteile demgegenüber etwas niedriger aus. Die Betriebe der Größenklasse zwischen 500 bis 999 Beschäftigten lagen hingegen mit einem Umsatz von 207 500 Euro je Beschäftigten bei dieser Kennzahl nach den Großbetrieben an zweiter Stelle. Die Betriebe der Größenklasse mit unter 50 Beschäftigten erwirtschafteten 15,6 Mrd. Euro Umsatz. Damit entfielen auf knapp die Hälfte der Betriebe der Südwestindustrie nur 6,4 % der Gesamterlöse. Mit einem Umsatz pro Beschäftigten von 124 700 Euro lag diese Größenklasse deutlich unter dem Gesamtdurchschnitt von 196 500 Euro.

Bei Betrachtung der Umsätze innerhalb der Größenklassen der verschiedenen Branchen ist die Dominanz der Großbetriebe im »Fahrzeugbau« fast übermächtig. Mit 54,1 Mrd. Euro erwirtschafteten die 35 Großbetriebe 83,6 % der Gesamtumsätze ihrer Branche, 55 % der Erlöse ihrer Größenklasse und mehr als ein Fünftel der Umsätze des gesamten Verarbeitenden Gewerbes (22,4 %). Das Verhältnis Umsatz pro Beschäftigten lag bei den Großbetrieben des »Fahrzeugbaus« bei 293 200 Euro. Die 44 Großbetriebe des »Maschinenbaus« erlösten mit 16,6 Mrd. Euro immerhin 16,8 % der Umsätze ihrer Größenklasse und 35 % der Gesamtumsätze ihrer Branche. In der Größenklasse 100 bis 249 Beschäftigte war dagegen der »Maschinenbau« führend. Mit 8,6 Mrd. Euro steuerten die Betriebe dieser Branche den Löwenanteil zum Umsatz dieser Größenklasse bei (22 %). Auch bei den kleinbetrieblich strukturierten Betrieben wurde der größte Teil der Umsätze mit 2,7 Mrd. Euro im »Maschinenbau« erlöst (17,4 %), gefolgt vom Bereich »Metallerzeugung, -bearbeitung, Herstellung von Metallerzeugnissen« (17,0 %)

Hohe Exportorientierung bei den Großbetrieben

Noch deutlicher war die Dominanz der Großbetriebe bei den Exporten. Hier gilt: Mit Zunahme der Beschäftigungszahl stieg auch die Bedeutung der Auslandsmärkte für die Betriebe. Insgesamt erlösten 2003 die Betriebe der Südwestindustrie 104,9 Mrd. Euro mit Kunden aus dem Ausland. Die Exportquote (Anteil der Exporte an den Gesamtumsätzen) lag damit bei 43,4 %. Dabei spielten die Ausfuhren in die Länder der Euro-Zone nicht einmal die Hauptrolle: 57,8 % der Exporte gingen in Länder außerhalb des Geltungsbereichs der Euro-Währung.

Der Hauptteil der Exporterlöse entfiel mit mehr als 56,3 Mrd. Euro auf die Großbetriebe des Verarbeitenden Gewerbes (53,6 %). Mit 57,2 % lag hier die Exportquote deutlich über der der Südwestindustrie insgesamt. Ein wichtiger Bestandteil waren dabei die Handelsbeziehungen zu Geschäftspartnern außerhalb der Euro-Zone. Mit 36,3 Mrd. Euro wurden 64,5 % der Exporte in Länder außerhalb der Euro-Zone ausgeführt. Die Betriebe der Klasse mit 500 bis 999 tätigen Personen legten mit 14,5 Mrd. Euro und einer Exportquote von 44,6 % ebenfalls eine ausgeprägte Exportorientierung an den Tag, gefolgt von den Betrieben der Klasse 250 bis 499 Beschäftigte (14,4 Mrd. Euro). Auch bei den Exporten außerhalb der Euro-Zone nahmen die Betriebe der Größenklasse mit 500 bis 999 tätigen Personen mit 8,1 Mrd. Euro den zweiten Platz nach den Großbetrieben ein. Dagegen fielen die Exportleistungen der unteren Größenklassen zum Teil deutlich ab. Mit 12,3 Mrd. Euro erwirtschafteten die Betriebe mit 100 bis 249 Beschäftigten etwas weniger als ein Drittel ihrer Umsätze im Ausland. Im Gegensatz zu den Gesamtumsätzen war damit der Beitrag dieser Größenklasse zu den Gesamtexporten der Südwestindustrie weniger ausgeprägt (11,7 %). Noch geringer war der Anteil an den Exporten außerhalb der Euro-Zone mit 9,6 %. Die Betriebe der Größenklasse mit 50 bis 99 bzw. unter 50 Beschäftigten spielten bei den Exporten mit einem Anteil von 4,9 Mrd. Euro bzw. 2,5 Mrd. Euro nur noch eine untergeordnete Rolle. Dennoch konnten sie auf eine Exportquote von immerhin 25,0 % bzw. 16,3 % verweisen. Auch ist bemerkenswert, dass der Anteil der Ausfuhren außerhalb der Euro-Zone an den Gesamtexporten auch in diesen Größenklassen bei jeweils mehr als 40 % lag.

»Fahrzeugbau« und »Maschinenbau« sind Exportmeister

Bei den Großbetrieben lag bezogen auf die Exporterlöse der »Fahrzeugbau« klar vorne. Mit 33,9 Mrd. Euro wurden mehr als 60 % der Auslandserlöse dieser Größenklasse vom Automobilsektor erlöst. Im Vergleich der Exportquoten waren dagegen die Großbetriebe des »Maschinenbaus« führend, die ihre Umsätze zu mehr als zwei Drittel im Ausland erwirtschafteten. Die Großbetriebe des »Fahrzeugbaus« wiesen eine Exportquote von mehr als 60 % auf. Bei den Exporten außerhalb der Euro-Zone waren in dieser Größenklasse ebenfalls diese Branchen führend. So wurden von den Großbetrieben des »Fahrzeugbaus« mehr als zwei Drittel, von den Großbetrieben des »Maschinenbaus« mehr als 65 % der Exporte außerhalb des Euroraumes erlöst. Auch im Bereich »Datenverarbeitung, Elektrotechnik, Feinmechanik und Optik« lag bei den Großbetrieben dieser Anteil bei 60 %.

Bei den kleinbetrieblich strukturierten Betrieben zeigt sich, dass es auch hier Branchen gibt, für die das Auslandsgeschäft eine gewichtige Rolle spielte. So erlösten im »Maschinenbau« und in der »Chemischen Industrie« die Betriebe mit einer Größenstruktur von unter 50 Beschäftigten immerhin fast 28 % ihrer Erlöse im Ausland. Ebenso wiesen die Anteile der Umsätze außerhalb des Eurogebietes am Gesamtexport merkliche Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen dieser Größenklasse auf. So lag diese Quote bei dem Bereich »Datenverarbeitung, Elektrotechnik, Feinmechanik und Optik« bei 50,5 %. Auch beim »Maschinenbau« (47,3 %) und der »Chemischen Industrie« (44,7 %) waren für die Betriebe dieser Größenklasse die Länder außerhalb der Euro-Zone ein wichtiges Absatzgebiet.

Anhand dieser Vergleichsübersicht soll dargelegt werden, inwieweit die verschiedenen Betriebsgrößenklassen Einfluss auf das wirtschaftliche Geschehen innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes in Baden-Württemberg haben. Es zeigt sich, dass die Klasse der kleinbetrieblich strukturierten Betriebe darin zwar einen überaus wichtigen Betrag leisten, aber die Strukturen von den großen Klassen, insbesondere der Betriebe mit 1 000 Beschäftigten und mehr, dominiert werden. Die vielen kleinbetrieblich strukturierten Betriebe stehen zumindest in dieser Betrachtung den wenigen Großbetrieben nicht gleichrangig gegenüber. Es ist aber anzumerken, dass damit keine Bewertung über den Gesamtnutzen der Betriebe dieser Größenklasse gemacht werden kann.

1 Darin sind nicht alle Kleinbetriebe mit weniger als 20 Beschäftigten enthalten; siehe i-Punkt.

2 Zur Darstellung der Gesamtsituation der Südwestindustrie siehe: Steiger, Hans-Hermann: »Südwestindustrie wieder im Aufwind«, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 2/2004, S. 3-13.

3 Im folgenden Beitrag werden die Betriebe dieser Größenklasse auch als »kleinbetrieblich strukturierte Betriebe« bezeichnet.

4 Im folgenden Beitrag wird für die Größenklasse dieser Betriebe auch die Bezeichnung »Großbetriebe« verwendet.